Was beim jüdischen Lichterfest Chanukka gefeiert wird

Es gibt Parallelen zum Weihnachtsfest

An diesem Sonntag beginnt das jüdische Lichterfest. Es wird zum Gedenken des Wiederaufbaus des zweiten jüdischen Tempels gefeiert. Mit dem Christentum hat das nicht viel zu tun, aber Parallelen gibt es schon, erklärt Thomas Frings.

Chanukkaleuchter / © Julia Steinbrecht (KNA)
Chanukkaleuchter / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: An diesem Sonntag beginnt Chanukka, ein jüdisches Fest, das auch als Lichterfest bekannt ist. Das dauert acht Tage und wird jährlich zum Gedenken der Wiedereinweihung des zweiten Tempels in Jerusalem begangen. Das war im Jahr 164 vor Christi und steht so auf Wikipedia. Ist das richtig so?

Thomas Frings (Erzbistum Köln)

Thomas Frings (Referent für den Dialog mit dem Judentum im Erzbistum Köln): Soweit schon.

DOMRADIO.DE: Chanukka hat im jüdischen Glauben eine große Bedeutung. Warum ist das so?

Frings: Es ist vor allem für die Familien ein wichtiges Fest. Es hat von der religiösen Dimension her nicht die den riesigen Stellenwert. Es ist eins der späteren Feste aus der jüdischen Perspektive. Ein biblisches Fest, das nicht in der Tradition und der Tora grundgelegt ist, sondern später hinzukam.

Der biblische Ursprung wird in der christlichen Bibel in den Büchern der Makkabäer beschrieben, die aber nicht zum jüdisch-biblischen Kanon zählen.

DOMRADIO.DE: Ein Merkmal von Chanukka ist, dass es kein festes Datum hat, also wie bei Christen das Osterfest. Es findet immer nur in einem bestimmten Zeitraum für acht Tage statt.

Frings: Das Lichterfest oder Chanukka hat im jüdischen Jahreskreis schon ein festes Datum. Allerdings ist dieser Kalender, der Julianische Kalender, in dem das Fest ein festes Datum hat, nicht synchron mit dem Gregorianischen Kalender, den wir in der westlichen Welt nutzen.

Thomas Frings, Referent für den Dialog mit dem Judentum im Erzbistum Köln

"Bei dem Lichterfest wird dem Öl-Wunder gedacht"

DOMRADIO.DE: Wie sieht es denn mit den Traditionen aus, die zu dem Lichterfest gehören? Es gibt einen ganz besonderen Kerzenleuchter, aber das ist ja nicht alles, oder?

Frings: Bei dem Lichterfest wird dem Öl-Wunder gedacht, das im zweiten Jahrhundert vor Christus stattgefunden hat, beziehungsweise stattgefunden haben soll. Nach langen, schweren Kämpfen wurde der geschändete und entweihte zweite Tempel wieder in Besitz genommen und wieder eingeweiht.

Chanukka

Kerzen, Kreisel, Reibekuchen und ein "Diener": Sie gehören untrennbar zum jüdischen Lichterfest Chanukka. 

Von Sonnenuntergang bis Mitternacht, solange Kerzen brennen, wird gesungen und gespielt. Beliebt ist das Trendl- oder Dreidelspiel mit einem vierseitigen Kreisel, der vier hebräische Schriftzeichen trägt. Sie ergeben den Spruch: "Ein großes Wunder geschah hier." Überdies werden Kinder beschenkt, und es gibt besondere Speisen wie Latkes, eine Art Reibekuchen, und Sufganiot, in Öl gebackenes Spritzgebäck.

Chanukka-Leuchter in Berlin (dpa)
Chanukka-Leuchter in Berlin / ( dpa )

Teil des Tempelkultes ist es, dass der siebenarmige Leuchter im Tempel wieder leuchten muss. Der wird aber ausschließlich mit speziellem, heiligem Öl betrieben. Dieses Öl muss rituell hergestellt werden und dazu braucht es acht Tage.

DOMRADIO.DE: Und was hat es mit dem Öl-Wunder auf sich?

