DOMRADIO.DE: Wie war denn Ihr Tipp für das Spiel vor dem Anpfiff?
Schwester Katharina Hartleib (Olper Franziskanerin und DOMRADIO.DE-"Fußballnonne"): Mir war klar, dass die Deutschen gewinnen. Mir war auch klar, dass es mühsam wird. Aber ich hätte drei zu zwei für Deutschland getippt.
DOMRADIO.DE: Fußball liegt Ihnen so sehr am Herzen, dass Sie sich auch in den Sozialen Medien geäußert haben. Sie haben auf einer großen Kachel geschrieben: "Ich fasse es nicht". Wie finden Sie, wie die deutschen Fußballerinnen gespielt haben?"
Sr. Katharina: Sie waren unglaublich nervös. Ich hatte das Gefühl, dass die irgendwie neben sich waren. Und sie waren fahrig! Das hatten sie doch gar nicht nötig. So war es eigentlich die ganze Zeit, außer beim ersten Spiel gegen Marokko, wo sie 6:0 gewonnen haben.
Aber schon beim zweiten Spiel habe ich mich gefragt: Was ist los mit euch, Mädels? Da fehlte irgendwie die gesamte Linie. Die haben in der Verteidigung nicht sicher gestanden und kamen nicht gut übers Mittelfeld. Im Sturm war klar, dass es beim letzten Spiel schwierig werden würde. Aber die ganze Zeit habe ich mir gedacht: Mit euch stimmt irgendwas nicht.
DOMRADIO.DE: Sie spielten bisher nur in der Vorrunde, wo jeder noch gedacht hat, dass die das hinbekommen. Wie haben Sie das empfunden?
Sr. Katharina: Ich habe zwischen allen möglichen Dingen, die ich zu tun hatte, immer wieder auf den Fernseher geguckt und mir irgendwann gedacht: 'Es kann doch nicht sein, dass die nicht schaffen, noch ein Tor zu schießen.' Mir ist auch aufgefallen, dass die Südkoreaner hervorragend eingestellt waren. Ich habe selten eine Mannschaft gesehen, von der man wusste, dass sie nichts mehr zu verlieren hat, aber dann doch so toll gespielt und alles richtig gemacht hat.
Dagegen haben die Deutschen kein Mittel gefunden. In so einem Fall ist das Ausscheiden auch richtig. Wenn ich es nicht schaffe, gegen scheinbar kleine Mannschaften meine Größe auszuspielen, dann ist es auch nicht gut, weiter im Turnier zu spielen.
DOMRADIO.DE: Die Enttäuschung sah man in den Gesichtern der Spielerinnen. Hätten Sie Tipps, wie Sie mit der Enttäuschung jetzt umgehen sollen?
Sr. Katharina: Bei einer Enttäuschung heißt es ja immer, dass da eine Täuschung aufgedeckt wird. Vielleicht ging es wirklich um eine Täuschung. Es schien so, als seien die deutschen Frauen seit der EM immer besser geworden. Da sind sie ja Zweite geworden. Aber das stimmt nicht ganz. Man merkte in den ganzen Vorbereitungsspielen, dass irgendwas nicht richtig funktioniert.
Enttäuschungen, also Täuschungen aufzudecken, heißt immer sich der Realität stellen. Deswegen dürfen wir aber auch nicht so tun, als sei alles furchtbar schlecht und dass wir deswegen gar nicht mehr Fußball spielen könnten. Das stimmt ja nicht. Ich denke, dass ein bisschen Abstand guttut. Zuhause mit den Familien darüber zu reden, andere Dinge zu machen und dann in eine neue Saison zu starten, das ist, denke ich, eine ganz gute Idee.
DOMRADIO.DE: Wie enttäuscht waren Sie nach dem Spiel?
Sr. Katharina: Mir ging es wie den Spielerinnen. Ich konnte es gar nicht glauben. 'Aber das kann doch nicht sein', habe ich gedacht. 'Ihr wusstet doch, dass ihr gewinnen müsst.' Erst in den letzten zehn Minuten der regulären Spielzeit, als dann die Sidney Lohmann und die Nicole Anyomi gekommen sind, hatte man das Gefühl: 'Ja, die wollen noch mal'.
Bei den anderen hatte ich das Gefühl, dass die gar nicht wollen, dass sie resigniert haben. Ich war wirklich enttäuscht, weil ich gedacht habe: 'Mädels, ihr hattet das in der Hand.'
DOMRADIO.DE: Trainerin Martina Voss-Tecklenburg hat nach der Niederlage den Frauen was ins Ohr geflüstert. Ich hätte gern gewusst, was sie denen gesagt hat. Was denken Sie, könnte das gewesen sein?
Sr. Katharina: Vielleicht ein Trost. Vielleicht Kopf hoch oder so. Das weiß ich nicht.
DOMRADIO.DE: Gucken Sie sich jetzt die Frauenfußball-WM-Spiele trotzdem weiter an?
Sr. Katharina: Auf alle Fälle. Wenn es zeitlich passt, dann habe ich da echt Lust zu. Ich habe gemerkt, dass der Frauenfußball echt anders ist. Der ist so erfrischend, der ist schnell, der ist von seiner Taktik noch mal anders geprägt und nicht so Star-dominiert.
Man merkt, da gibt es ein anderes mannschaftliches Gefüge und das bereitet mir schon Vergnügen. Ich habe das auch immer gemerkt, wenn die Männer ausgeschieden sind. Dann kann ich die Spiele viel unbelasteter gucken und das macht mir schon Spaß.
Das Interview führte Dagmar Peters.