DOMRADIO.DE: Sie waren bis jetzt Stellvertreterin in der Abteilung Intervention. Welche Schwerpunkte möchten Sie in Ihrer neuen Aufgabe setzen?
Katharina Neubauer (Inverventionsbeauftragte des Erzbistums Köln und Leiterin der Stabsstelle): Schwerpunkt der Arbeit in der Stabsstelle Intervention und maßgeblich für alle Schritte im Umgang mit Missbrauchsfällen war und ist immer eine möglichst vollumfängliche Aufklärung im Sinne und zum Schutz von Betroffenen. Denn die Perspektive der Betroffenen ist für unser Handeln zentral.
So ist es auch mein Anliegen, die Intervention im Sinne Betroffener weiter zu stärken. Wir vertreten die Belange der Betroffenen und wollen diese bestmöglich unterstützen. Einzig und allein durch den Mut der Betroffenen, über das ihnen widerfahrene Leid zu sprechen, wird Aufklärung und Aufarbeitung erst möglich.
In den letzten drei Jahren habe ich gemeinsam mit meiner Vorgängerin, Malwine Raeder, die Interventionsarbeit des Erzbistums Köln stetig professionalisiert. Festgelegte Verfahrensprozesse als weiterer Schwerpunkt dienen der Sicherstellung eines reibungslosen Ablaufes ab dem Zeitpunkt des Eingangs einer Meldung.
DOMRADIO.DE: Sie sind von Hause aus Psychologin. Welche Rolle spielt das bei der Herangehensweise?
Neubauer: Es ist im Rahmen der sensiblen Thematik bedeutsam, sich in andere Menschen hineinversetzen zu können. Durch mein Studium weiß ich, welche schlimmen Spuren sexueller Missbrauch bei Betroffenen hinterlässt. Als Psychologin kenne ich Gründe, weshalb Menschen sich zum Beispiel in manchen Fällen erst viele Jahre später an einen Missbrauch erinnern. Der Mensch verfügt hier über Schutzmechanismen, um das weitere Überleben zu sichern, sodass sexueller Missbrauch Jahrzehnte lang verdrängt werden kann.
DOMRADIO.DE: Interventionsarbeit spielt schon seit Jahren eine Rolle im Erzbistum Köln. Worauf legt das Bistum bei der Interventionsarbeit den Fokus? Wie wird mit dem Thema umgegangen?
Neubauer: Das Thema Intervention ist immer wichtiger geworden und die Verantwortlichen im Erzbistum Köln meinen es mit der Aufklärung und Aufarbeitung sehr ernst. Der Fokus liegt auf dem Schutz und der Perspektive der Betroffenen und dem Ergreifen von Maßnahmen, die verhindern, dass solche Verbrechen in unseren Einrichtungen jemals wieder stattfinden können.
DOMRADIO.DE: Missbrauchsaufarbeitung ist ein großes Konfliktthema in der Kirche. Was muss sich ändern an der Herangehensweise?
Neubauer: Was zählt ist, dass wir Betroffene schützen, ihre Perspektive einnehmen und ihnen konkret helfen. Dies muss immer wieder in den Fokus rücken und bedarf einer steten Entwicklung.
Wir sind es den Betroffenen schuldig, jeden einzelnen Missbrauchsfall gründlich aufzuklären. Eine zentrale Rolle spielt selbstverständlich auch die Aufarbeitung auf institutioneller Ebene. Es gilt herauszufinden, wie diese schrecklichen Verbrechen in unseren kirchlichen Einrichtungen überhaupt passieren konnten. Das Gutachten der Kanzlei Gercke Wollschläger hat systembedingte Fehler aufgezeigt. Viele Maßnahmen, die in dem Gutachten empfohlen worden, sind bereits umgesetzt (z.B. die personelle Stärkung der Intervention), bei den noch verbleibenden sind wir aktuell dabei, diese ebenfalls zu realisieren. Wir wollen aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und es jetzt in der Zukunft besser machen.
Das Interview führte Johannes Schröer.