Frings: Bei der Wiedereinweihung fand man nur noch ein kleines Krüglein von diesem Öl. Das hätte normalerweise gereicht, um den Leuchter einen Tag lang leuchten zu lassen. Das Öl-Wunder ist, dass dieses eine kleine Krüglein so lange gehalten und gereicht hat, bis wieder neues Öl hergestellt werden konnte. Mit diesem Krüglein wurde der Leuchter acht Tage lang versorgt.

Deswegen wird an diesem Chanukkaleuchter, der acht- beziehungsweise neun Arme hat, an jedem Tag ein Kerzchen mehr angezündet. Mit ihm gedenkt man diesen acht Tagen, an denen das wenige Öl ausgereicht hat.

Thomas Frings, Referent für den Dialog mit dem Judentum im Erzbistum Köln

"Auf phänomenologischer Ebene kann man manche Parallele ziehen, was auch damit zusammenhängt, dass sich die Geschichte in gemeinsamen Kulturräumen weiterentwickelt hat"

DOMRADIO.DE: Das erinnert ein bisschen an das christliche Weihnachtsfest, an den Adventskranz und daran, dass man jede Woche eine Kerze mehr anzündet.

Frings: Auf phänomenologischer Ebene kann man manche Parallele ziehen, was auch damit zusammenhängt, dass sich die Geschichte in gemeinsamen Kulturräumen weiterentwickelt hat.

Aber inhaltlich hat das Ganze nichts miteinder zu tun. Es wird jeden Abend eine Kerze mehr angezündet, die dann für mindestens eine halbe Stunde, so ist die Vorgabe, brennen soll.

Wenn wir am Adventskranz von Woche zu Woche eine Kerze mehr anzünden, bringen wir auch jede Woche ein bisschen mehr Licht in die Dunkelheit und in die dunkle Jahreszeit. Außerdem ist es ein Familienfest. Man kommt zusammen und die Kinder werden zum Licherfest auch beschenkt.

Wie genau die Wechselwirkungen sind, ist nicht so klar beschrieben, wie das sonst in der Geschichte bei solchen Traditionen der Fall ist.

DOMRADIO.DE: In Wuppertal wird das groß gefeiert und in diesem Jahr wird Chanukka auch erstmals in Solingen, gemeinsam mit der jüdischen Kultusgemeinde gefeiert. Wird das Fest mittlerweile stärker in der Gesellschaft wahrgenommen?

Frings: Ich würde sagen, dass es mehr und mehr ankommt. In Köln auf dem Rathenau-Platz, gegenüber von der Synagoge, wird es beispielsweise am Sonntag ein öffentliches Lichter-Anzünden geben. Das ist am Vorabend des ersten Tages von Chanukka. Dann werden die ersten Kerze angezündet.

Die liberale Gemeinde in Köln hat auch eine öffentliche Chanukka-Feier am Sonntag angekündigt. Das Fest wird schon bekannter, genauso wie jüdisches Leben.

Es gab in Köln auch bis Mitte dieses Jahres die Ausstellung "1700 Jahre jüdisches Leben in Köln". Jüdisches Leben wird mehr und mehr in der Gesellschaft sichtbar gemacht.

Und das sind dann auch passende Zeichen zu der Jahreszeit, wo man die Gemeinsamkeiten oder Parallelitäten gut anbringen kann.

Verein 321–2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V.

Der Verein 321–2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V. hat sich am 18. April 2018 im Gemeindehaus der Synagoge Köln gegründet.

Ziel des Vereins ist es, die Bedeutung der jüdischen Kultur und Geschichte für Deutschland und Europa wachzuhalten, auf ihr 1700-jähriges Bestehen hinzuweisen und dazu zentrale Feierlichkeiten im und rund um das Festjahr 2021 anzustoßen bzw. zu organisieren.

In Planung stehen neben einem Festakt in Köln zahlreiche bundesweite Kulturevents sowie die Herausgabe von Publikationen.

Ein jüdischer Mann mit einer Kippa / © Nelson Antoine (shutterstock)
Ein jüdischer Mann mit einer Kippa / © Nelson Antoine ( shutterstock )
Quelle:
DR