Flüchtlingsbischof Heße sieht Reformbedarf im Asylsystem

Auf der Seite der Schutzsuchenden 

Das Europäische Asylsystem muss aus Sicht des Flüchtlingsbischofs Stefan Heße dringend reformiert werden. Besondere Aufmerksamkeit müsse dabei Menschen mit Behinderung, traumatisierten Menschen sowie Opfern von Menschenhandel gelten.

Erzbischof Stefan Heße segnet geflüchtete Familien in einem Kirchengemeinderaum / © Maximilian von Lachner (DBK)
Erzbischof Stefan Heße segnet geflüchtete Familien in einem Kirchengemeinderaum / © Maximilian von Lachner ( DBK )

"Statt großer Camps in den Erstaufnahmestaaten, wo Menschen teils unter haftähnlichen Bedingungen monatelang ausharren müssen, ist eine rasche Registrierung und Weiterverteilung auf andere EU-Mitgliedstaaten notwendig", schreibt der Hamburger Erzbischof in einem Gastbeitrag für die "Welt" (Mittwoch). 

Menschenrechte mit Füßen getreten 

Zugleich verurteilte der Erzbischof die Praxis der Pushbacks, dem oft unrechtmäßigen Zurückdrängen von Flüchtlingen nach einem Grenzübertritt. Sie führten in der Regel dazu, dass Menschen etwa die gefährlichen Überfahrten über das Mittelmeer teils mehrfach auf sich nähmen. "Und das bedeutet nicht selten den Tod." Die Menschenrechte von Personen auf der Flucht würden derzeit vielfach "mit Füßen getreten". "Es ist völlig klar: Pushbacks und andere Verletzungen des Völkerrechts müssen aufhören."

Die katholische Kirche steht laut Heße in ihrem Auftrag an der Seite von Schutzsuchenden. "Papst Franziskus hat hierzu vier Verben formuliert: aufnehmen, schützen, fördern, integrieren. Bei den Mitarbeitern der Caritas in Griechenland und der Türkei habe ich gespürt, dass sie nach diesem Grundsatz arbeiten." Heße hatte in seiner Funktion als Flüchtlingsbischof zuletzt Anfang September beide Länder besucht.

Hilfe für die Türkei 

Insbesondere die Türkei, die rund vier Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen hat, brauche weiter internationale und europäische Unterstützung. "Die Erwartung, dass alle Syrer in ihr Land zurückkehren werden, ist nicht realistisch", mahnte der Erzbischof. "Daher ist es wichtig, dass in der Türkei gute Rahmenbedingungen für die Integration von Geflüchteten geschaffen werden."

Einigung von EU-Staaten: Asylverfahren sollen verschärft werden

Die Asylverfahren in der EU sollen angesichts der Probleme mit illegaler Migration deutlich verschärft werden. Bei einem Innenministertreffen in Luxemburg stimmte am Donnerstag eine ausreichend große Mehrheit an Mitgliedstaaten für umfassende Reformpläne, wie der schwedische Ratsvorsitz am Donnerstagabend nach stundenlangen schwierigen Verhandlungen mitteilte. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte: "Es waren keine leichten Entscheidungen, für alle die hier am Tisch stehen, aber es waren historische."

Asylantrag / © Julian Stratenschulte (dpa)
Asylantrag / © Julian Stratenschulte ( dpa )
Quelle:
KNA