Blog des Chefredakteurs aus dem Vatikan zur Weltsynode #7

Löcher in die Steine beten!

Ein Bild sagt bekanntlich mehr als 1.000 Worte. Aber Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen gibt trotzdem seinen Senf dazu. Er beobachtet aus seinem "Rome-Office" die Weltsynode und beschreibt im Blog seine Eindrücke aus der ewigen Stadt.

Beten für ein Gelingen der Synode (DR)
Beten für ein Gelingen der Synode / ( DR )

"Heiliger Vater, wir werden für Sie niederknien und Löcher in die Steine beten!" Was für ein Versprechen - gegeben 1978 vom polnischen Kardinal Wyszynski. Es galt, dem frisch gewählten Landsmann Papst Johannes-Paul II. Wer in Rom unterwegs ist, der findet viele ausgetretene Steinplatten - und ja, auch durchgekniete Steinstufen. Orte, wo der tiefe Glaube der Menschen Spuren für die Ewigkeit hinterlassen hat. 

Ingo Brüggenjürgen im Vatikan (DR)
Ingo Brüggenjürgen im Vatikan / ( DR )

Vor dem Petersdom gingen auch gestern Abend Hunderte in die Knie. Auf den nackten Steinboden: Männer und Frauen, Betbrüder und Ordensschwestern, Jugendliche mit gefärbten Haaren und altehrwürdig Ergraute, die nachher kaum noch hoch kamen. Gutbetuchte Anzugträger und durchgelatschte Sandalenökos, diejenigen mit ihrer Gucci-Tasche unter dem Arm knieten genauso wie die mit dem Travel-Rucksack auf den Schultern. Sie alle knieten oder verneigten sich vor dem Allerheiligsten. Bei der sakramentalen Andacht vor dem hellerleuchteten Petersdom wurde inständig gebetet: Für den Frieden auf der Welt, für die Armen und Ausgegrenzten und natürlich auch für die nötige Weisheit der Teilnehmer bei der Weltsynode. Einige hundert Gläubige - vereint im Gebet.

Christen aus allen Erdteilen teilten diese gemeinsame nächtliche Gebetsstunde. Über alle Kultur- und Sprachgrenzen hinweg. Selbst wer beim sakramentalen Segen das Tantum Ergo nicht verstand, der spürte die spirituelle verbindende Kraft - den heiligen Moment, in dem all die Gläubigen im Geist der Liebe Gottes wirklich eins waren. 

Vielleicht waren auch einige Synodale nach ihrem langen Arbeitstag bei der Andacht auf dem Petersplatz dabei, auch wenn deren Erkennungszeichen - ein überdimesionierter Plastikausweis am weißen Bändchen - nicht zu sehen war. Dann hätten sei spüren können, wie der vielbeschworene Heilige Geist ganz real den Weg weist. Wie im gemeinsamen Gebet Grenzen überwunden werden. Wie sich neue Wege auftun.

Und wenn der Ton die Musik macht, dann möchte man der Weltbischofssynode noch mehr Gesang verordnen. Denn es waren die altvertrauten, einfachen Melodien, die jeder mitsummen konnte, selbst, wenn er den Text nicht kannte. Ohrwürmer die bleiben - genauso wie die Bilder von der Monstranz mit dem Leib Christi im Weihrauch vor den alten Toren Petri.

Helle Bilder und Töne die bleiben, wenn die dunkle Nacht kommt. Eine würdige, schlichte einfache Liturgie, während im Hintergrund die vatikanischen Brunnen unaufhörlich leise vor sich hinplätscherten. Den goldumrahmten besetzten Bischofsstuhl am Altar hätte es eigentlich gar nicht gebraucht - dort wo alle doch eigentlich nur Gott die Ehre geben wollten. Aber die Nummer mit dem selbstverliebten Klerikalismus und unnötigen männlichen Personenkult hat Franziskus ja von Anfang an auf seiner Agenda. "Der Karneval ist vorbeit!" soll er im Angesicht roter Schuhe und Spitzengewändern gesagt haben. Er, der stetig bemüht ist, auch mit ausgetreten Schuhen das Evangelium allen, wirklich allen ("Tutti, Tutti ...") näher zubringen.

Vielleicht hilft ihm die Synode ja dabei, selbst wenn das einige alterprobte Zeremonienmeister im Vatikan nicht begeistern wird. Aber die sind Unruhe gewöhnt, seit dem der Mann "vom anderen Ende der Welt" hier seinen ganz eigenen Weg geht und den Laden immer mal wieder ein wenig aufmischt.

Beten für ein Gelingen der Synode (DR)
Beten für ein Gelingen der Synode / ( DR )

Ganz am Ende bleibt sowieso nur die Liebe. Die Liebe Gottes zu uns Menschen. Und Menschen, die aus Liebe zu diesem Gott Löcher in die Steine beten...

Ingo Brüggenjürgen 

Chefredakteur

Quelle:
DR
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