Die Krönung von Charles III. soll eine Verbindung aus alten Traditionen und neuen, zeitgemäßen Elementen werden. Es gibt sogar schon ein Emoji mit einer Krone, das immer aufpoppt, wenn man den Hashtag #coronation eingibt. Doch auch wenn die Krönung als weltliches Spektakel mit viel Pomp daherkommt; sie ist eigentlich eine religiöse Zeremonie mit einer Geschichte, die weit über tausend Jahre zurückgeht und seither im Wesentlichen gleich geblieben ist.
Gottesdienst als Rahmen
Den Rahmen bildet ganz traditionell ein anglikanischer Gottesdienst, wie zuletzt noch einmal die Erzbischöfe von Canterbury und York, Justin Welby und Stephen Cottrell, betonten. Nachdem es Gerüchte über Unstimmigkeiten gegeben hat, ob und wie dem Wunsch des Königs nach einer Einbeziehung der verschiedenen Religionen im Königreich Rechnung getragen werden könne, scheint nun eine Lösung gefunden.
Da gemäß der Kirchengesetze Vertreter nicht-christlicher Religionen keine Gebete sprechen dürfen, werden sie anders in die Krönungszeremonie eingebunden. Wenn die Geistlichen als erste in der Prozession in Westminster Abbey einziehen, werden Leiter und Repräsentanten aller Glaubensgemeinschaften vertreten sein.
Diverser und inklusiver
Um die Krönung nach den Vorstellungen des Königs diverser und inklusiver zu gestalten, sind Vertreter der verschiedenen Glaubensgemeinschaften ausgewählt worden, dem König die Herrschaftszeichen (Regalien) zu übergeben. Andrew John, der katholische Erzbischof von Wales, reicht dem König das Zepter mit der Taube an. Das ist das erste Mal seit der Reformation, dass wieder ein katholischer Geistlicher mitwirkt.
Auf diese Weise werden auch andere nicht-christliche Religionsgemeinschaften sichtbar gemacht. Großbritannien ist heute ein multikulturelles Land, in dem eine Vielzahl von Religionen nebeneinander leben. Und dem wird so Rechnung getragen.
Wie wird man weltliches Oberhaupt der anglikanischen Kirche?
Wie schon seine Mutter Elizabeth II. und seine Großeltern wird Charles III. dem Vernehmen nach vor der Krönung geistlich vom Erzbischof von Canterbury begleitet. Justin Welby soll ihm eine Einführung in die religiöse Bedeutung des Krönungseides, der Verpflichtungen gegenüber den Menschen sowie dem christlichen Symbolgehalt der Regalien geben. Der König ist das weltliche Oberhaupt der anglikanischen Kirche von England, der Erzbischof von Canterbury das geistliche.
40. Krönung in Westminster Abbey
Alle Krönungen folgen im Großen und Ganzen der des angelsächsischen Königs Edgar im Jahr 973, für die eine erste detaillierte Beschreibung vorliegt. Und schon seit über 900 Jahren finden sie in Westminster Abbey statt; Charles ist der 40. Monarch, der dort gekrönt wird. Die Zeremonie führt seit 1066 mit nur wenigen Ausnahmen der Erzbischof von Canterbury durch; früher als katholischer Bischof, dann später, nach der Reformation, als geistliches Oberhaupt der anglikanischen Church of England.
Zelebriert wird die Krönung seit 1603 auf Englisch, zuvor auf Latein. Der König legt den Krönungseid ab, der über die Jahrhunderte immer mal wieder verändert wurde. Er beschwört, nach den Gesetzen des Landes zu regieren, Recht mit Milde auszuüben und die Kirche von England zu schützen. Der Monarch trägt seit 1521 den päpstlichen Ehrentitel "Verteidiger des Glaubens" – was freilich seit der Reformation als Beschützer des protestantischen Glaubens verstanden wird.
Heilige Salbung
Anschließend wird der König gesalbt mit veganem Öl von Olivenhainen aus Jerusalem. Dies ist der heiligste Moment der Krönung. Ein Baldachin wird über den Monarchen gehalten, um ihn vor den Blicken der Anwesenden zu schützen. Elizabeth II. soll gesagt haben, sie habe sich in diesem Moment Gott besonders nahe gefühlt. Bei ihrer Krönung 1953 durfte der Moment nicht im Fernsehen gezeigt werden; die Kameras schwenkten in den Kirchenraum ab. Einem Medienbericht zufolge soll sich Charles III. entschieden haben, dem Beispiel seiner 39 Vorgänger zu folgen und diesen für den Monarchen heiligen Moment nicht öffentlich zu zeigen.
Eine Krone nur fürs Krönen
Dann wird der König gesegnet und geweiht, während er auf dem Krönungsstuhl sitzt. Ihm werden Reichsapfel und Zepter überreicht,der Ehering Englands über den Finger gestreift. Der Erzbischof von Canterbury setzt ihm die St.-Edwards-Krone auf, die nur für diesen Moment der Krönung zum Einsatz kommt. Westminster Abbey wird Charles mit der Imperial State Crown verlassen. Sie hat einen hohen Wiedererkennungswert, da die verstorbene Queen sie zu einer Vielzahl von Anlässen trug.
Vor der Salbung wird seit 1727 die Krönungshymne "Zadok the Priest" in der Fassung von Georg Friedrich Händel gespielt. Sie geht auf einen biblischen Text zurück, der bei jeder Krönung seit 973 gesprochen wird. Fußballfans wird die Melodie sehr vertraut vorkommen – denn die Hymne der UEFA Champions League ist eine moderne Vertonung von 1992.
Camilla wird Königin
Nach dem König wird Camilla gekrönt. Sie wird ebenfalls gesalbt und erhält dann wie der König verschiedene Herrschaftszeichen wie einen Ring, ein Zepter und den Stab aus Elfenbein. Die Krone für Camilla ist quasi recycelt; 1911 trug Queen Mary, die Urgroßmutter von König Charles, sie bei ihrer Krönung. Damit wollen die Royals einerseits an das Umweltbewusstsein des Königs erinnern und andererseits unerfreulichen Diskussionen aus dem Wege gehen. Die Krone der Königinnenmutter Elizabeth von 1937 enthielt nämlich den berühmten Koh-i-Noor-Diamanten, der vom Iran, Pakistan und Afghanistan zurückgefordert wird.
Für den Gottesdienst mit Krönung sind nach unterschiedlichen Angaben rund 90 Minuten bis zwei Stunden vorgesehen. Bei Elizabeth II. dauerte die Zeremonie noch drei Stunden.
Unbequemer Auszug
Eine letzte Herausforderung erwartet das gekrönte Paar, wenn es Westminster Abbey verlässt. Bei der Prozession zurück zum Palast kommt die "Gold State Coach" zum Einsatz. Die Kutsche von 1760 wird bei jeder Krönung seit 1831 benutzt und soll extrem unbequem sein. Die verstorbene Queen beschrieb die Fahrt in der Kutsche nach der Krönung 1953 als grauenvoll; sie hat keine Federung und schwenkt während der Fahrt leicht von links nach rechts und zurück.