Als Nicole Faktor früher in Kalifornien lebte, lernte sie den "Chanukka Bush" kennen: einen Weihnachtsbaum, an dem auch Davidsterne und Symbole des Lichterfestes Chanukka wie Leuchter und Kreisel hängen. Hintergrund solcher Ideen ist, dass das jüdische Fest in die Adventszeit und manchmal auf Weihnachten fällt. So auch in diesem Jahr: Es beginnt am Abend des 18. Dezember und endet am 26. Dezember, also am zweiten Weihnachtstag. Für diesen zeitlichen Zusammenfall von reichlich Kerzenschein und Traditionen gibt es einen Begriff: Weihnukka.
Chanukka in einem christlich geprägten Land
"Ich finde Weihnukka wunderbar, denn wir leben in einem christlich geprägten Land", sagt Faktor, Präsidentin von WIZO Deutschland. Die Women's International Zionist Organisation ist eine international tätige, karitative Frauenorganisation. "Ich bin jederzeit dafür, es so im Privatleben zu zelebrieren, wenn zum Beispiel in religiös gemischten Familien alle Feste gefeiert werden."
Adventskalender und Tannenbäume mit Davidsternen
Die WIZO hatte für 2021, also für das Festjahr zu "1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland", einen Weihnukka-Kalender aufgelegt. Er funktionierte ähnlich wie ein Adventskalender: Für die jeweiligen Dezembertage wurden Nummern bekanntgegeben, für die eine Gewinnerin beziehungsweise ein Gewinner einen Sachpreis bekam.
Licht in der dunklen Jahreszeit
Weihnukka hat nicht nur besagte "Bushes" hervorgebracht: Angeboten werden zum Beispiel T-Shirts mit entsprechenden Symbolen und Motiven oder launige Postkarten. Manche kombinieren Chanukka-Leuchter mit Adventskränzen. Und das Phänomen schaffte es 2005/2006 in eine Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin. Aus Sicht des Museums haben beide Feste "einiges gemeinsam", etwa das Anzünden von Lichtern in der dunklen Jahreszeit. "Beide Feste entwickelten sich zwischen Tradition, Familienfeier und Konsumspektakel."
Kommerzialisierung der Feste
Und: Weihnukka sei "ein ironischer Begriff, der die Vermischung der Festtraditionen von Chanukka und Weihnachten" bezeichne. Neue Bräuche seien wegen sozialer Veränderungen entstanden, Kommerzialisierung und Säkularisierung hätten zudem eine "oberflächliche Annäherung" beider Feste ermöglicht. Solche Entwicklungen sind umstritten, und immer wieder haben sich Rabbiner und offizielle Vertreterinnen und Vertreter der jüdischen Gemeinschaft kritisch geäußert. Auch in der WIZO gebe es unterschiedliche Meinungen dazu, sagt Faktor.
Kritik an hybridem Feiertag
Die ehemalige Programmdirektorin des Jüdischen Museums, Cilly Kugelmann, wurde damals mit den Worten zitiert: "An keiner einzigen Stelle wird dazu aufgefordert, einen hybriden Feiertag zu begehen." Weihnukka sei ein im 19. Jahrhundert entstandenes Phänomen innerhalb des deutschen Judentums. In dem Zusammenhang wird gerne überliefert, dass auch Theodor Herzl, Begründer des politischen Zionismus und weltlicher Jude, einen Weihnachtsbaum gehabt habe.
Jüdisches Lichterfest
Zu Chanukka kommen Familien und Freundeskreise zusammen. Sie zünden nach und nach Kerzen über einen Zeitraum von acht Tagen an einem Leuchter an, beten, essen und feiern. Das Fest erinnert an die Wiedereinweihung des zweiten jüdischen Tempels im Jahr 164 vor Christus in Jerusalem, nachdem dieser von syrisch-hellenistischen Eroberern durch "Götzendienst" sowie griechische Götterstatuen und Symbole entweiht worden war. Es weist auf den Sieg des jüdischen Volkes über die griechischen Besatzer hin.
Anders als andere jüdische Feiertage wird Chanukka in Deutschland auch an einem zentralen Platz zelebriert: Es ist schon eine Tradition geworden, dass an einem etwa zehn Meter hohen Leuchter vor dem Brandenburger Tor zum Auftakt des Festes das erste Licht entzündet wird. Auch anderswo stehen in der Hauptstadt weitere Leuchter, sogenannte Chanukkia. Und Weihnachtsbäume findet man in der Adventszeit ohnehin an allen Ecken.