Schepers wünscht sich mehr Offenheit für queere Menschen

"Wir sind noch nicht weit genug"

Essens Weihbischof Ludger Schepers ist in der Bischofskonferenz für Queer-Seelsorge zuständig. Zu seinem 70. Geburtstag wünscht er sich nicht nur mehr Toleranz in der Kirche, sondern auch eine Öffnung der Weiheämter für Frauen.

Weihbischof Ludger Schepers / © Julia Steinbrecht (KNA)
Weihbischof Ludger Schepers / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie sagen Kirche muss ein sicherer Ort für queere Menschen sein. Wie genau meinen Sie das?

Ludger Schepers (Essener Weihbischof und Queer-Beauftragter in der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz): Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Sicher heißt es, dass Leute erst mal willkommen sind, wenn sie auch zum Beispiel Händchen haltend als Paar miteinander gehen. Oder wenn ihr Aussehen vielleicht anders ist, wenn sie trans sind. Das stößt auch schon auf erhobene Augenbrauen. Das ist die einfache Form: Dass man nichts miteinander zu tun haben will, dass sie Schwierigkeiten haben, wenn sie zum Beispiel ihre Kinder zur Taufe oder Erstkommunion anmelden wollen. Darauf reagieren manche dann doch nicht gerade freundlich.

DOMRADIO.DE: Queer-Feindlichkeit war jahrhundertelang in der katholischen Kirche die Norm. So ganz langsam ändert sich was. Wo stehen wir heute, wenn es um die Rechte von Menschen geht, die einfach in ihrer sexuellen Orientierung anders ticken als die Mehrheit?

Schepers: Wir sind noch nicht weit genug. Wir arbeiten im Grunde genommen immer noch auf. So ein Kulturwandel ist nicht per Knopfdruck mal eben so vollzogen. Und das, was die Geschichte so lange geprägt hat, was Menschen so lange geprägt hat: Angst vor dem oder der anderen, vor dem Anderssein, das wird wirklich eine neue Kultur brauchen.

Weihbischof Ludger Schepers

"So ein Kulturwandel ist nicht per Knopfdruck mal eben so vollzogen."

DOMRADIO.DE: Sie stoßen auch ganz persönlich immer wieder auf Widerstand in der Amtskirche, wenn Sie sich für queere Belange einsetzen. Wie gehen Sie damit um?

Schepers: Meine Kirche, so bin ich groß geworden, ist eine Kirche Jesu Christi. Der hat Barmherzigkeit ganz groß geschrieben und keine Grenzen gesetzt zu irgendwelchen Menschen. Er hat sich mit allen einen Tisch gesetzt und sich gerade um die gekümmert, um die sich die anderen nicht gekümmert haben. Und das versuche ich auch.

DOMRADIO.DE: Das haben sie auch auf dem Synodalen Weg getan und zum Beispiel auch sich eingesetzt und die Stimme erhoben für Gleichberechtigung von Frauen. Auch da ist weiter Luft nach oben. Auf was hoffen Sie da?

Schepers: Ich hoffe, dass wir wenigstens anstoßen können, was vor 50 Jahren schon in Würzburg bei der Synode angesprochen worden ist: der Diakonat der Frau. Mehr Zustimmung, auch weltkirchlich, findet, wie ich auch andernorts höre, dass das nicht unbedingt ein Zugang zum Priesteramt sein muss. Der Diakonat muss ein eigenständiges Amt sein und sollte von daher auch anders aussehen, als die Kopie dessen, wie es jetzt zu sehen oder zu erleben ist. Und das ist oft und auch vielfach nicht diakonisch, sondern eher liturgisch geprägt.

DOMRADIO.DE: Sie sind auch noch für die Männerseelsorge zuständig, neben vielen anderen Aufgaben. Inwiefern glauben Sie denn, dass die Gleichberechtigung von queeren Menschen und Frauen am Ende allen Gläubigen innerhalb der katholischen Kirche zugutekommen würde, also auch den Männern?

Weihbischof Ludger Schepers

"Vielfalt ist Schöpfung und Schöpfung ist gut."

Schepers: Also in der Männerwelt bin ich auch schon über 30 Jahre tätig. Auch, weil gerade Ehemänner von Frauen, die lange Jahre in Frauengruppen waren, den Wunsch hatten: Wir wollen das auch für uns. Da wurde ganz deutlich, dass es einen eigenen Raum braucht und es eigene Fragen gibt. Und ich glaube, die Frage von Macht und Gewalt treibt Männer noch mal mehr um, was es denn heißt, männlich zu sein oder männlich sein zu müssen.

Von daher denke ich, wenn wir gemeinsam schauen, wo jeder seinen eigenen Part einbringt, ob männlich, weiblich, trans, inter oder queer, dann ist das Vielfalt. Und Vielfalt ist Schöpfung und Schöpfung ist gut.

DOMRADIO.DE: Sie sind diesen Dienstag gerade 70 Jahre alt geworden. Wenn es eine Sache gäbe, die Sie sich für die Kirche wünschen könnten ...

Schepers: Dann würde ich anfangen beim Diakonat der Frau.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Bistum Essen

Das Bistum Essen ist eines der jüngsten und kleinsten unter den 27 römisch-katholischen Bistümern in Deutschland. Auch in Nordrhein-Westfalen ist es mit 1.877 Quadratkilometern und knapp 680.000 Mitgliedern das kleinste Bistum.

Es wurde am 1. Januar 1958 aus Teilen der (Erz-)Bistümer Köln, Münster und Paderborn errichtet; damals zählte die Diözese noch rund 1,5 Millionen Mitglieder.

Blick auf den Essener Dom / © frantic00 (shutterstock)
Quelle:
DR