DOMRADIO.DE: Fürs Pilgern ist das Wetter von großer Bedeutung. Wie ist bei Ihnen aktuell auf Ihrer Etappe in Frankreich?
Beate Steger (Autorin und Pilgerexpertin): Bei mir ist es gemischt. Es gibt Wolken, zum Teil auch ein kleines bisschen Regen, aber auch Sonne. Es ist eigentlich genau das richtige Reisewetter, nicht zu heiß. Wir sind hier am Meer und haben einen Blick auf das strahlend blaue Meer. Das ist wirklich gigantisch. Gerade scheint die Sonne.
DOMRADIO.DE: Sie sind auf dem Weg auch in Taizé gewesen. Was ist denn daran als Pilgerziel interessant?
Steger: Die Gemeinschaft, die gemeinsamen Messen und das viele Singen sind großartig. Wir sind da sogar extra länger da geblieben, weil es so schön war. Wir haben den Morgen-, den Mittag- und den Abendgottesdienst mitgemacht. Da wird einfach sehr viel gesungen. Das hat überhaupt nichts von einer Gottesdienstordnung, wie ich das sonst von der katholischen Kirche kenne. Da sind fast 100 Padres. So viele heutzutage irgendwo zu sehen, ist schon ungewöhnlich. Die sitzen praktisch mitten unter den Gläubigen.
Zudem waren viele junge Leute da. Man saß auf Meditationsbänkchen und alle haben in verschiedenen Sprachen Lieder gesungen. Ich habe eine junge Frau aus den Niederlanden getroffen, die auf dem Weg nach Lissabon zum Weltjugendtag mit dem Bus angekommen waren. Sie sind zwei Nächte geblieben, um einmal komplett die Gottesdienste von Taizé mitzumachen.
DOMRADIO.DE: Man muss nicht mit dem Bus reisen, es gibt auch ein Stückchen portugiesischen Jakobsweg, oder?
Steger: Richtig, den könnte man ab Lissabon nach Santiago laufen, dann wären das 620 Kilometer. Aber die meisten Pilger gehen ab Porto, das ist der zweitbeliebteste Jakobsweg. Der führt 120 Kilometer durch Portugal lang und dann noch mal 120 Kilometer durch Spanien. Das ist ein hervorragender Weg, gerade für Pilgerneulinge. Er hat eine super Infrastruktur, es gibt eine Küstenvariante und eine zentrale Variante, die ein Stück weg von der Küste verläuft.
Diese zentrale Variante bin ich auch schon gelaufen. Die ist wirklich sehr gut. Es sind machbare Etappenlängen und es gibt sehr viele Unterkünfte. Man kann in Herbergen gehen, man kann aber auch in Pensionen oder Hotels gehen, wie man das möchte. Es gibt keine wahnsinnigen Steigungen und 250 Kilometer kann man vielleicht auch in einem normalen Jahresurlaub schaffen.
Und es berechtigt auch zum Erhalt der Compostela, der Pilgerurkunde, wenn man in Santiago ankommt. Das ist ein Weg, den ich sehr empfehlen kann, wenn man nicht unbedingt im Sommer gehen möchte, denn da ist es schon sehr heiß.
DOMRADIO.DE: Ist der Weg auch gut ausgeschildert?
Steger: Der portugiesische Jakobsweg ist hervorragend ausgeschildert. Einmal ganz normal mit der Muschel, aber auch mit sehr vielen gelben Pfeilen. Bei den gelben Pfeilen sieht man auch immer wieder in die entgegengesetzte Richtung die blauen Pfeile. Das ist der Weg nach Fatima.
Es gibt bei der zentralen Variante eine wunderbare Herberge noch auf portugiesischer Seite, die Casa Fernanda. Eine Frau hat ihr Haus direkt auf dem Jakobsweg stehen. Sie hat daraus eine Herberge mit einem großen Gartenhaus gemacht. Da können 14 Leute schlafen. Jeden Abend gibt es bei ihr ein großes Essen. Das erfolgt alles gegen ein Spende.
Im Sommer oder in den wärmeren Monaten kommen die Pilgerinnen und Pilger auf dem Weg nach Santiago bei ihr vorbei. Im Winter hingegen ist wohl eher die Saison für die Fatimapilger. Die kommen dann von Santiago und laufen bis nach Fatima.
DOMRADIO.DE: Ist das ein Geheimtipp?
Steger: Es ist ein Geheimtipp, aber sie hat nur 14 Plätze. Aber dieser Geheimtipp hat sich mittlerweile schon ziemlich herumgesprochen. Insofern ist es schon schwierig, dort einen Platz zu bekommen. Als ich da war, gab es auch keine freien Betten mehr. Dann hat sie auf einer Veranda noch etwas aufgebaut und ich konnte unter freiem Himmel schlafen. Sie kriegt es auch immer wieder hin, dass man noch irgendwie unterkommt.
Ein anderer Geheimtipp wäre der Camino Espiritual. Das ist eine Variante, die man ab Ponte Vedra gehen kann, wenn man auf der Inlandsvariante des portugiesischen Jakobsweg ist. Das sind drei Etappen. Das ist dann also eine Etappe mehr, als wenn man auf dem portugiesischen Weg bleiben würde. Da geht es zunächst zu einem alten Kloster. Am zweiten Tag geht es dann ans Wasser und die dritte Etappe ist sehr besonders. Man kann mit einem Boot die Strecke fahren, die angeblich der Leichnam von Jakobus genommen hat, als ihn seine Jünger zurück nach Spanien gebracht haben.
In Vilanova de Arousa startet dieses Boot. Dann fährt man Richtung Padrón, wo dieses Boot damals angelegt hat. Da ist auch noch der Stein in der Kirche, an dem das Boot festgemacht war.
Jakobus' Leichnam wurde dann der Legende nach auf einen Ochsenkarren verladen und in das heutige Santiago gebracht. Diese Bootsfahrt ist nicht so günstig, aber sehr schnell. So schnell war Jakobus sicherlich nicht unterwegs.
Die Fahrt dauert nur circa eine Stunde. Man kommt an 17 Kreuzen vorbei. Er wird auch der "Flusskreuzweg" genannt.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.