Domchor beim Internationalen Musikfestival in Marvão dabei

"Das bringt mehr als 15 Proben"

Portugal, Spanien, Frankreich – nach Rom und Israel unternimmt der Kölner Domchor nun die nächste große Konzertreise. Im portugiesischen Marvão stellt er seine bewährte Zusammenarbeit mit dem Kölner Kammerorchester unter Beweis.

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
Der Domchor reist zum ersten Mal zum Festival Internacional de Música de Marvão / © Beatrice Tomasetti (DR)
Der Domchor reist zum ersten Mal zum Festival Internacional de Música de Marvão / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Mit dem Kölner Kammerorchester hat der Kölner Domchor einen seiner größten Triumphe gefeiert: Unvergessen jedenfalls bleibt die "Harmonie-Messe" von Joseph Haydn am Pfingstsonntag 2009 mit Papst Benedikt XVI. im Petersdom. Für Domkapellmeister Eberhard Metternich gilt dieser Auftritt als einer der Höhepunkte der nun schon über Jahrzehnte gewachsenen Kooperation, die damals noch unter Orchesterchef Helmut Müller-Brühl aus der Taufe gehoben wurde.

Aus Überzeugung fortgesetzt hat diese Tradition dann sein Nachfolger Christoph Poppen, der 2013 zum Chefdirigenten dieses Instrumentalensembles wurde und der schnell das Potenzial der unterschiedlichen Chöre am Dom erkannte, so dass kurz vor Ausbruch der Pandemie ein weiteres gemeinsames, letztlich auf drei Jahre hin angelegtes Projekt auf den Weg gebracht wurde: die Einspielung einer ganzen Serie von Mozart-Messen beim Plattenlabel Naxos, die noch immer läuft und von Corona zwischenzeitlich ausgebremst worden war. Bei vier Messen dieser Produktion übernehmen die Knaben- und Herrenstimmen des Domchores den Chorpart; fünf technisch anspruchsvollere Messen sind dem Vokalensemble Kölner Dom, das Metternich ebenfalls leitet, zugedacht.

Christoph Poppen, Dirigent Kölner Kammerorchester

"Musik soll die Menschen zueinander führen, völkerverbindend wirken und uns glücklich machen."

Für das erste Pandemiejahr 2020 war außerdem auf Einladung Poppens schon lange eine Reise nach Portugal geplant, die allerdings dann ausfallen musste, aber auf 2023 verschoben wurde. Hintergrund: Im Sommer 2014 hatte Christoph Poppen mit seiner Frau, der Sopranistin Juliane Banse, in Marvão, einer nur gut 3000 Einwohner zählenden Kleinstadt auf einem 800 Meter hohen Felsplateau, das "Festival Internacional de Música de Marvão" gegründet, wo er seitdem jährlich auf einer mittelalterlichen Festung in einem wildromantischen Grenzgebiet zu Spanien ein ambitioniertes Festspielprogramm mit internationalen Gästen auf die Beine stellt. "Musik soll die Menschen zueinander führen, völkerverbindend wirken und uns glücklich machen", hat Poppen selbst einmal dazu gesagt. "Ich glaube fest daran, dass sich dies in Marvão mit seiner einzigartigen Atmosphäre besonders gut realisieren lässt und in kurzer Zeit daraus ein ‚Kult-Festival’ wird, auf das sich Menschen aus aller Welt ein ganzes Jahr freuen."

Chorleiter Eberhard Metternich / © Beatrice Tomasetti (DR)
Chorleiter Eberhard Metternich / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Den Beweis dazu wollen Metternich, sein Assistent Simon Schuttemeier sowie 30 Knaben und 18 Männer des Domchores Chores in Begleitung von Chorpräses Domdechant Robert Kleine nun an diesem Wochenende antreten. Denn eines der Konzerte im Rahmen dieses neuntägigen Festivals bestreiten die Sänger aus Köln in der Kirche "Igreja de Nossa Senhora da Estrela", einer Klosteranlage aus dem 15. Jahrhundert. Am selben Ort gestalten sie zwei Tage später auch den Abschlussgottesdienst des Festivals mit der Mozart-Messe "Veni sancte spiritus KV 47, einer Komposition, die Mozart 1768 im zarten Alter von zwölf Jahren geschrieben hat und zu der, wie Metternich feststellt, gerade die Knaben als Gleichaltrige einen besonderen Zugang hätten.

Die Sänger gestalten auch den Abschlussgottesdienst in Marvão / © Beatrice Tomasetti (DR)
Die Sänger gestalten auch den Abschlussgottesdienst in Marvão / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Von Marvão geht es dann weiter Richtung Norden nach Salamanca, einer alten spanischen Universitätsmetropole, und nach San Sébastian. Beide Städte haben einen Bischofssitz, so dass der Domchor jeweils in den Kathedralkirchen ein Konzert unter der Überschrift "Da pacem, Domine" gibt. Nach Spanien ist die nächste Etappe dieser Konzertreise schließlich Bordeaux, wo die Sänger in der Kathedrale Saint-André gastieren, und als krönenden Abschluss dann in Notre-Dame in Reims, einem Hauptwerk französischer Gotik. Präsentieren wird der Chor geistliche Motetten aus fünf Jahrhunderten: von Melchior Franck und Palestrina über Mendelssohn- Bartholdy und Bruckner bis hin zu John Rutter, Darius Milhaud und Eric Whitacre. "Einen Querschnitt unseres Repertoires", erklärt Chorleiter Metternich.

Eberhard Metternich, Leiter Kölner Domchor

"Eine Konzertreise, auf die gerade die Knaben oft jahrelang hinleben, ist enorm wichtig für die Entwicklung eines Chores, weil es ein starkes Moment der Bindung und Motivation schafft."

"Die Vorbereitung eines gemeinsamen Projektes, im Miteinander der Generationen unterwegs zu sein, die Teilnahme an einem Festival, neue Kulturen kennenzulernen mit wachem Blick, offenem Herzen und viel Aufmerksamkeit füreinander – das alles weitet den Erlebnishorizont", weiß der Musikpädagoge aus Erfahrung. "Eine Konzertreise, auf die gerade die Knaben oft jahrelang hinleben, ist enorm wichtig für die Entwicklung eines Chores, weil es ein starkes Moment der Bindung und Motivation schafft." Erst recht wenn permanent junge Mitglieder nachrückten, die von den Älteren lernen würden, und sich die Gemeinschaft immer wieder neu finden müsse. "Das bringt oft mehr als 15 Proben und ist ganz entscheidend für das künstlerische Wachstum eines solchen Ensembles." Für die meisten Knaben bedeute eine solche Tournee einen großen Entwicklungsschub.

Quelle:
DR