"Auch wenn die Situation an Schulen wie in Berlin-Neukölln nicht verallgemeinerbar ist, bin ich mir ziemlich sicher, dass jüdische Schülerinnen und Schüler seit Jahrzehnten nicht mehr so stark in Gefahr waren wie aktuell", sagte der hannoversche Soziologe im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Dass jüdische Eltern ihre Kinder aus Sorge vor Angriffen nicht mehr in die Schule schicken, ist vor diesem Hintergrund absolut nachvollziehbar."
Schulleitung müssen stärker Stellung beziehen
Die Zahl der antisemitischen Angriffe sei seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober sprunghaft gestiegen, sagte der Professor an der Hochschule Hannover. Stender forderte die Schulleitungen auf, deutlich Position für ein Existenzrecht Israels zu beziehen und ebenso deutlich die Terrorakte der Hamas zu verurteilen.
Halbwissen und Fake News nehmen zu
"Wenn über Israel gesprochen wird, sind viel Unwissen und Halbwissen im Spiel und noch mehr Fake News, Lügen und absichtliche Falschdarstellungen", beklagte er. "Das nimmt gerade jetzt wieder rasant zu." Dabei seien es keineswegs nur rechte oder bestimmte muslimische Milieus, die den Staat Israel dämonisierten. Gleiches
geschehe auch von links und aus der Mitte der Gesellschaft.
Kritik an "Fridays for Future"
Stender kritisierte in diesem Zusammenhang die jüngsten Äußerungen der internationalen "Fridays for Future"-Bewegung als "unsäglich". "Da wird israelbezogener Antisemitismus in ein pseudokritisches, postkolonial-antirassistisches Gewand gekleidet." Auf diese Weise wähnten sich die Israel-Kritiker dann auf der vermeintlich moralisch richtigen Seite der Unterdrückten, sagte der Wissenschaftler. "Diese Form von Antisemitismus ist leider ziemlich weit verbreitet, übrigens auch in manchen kirchlichen Kreisen."
"Fridays for Future International" hatte auf Instagram von einem "Genozid" gegen Palästinenser im Gaza-Streifen und von Israel als Apartheidstaat gesprochen.
Schnelles Einschreiten wichtig
Die Lehrerinnen und Lehrer seien gefordert, angesichts antisemitischer Vorfälle sofort einzugreifen, betonte Stender.
"Lehrer und Lehrerinnen müssen in der Lage sein, den Schülerinnen und Schülern zu erklären, was genau an ihrer Äußerung oder Handlung antisemitisch ist und warum dies keine Meinung, sondern ein Gewaltakt ist." Wenn ein solches Eingreifen nicht ausreiche, seien Sanktionen bis hin zu rechtlichen Ordnungsmaßnahmen unverzichtbar.
Aktuell gehe es aber vor allem um den Schutz von Jüdinnen und Juden auch an den Schulen, sagte Stender. "Was wir brauchen, auch in Niedersachsen, ist eine Taskforce gegen Antisemitismus, die die jüdischen Gemeinden aktiv und konkret schützt und professionell und systematisch gegen Antisemitismus vorgeht."