Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, kritisiert den Führungsstil von Papst Franziskus: "Diese Art, Kirchenführung durch Interviews wahrzunehmen, halte ich für äußerst fragwürdig", sagte der Limburger Bischof am Freitag der "Welt".
Frustriert zeigte er sich auch über die Haltung des Vatikans zum Missbrauchsskandal. "Sowohl das jüngste Schreiben des Vatikans als auch unsere Gespräche in Rom lassen vermuten, dass man die systemischen Ursachen, Hintergründe und Faktoren dieses Skandals weiter einfach nicht sehen will."
Kritik am deutschen Synodalen Weg
Papst Franziskus hatte zuvor die katholische Reformdebatte in Deutschland kritisiert. Der deutsche Synodale Weg sei "keine Synode, kein echter synodaler Weg. Es ist nur dem Namen nach ein synodaler Weg; keiner, an dem das Volk Gottes als Ganzes beteiligt ist, sondern einer, der von einer Elite veranstaltet wird", sagte Franziskus im Interview der Nachrichtenagentur AP (Mittwoch). Für die vom Papst ausgerufene Weltsynode helfe die deutsche Erfahrung nicht weiter.
Als nicht nachvollziehbar kritisierte Bätzing, dass Franziskus als Beispiel für angebliche deutsche Ideologie den Streit über den Zölibat, also die Pflicht zur Ehelosigkeit für Priester, genannt hatte. "Ob der Zölibat verpflichtend bleiben muss, das ist eine Frage, die seit 60 Jahren diskutiert wird. Und die der Papst selbst auf der Amazonien-Synode zugelassen hat", sagte der Limburger Bischof. "Das jetzt als ideologische Debatte zu bezeichnen, wo der Heilige Geist sozusagen fluchtartig den Raum verlässt - was soll das?"
Kein direkter Gesprächskanal zum Papst
Der Konferenzvorsitzende beklagte zugleich, es gebe zurzeit "keinen direkten Gesprächskanal" zwischen ihm und dem Papst. "Das ist ja der Punkt: Wir hatten einen Gesprächskanal, den offiziellen Besuch aller Bischöfe im November in Rom. Eine ganze Woche waren wir dort. Allein mit Papst Franziskus haben wir zweieinhalb Stunden zusammengesessen. Ich würde sagen: Das ist der Ort für den Papst, mit uns zu sprechen. Dann hätten wir antworten können."
Der Limburger Bischof wertete die Äußerungen des Papstes dennoch nicht als Stopp-Signal für den deutschen Reformprozess. Dass der Papst kritisch auf den Synodalen Weg blicke, habe er immer wieder gesagt, unterstrich Bätzing. Aber Franziskus habe in seinem Brief "An das pilgernde Gottesvolk in Deutschland" von 2019 auch deutlich gemacht und es ihm auch persönlich mehrfach vermittelt: "Ihr müsst euren Weg gehen, ihr habt eine Aufgabe zu bewältigen, nämlich die Konsequenzen zu ziehen aus dem Skandal sexuellen Missbrauchs."
Unterschiedliche Vorstellungen
Der Konferenzvorsitzende räumte ein, dass Rom und die Kirche in Deutschland "grundverschiedene Vorstellungen von Synodalität" hätten: "Der Papst versteht darunter ein breites Sammeln von Impulsen aus allen Ecken der Kirche, dann beraten Bischöfe konkreter darüber, und am Ende gibt es einen Mann an der Spitze, der die Entscheidung trifft. Das halte ich nicht für die Art von Synodalität, die im 21. Jahrhundert tragfähig ist."
Die Kirche in Deutschland dagegen suche eine Möglichkeit des wirklichen gemeinsamen Beratens und Entscheidens, ohne dass die kirchenrechtlichen Regelungen, die die Autorität des Bischofs betreffen, außer Kraft gesetzt werden.
Kompromisse schließen
Der Limburger Bischof zeigte sich überzeugt, dass es zu keiner Abspaltung komme. "Einfach, weil die niemand will. Wir müssen miteinander reden, miteinander Kompromisse schließen." Franziskus sage in dem Interview ja auch: "Die Spannungen sind zu heilen, wir sollen unsere Themen einbringen in die aktuell laufende Weltsynode des Vatikans. Nun, das ist doch unser eigener O-Ton, genau das wollen wir auch."
Kritik übte der Konferenzvorsitzende auch an den fünf deutschen Bischöfen, die sich wegen des geplanten Synodalen Rates an den Vatikan gewandt hatten. "Ich halte es nicht für gut und auch nicht für klug, so zu kommunizieren", sagte er.
Die (Erz-)Bischöfe von Köln, Augsburg, Passau, Regensburg und Eichstätt hatten im Dezember eine Anfrage bezüglich der Teilnahme am vorbereitenden Synodalen Ausschuss an den Vatikan gerichtet. Das sei, so Bätzing, geschehen, "ohne uns andere Bischöfe darüber zu informieren". Der Inhalt des Schreibens vom 21. Dezember sei bis heute nicht genau bekannt.
Schon jetzt entscheiden Laien mit
Im Streit um die Mitbestimmungsrechte von Laien in der katholischen Kirche verweist der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, auf zahlreiche Beratungsgremien in Deutschland. "Es ist ja jetzt schon so, dass beratende Gremien in der Kirche de facto viele wichtige Beschlüsse fassen, und wir Bischöfe setzen am Ende nur noch formal den Haken dran", sagte der Limburger Bischof am Freitag in einem Interview der "Welt".
Er verwies etwa auf die Haushalte der Bistümer oder des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD): "Den machen inhaltlich ja nicht wir Bischöfe, sondern Gremien aus Menschen mit der entsprechenden Fachkompetenz, Kleriker und Laien, Frauen und Männer", unterstrich der Konferenzvorsitzende: "Solche Mitwirkung ist auch auf andere Themen anwendbar."
Bätzing reagierte damit auf ein Schreiben führender Kardinäle aus dem Vatikan zu der geplanten Einrichtung eines Synodalen Rates in Deutschland. Er soll sich als neues bundesweites Beratungs- und Leitungsorgan mit "wesentlichen Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft" befassen. Dabei sollen Bischöfe, Priester und Laien gemeinsam über kirchliche Grundsatzfragen und über den Einsatz finanzieller Mittel beraten und entscheiden.
Autorität der Bischöfe in Gefahr?
Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und die Kurienkardinäle Luis Ladaria und Marc Ouellet erklärten dazu unter Berufung auf die Autorität des Papstes, weder das deustsche Reformprojekt Synodaler Weg noch ein von ihm eingesetztes Organ noch eine nationale Bischofskonferenz seien befugt, ein solches Gremium einzurichten, das die Autorität der Bischöfe beschneide.
Auf die Frage, was dieses Schreiben für den Synodalen Rat bedeute, sagte Bätzing, es gebe noch eine "Rückfalloption": Seit den 70er Jahren gebe es in Deutschland die sogenannte Gemeinsame Konferenz, in der die Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) miteinander beraten, also Laien und Bischöfe. "Die Rückfalloption ist also: Wir bleiben bei diesem Modell und geben einfach noch wichtige Aufgaben dazu, die kirchenrechtlich machbar sind."