DOMRADIO.DE: Die Halbzeit der Synode ist erreicht. Wie sieht Ihr Zwischenfazit aus?
Prof. Dr. Thomas Söding (Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken / ZdK): Die Synode hat ihre Arbeit aufgenommen. Sie hat auch ein bisschen Tempo aufgenommen. Sie hält sich an die vorgegebenen Themen.
Zunächst einmal ging es um die grundlegende Orientierung. Jetzt werden wir Schritt für Schritt immer konkreter. Ich meine, dass die Synode im Grunde inzwischen schon von sich behaupten kann: 'Wir machen jetzt das, was heute dran ist.'
DOMRADIO.DE: Was ist denn angesagt?
Söding: Dieses Miteinander von Bischöfen und anderen, die nicht Bischöfe sind, auf dieser Weltebene zu üben. Ich glaube, dass wir jetzt über die ersten Trainingsstunden schon hinaus sind, und, dass sich da vieles schon eingespielt hat.
Es sind ja auch immer die Tischgruppen gewechselt worden. Man bleibt zwar in den Sprachzirkeln, aber man hat immer mit neuen Menschen zu tun. Das Prinzip hat sich schon bewährt und wir kommen jetzt langsam in die Inhalte.
DOMRADIO.DE: Bevor es ans Eingemachte geht, noch eine Frage zu den Tischgruppen: Haben sich diese Zirkel bewährt?
Söding: Also alle diejenigen, die an diesen Tischgruppen teilnehmen, sagen: 'Ja, das ist jetzt wirklich etwas Neues.' Es ist etwas, das von den Kirchen in Asien und in Lateinamerika gelernt und übernommen worden ist, ein vollkommen anderes Bild als dasjenige, was ich von früheren Synoden kenne.
Es ist auch sehr überzeugend, dass hier gemeinsam gesprochen werden kann. Am Anfang waren viele skeptisch: Geht das in dem Raum, wenn diese Tischgruppen sprechen? Heute wissen wir: Es geht. Von daher kann man immer noch hoffen, dass dieses bessere Miteinander dann auch zu einer Vertiefung der Inhalte beiträgt.
Ich sehe es jetzt als Theologe von dem Output her und würde sagen, dass da offensichtlich intensive Gespräche erfolgt sind. Einige Spitzen sind abgeschliffen worden, aber wenn die Gruppen gut sind, dann verschleiern sie jetzt nicht die Unterschiede, sondern machen sie in einer sehr fairen Art und Weise deutlich.
DOMRADIO.DE: Können Sie uns da vielleicht einmal ein Beispiel nennen?
Söding: Ja, es ist völlig klar, dass es zum Beispiel unterschiedliche Auffassungen gibt zu all den Themen, die sexualethischer Natur sind.
Wobei die Herausforderungen in Afrika – mit so einem Stichwort wie Polygamie – ganz andere sind als diejenige, die wir in Europa kennen. Man sah das schon außerhalb der Synode ganz deutlich, und in der Synode selber ist es nicht völlig anders, dass LGBTQ für einige doch ein rotes Tuch ist.
Andere hingegen erzählen, wie sich ihre eigene Einstellung geändert hat und wie es für sie nun selbstverständlich ist, dass diese Menschen nicht einfach nur Objekte einer besonderen Betreuung und Fürsorge sind, sondern dass sie eben selbstbewusste, selbständige Mitglieder der Kirche sind, die auch einmal anderen zeigen, wie Glauben geht.
DOMRADIO.DE: Besondere Fürsorge brauchen Frauen nicht, aber die wurden gestern auch thematisiert und waren ja auch selber dabei. Wie verändert so etwas eine Diskussion?
Söding: Ich würde schon sagen, dass es deutliche Veränderungen gibt. Das hat sich zum Beispiel gestern gezeigt, als zum ersten Mal die gesamte Synode von einer Frau geleitet worden ist. Das wäre in früheren Jahren nicht möglich gewesen: Frauen melden sich zu Wort, Männer melden sich auch zu Wort. Aber es ist kein Kampf der Frauen gegen die Männer.
Zur Thematik, welche Rolle Frauen spielen und welche Konsequenzen diese stärkere Rolle, die Frauen spielen müssen – diese Auffassung wird eigentlich unisono vertreten – für das Verhältnis von Amt und Gemeinde hat, kann ich im Moment noch nichts sagen.
Da können wir beim nächsten Mal drüber sprechen, weil es dann etwas deutlicher geworden sein wird. Erst einmal ist nur in den Kleingruppen gearbeitet worden.
DOMRADIO.DE: Gibt es da noch einen Punkt, wo Sie sagen, da müssten wir eigentlich noch besser werden?
Söding: Ich denke schon, dass die Frage der Fokussierung im Raum steht. Wozu gibt es jetzt eigentlich diese Synode? Die Synode bestätigt nun mehr oder weniger die Ergebnisse, die auf den Kontinentalversammlungen schon definiert und in dem sogenannten Instrumentum laboris, der Arbeitsgrundlage der Synode, niedergelegt worden sind.
Es wird jetzt immer deutlicher: Wir brauchen aber kein Instrumentum laboris 2.0, sondern wir brauchen jetzt eine ganz klare, problemorientierte Evaluation.
Danach brauchen wir dann die Markierung von Arbeitsfeldern, die dann von der diesjährigen Synode konkret bearbeitet werden müssen. Das Problem ist erkannt – die Lösung muss sich noch finden.
Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.