"Letzte Hilfe Kurse" unterstützen bei Sterbebegleitung

Bis zum Ende da sein

Sterbende bis an ihr Lebensende zu begleiten, ist eine große Herausforderung. Ein Kölner Hospiz bietet mit "Letzte Hilfe Kursen" Unterstützung für Begleitende. Kursleiterin Gabriele Weber-Rücker will Ängste und Unsicherheiten nehmen.

"Letzte Hilfe Kurse" bieten Unterstützung und Orientierung für Begleitende / © UfaBizPhoto (shutterstock)
"Letzte Hilfe Kurse" bieten Unterstützung und Orientierung für Begleitende / © UfaBizPhoto ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Was konkret lernen die Menschen bei Ihnen? 

Gabriele Weber-Rücker (Hospiz Sankt Bartholomäus in Köln-Porz, Kursleiterin "Letzte Hilfe Kurse"): Die Kurse sind in vier unterschiedliche Module aufgeteilt. Das erste Modul setzt sich mit dem Sterben auseinander, es heißt auch "Sterben ist ein Teil des Lebens". Wir zeigen da einen kleinen Lehrfilm, in dem ein Mensch in eine Palliativstation eingeliefert wird und wo man sehen kann, wie sich die Situation weiter entwickelt.

Das zweite Modul beschäftigt sich mit Patientenverfügung und Patientenvollmacht. Man wird sich dadurch ein bisschen klarer darüber, was mir eigentlich wichtig ist. Wer soll entscheiden? Wo und wie möchte ich sterben? Wann hat das Leben für mich eigentlich noch einen Sinn? Möchte ich möglichst lange leben oder möchte ich möglichst gut leben?

Gabriele Weber-Rücker

"Das Wichtigste ist eigentlich, Ängste und Unsicherheiten über das Sterben zu nehmen, Mut zu machen, sich mit seiner eigenen Situation auseinanderzusetzen."

DOMRADIO.DE: Sie wollen auch dazu ermutigen, in der letzten Lebensphase da zu sein. Es geht vor allem um Zuwendung. Natürlich möchte niemand im Sterben allein bleiben. Was ist das Wichtigste, das Sie Teilnehmenden mitgeben wollen, wenn man einen sterbenden Menschen begleitet? 

Weber-Rücker: Das Wichtigste ist eigentlich, Ängste und Unsicherheiten über das Sterben zu nehmen, Mut zu machen, sich mit seiner eigenen Situation auseinanderzusetzen. Die Teilnehmer sollen sich darüber Gedanken machen, wie sie ihr eigenes Lebensende verbringen möchten und dann verstehen: So wie ich das möchte, möchte ich das auch in der Begleitung können.

Vor allem der Austausch mit den Sterbenden ist wichtig / © StockerThings ​ (shutterstock)
Vor allem der Austausch mit den Sterbenden ist wichtig / © StockerThings ​ ( shutterstock )

Wir geben auch praktische Werkzeuge in die Hand. Viele Menschen klagen zum Beispiel in der letzten Phase über Mund-Trockenheit. Wir zeigen, dass man den Mund nicht nur mit Wasser benetzen kann, dass man da Sekt, Kaffee, Cognac - alles Mögliche - nehmen kann, sogar Gulaschsuppe. Also das, was gefällt und was dem Sterbenden irgendwie weiterhilft.

Wir möchten den Teilnehmern auch Instrumente zu folgenden Fragen in die Hand geben: Wo kann ich mich hinwenden, wo gibt es Hilfsangebote? Wo ist ein ambulanter Hospiz-Dienst? Wo ist das Hospiz, wo gibt es Palliativstationen?

Wir wollen die Helfenden unterstützen, mit dieser Situation gut zurecht zu kommen. 

DOMRADIO.DE: Wir haben als Christen den großen Vorteil, dem Tod mit Hoffnung zu begegnen. Inwiefern spielt das eine Rolle bei Ihrer Arbeit? 

Weber-Rücker: Bedingt. Wir vom Hospiz aus bieten natürlich sehr viel in dieser Richtung an. Wir haben spirituelle Begleitung, religiöse Begleitung. Wenn gewünscht wird, werden auch Krankensalbungen für die Sterbenden angeboten.

Aber wir haben sehr viele Menschen, die ohne religiöse Bindung bei uns sterben. Es ist nicht unbedingt so, dass die "schlechter" sterben. Es geht vielmehr um die Lebensumstände, um das soziale Netz, das jeder mitbringt, um den Zeitpunkt, um das Alter, um die Frage, wie jemand auf sein Leben zurückschaut. Und wenn man zum Beispiel mit Fegefeuer und Hölle groß geworden ist, dann ist das manchmal auch keine große Hilfe.

Gabriele Weber-Rücker

"Jemand, der sehr tief gläubig ist, kommt vielleicht besser alleine zurecht. Aber es ist schon schöner, wenn Menschenfamilie da ist, die ihn begleitet."

DOMRADIO.DE: Das heißt, den Menschen ohne Glauben fehlt heute nicht der Halt, den Glaube mal gegeben hat?

Weber-Rücker: Ich denke nicht. Wir fangen die Menschen natürlich auch auf, oder die Angehörigen fangen sie auf. Jemand, der sehr tief gläubig ist, kommt vielleicht besser alleine zurecht. Aber es ist schon schöner, wenn Familie da ist, die ihn begleitet. 

DOMRADIO.DE: Sie haben eine sehr gute Resonanz auf diese Kurse. Es ist ja eigentlich schön zu hören, dass Angehörige vorbereitet sein wollen, oder? 

Weber-Rücker: Ja, das ist total schön. Es müsste auch viel mehr Kurse in diese Richtung geben. Ich finde großartig, dass diese Kurse zwischenzeitlich auch für Kinder und Teenager angeboten werden und dass man auch professionelle "Letzte Hilfe" anbietet. Denn auch in dem Bereich, gerade in der Pflege, ist nicht jeder wirklich in der Richtung ausgebildet. 

Das Interview führte Tobias Fricke.

Palliativmedizin und Hospize

Palliativmedizin ist die Behandlung von Patienten mit einer nicht heilbaren, weit fortgeschrittenen Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung, beispielsweise Krebs, Demenz oder Aids. Ziel ist nicht mehr die Heilung, sondern die Linderung von Schmerzen und die Sicherung möglichst hoher Lebensqualität. Dazu gehört nicht nur die Schmerztherapie, sondern auch die psychologische und spirituelle Begleitung der Patienten und ihrer Angehörigen.

Palliativstation / © BBT-Gruppe/Harald Oppitz (KNA)
Palliativstation / © BBT-Gruppe/Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR