Bischof fürchtet Zerstörung ukrainischer Kultur durch Putin

"Bezweckt Russland eine kulturelle Bereinigung"?

Der hannoversche evangelische Landesbischof Ralf Meister hat die ukrainische Hafenstadt Odessa besucht. Er zeigte sich erschüttert darüber, wie viele Kulturgüter infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine zerstört wurden.

Autor/in:
Urs Mundt
Bewaffnete Männer gehen in Odessa eine menschenleere Straße entlang / © Francesca Volpi (KNA)
Bewaffnete Männer gehen in Odessa eine menschenleere Straße entlang / © Francesca Volpi ( KNA )
Ralf Meister, Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers  / © Harald Oppitz (KNA)
Ralf Meister, Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers / © Harald Oppitz ( KNA )

"Die Gesamtzahl der zerstörten Kirchen, Moscheen und Synagogen geht weit in die Hunderte", sagte Meister dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Eine Mitarbeiterin der örtlichen Denkmalbehörde habe ihm zudem gesagt, dass in russischem Auftrag Kunstwerke und Exponate aus Museen geraubt würden. "Nach allem, was mir die Menschen hier erzählen, bezweckt Russland mit dem Krieg eine kulturelle Bereinigung."

In seiner Funktion als Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands war Meister am Mittwoch nach Odessa aufgebrochen, um Gemeinden der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Ukraine (DELKU) zu besuchen.

Meister beeindruckt wie Ukrainer ihre Ruhe bewahren

Erst am Dienstag war die Stadt am Schwarzen Meer Ziel eines russischen Luftangriffs geworden. Umso mehr beeindrucke ihn, wie die Ukrainer dennoch Ruhe bewahrten, sagte der Landesbischof. "Wenn der Luftalarm vorbei ist, gehen die Bürger Odessas normal ihrer Arbeit nach". Abends sehe man junge Menschen in den Straßen, die offenbar zusammenkämen, um das Leben zu genießen.

Ziel der Reise sei Solidarität und Verbundenheit zu zeigen

Den Menschen, denen er in den Kirchengemeinden begegnet sei, bedeute der Besuch des Landesbischofs viel. "Oft wurde ich gefragt, ob wir in Deutschland von der Not der Ukrainer wissen", sagte Meister. So hätten ihn die Menschen auf die Verschleppung ukrainischer Kinder sowie auf Verfolgungen und Vertreibungen innerhalb der Ukraine hingewiesen.

Ziel der Reise sei gewesen, die Solidarität und Verbundenheit der lutherischen Kirche in Deutschland mit Christinnen und Christen in der Ukraine zum Ausdruck zu bringen. "Wir lesen die gleichen biblischen Texte, wir leben von der gleichen Hoffnung und wir teilen die Sehnsucht nach Frieden", betonte der Theologe.

Christliche Kirchen in der Ukraine

Die kirchlichen Verhältnisse in der Ukraine sind komplex. Rund 70 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings zwei verschiedenen Kirchen an: der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) des Moskauer Patriarchats und der autokephalen (eigenständigen) Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU). Zudem gibt es eine römisch-katholische Minderheit mit rund einer Million Mitgliedern sowie die mit Rom verbundene (unierte) griechisch-katholische Kirche der Ukraine.

Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny (KNA)
Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny ( KNA )
Quelle:
epd