Der Krieg als Instrument für die Durchsetzung eigener Interessen habe sich in Europa wieder etabliert. "Wir haben schon das Gespür für den Frieden verloren." Mit Krieg dürfe man sich jedoch niemals abfinden, so Zucconi bei einem Vortrag am Donnerstagabend in Wien.
Auch er habe keine einfachen Antworten, wie der Konflikt in der Ukraine beendet werden könne. Es bestehe die große Gefahr, dass der Krieg in der Ukraine aufgrund einer Pattsituation noch lange weitergehen werde, "auf Kosten der ukrainischen Bevölkerung".
Zucconi verturteilt russischen Angriff
Eindringlich verurteilte Zucconi den russischen Angriff auf die souveräne Ukraine. Europa habe viel zu lange weggeschaut - in der Ukraine und etwa auch in Syrien, wo seit zwölf Jahren ein brutaler Krieg tobe, in dem Russland bereits den Willen gezeigt habe, seine imperialistischen Ziele auch mit brutaler Gewalt durchzusetzen.
Gleichwohl plädierte Zucconi dafür, verstärkt Möglichkeiten für Gespräche auszuloten. Dass es aktuell immer noch minimale Möglichkeiten gebe, zeigten die regelmäßigen Gefangenenaustausche zwischen der Ukraine und Russland sowie das Getreideabkommen. Zucconi wies in diesem Zusammenhang auf die jahrelangen Initiativen von Sant'Egidio in Mosambik hin, die viel Geduld erfordert hätten, bis es endlich gelungen sei, ein Friedensabkommen zu erreichen.
Blick in andere Kriegsregionen wichtig
Weltweit gebe es derzeit rund 30 größere bewaffnete Konflikte, von denen die wenigsten auf öffentliches Interesse im Westen stießen.
"Wer redet von Libyen oder Afghanistan?", so Zucconi. Europa dürfe sich auf seiner kleinen "Glücksinsel" nicht abkapseln. Der Einsatz für Frieden sei nicht realitätsfern, betonte er. "Eine Zukunft, die vom Krieg geprägt ist, ist keine Zukunft." Zum Frieden gebe es keine Alternative.
Die Vision der Gemeinschaft Sant'Egidio
Die 1968 in Rom von Studierenden um den späteren Präsidenten Andrea Riccardi gegründete Bewegung Sant'Egidio widmet sich neben dem Gebet karitativer Arbeit, Diplomatie in Bürgerkriegsgebieten und dem Dialog der Religionen. Sant'Egidio war in den vergangenen Jahrzehnten bereits an zahlreichen erfolgreichen Friedensverhandlungen beteiligt, so für Mosambik, Guatemala, den Kosovo, die Elfenbeinküste und den Südsudan.