Der Berliner Dompropst Bernhard Lichtenberg sei einer der Wenigen gewesen, "die ihre Stimme erhoben, um gegen das Unrecht zu protestieren", erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Mittwoch in Bonn.
Gedenkveranstaltungen in ganz Deutschland
Am Donnerstag wird vielerorts in Deutschland an die von dem nationalsozialistischen Regime gelenkten und organisierten Ausschreitungen gedacht. Die zentrale Gedenkveranstaltung findet in Berlin statt. Bei den Novemberpogromen wurden nach unterschiedlichen Schätzungen vom 7. bis 13. November 1938 im damaligen Reichsgebiet zwischen 400 und 1.300 Menschen ermordet oder in den Suizid getrieben. Mehr als 1.400 Synagogen, Betstuben und sonstige Versammlungsräume sowie Tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe wurden zerstört. Rund 30.000 Juden wurden in Konzentrationslager verschleppt.
In der Vergangenheit habe die christliche Verkündigung "einen maßgeblichen Anteil an der Entstehung und Tradierung antijüdischer Einstellungen, die in Krisenzeiten nur allzu oft in Gewalt umgeschlagen sind", räumte der Bischof ein. Von diesem Antijudaismus habe sich die katholische Kirche im Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) und in den Jahrzehnten danach jedoch deutlich distanziert.
Kritik an aufflammenden Antisemitismus
Dessen ungeachtet werde auch 85 Jahre danach jüdisches Leben immer wieder bedroht, beklagte der Bischofskonferenz-Vorsitzende. "In den vergangenen Wochen mussten wir erleben, wie auf deutschen Straßen
über die Ermordung und Geiselnahme von Jüdinnen und Juden durch die Terrororganisation Hamas gejubelt und blanker Judenhass propagiert wurde", so Bätzing. Auf Internetseiten und in manchen Sozialen Medien fänden längst überwunden geglaubte antijüdische Verschwörungsmythen Verbreitung.
Auch im Alltag hielten sich hartnäckig judenfeindliche Vorurteile, fügte der Bischof von Limburg hinzu. "Manche Stereotype werden oft gedankenlos an die nächste Generation weitergegeben. Wie verletzend und zermürbend muss es für Jüdinnen und Juden sein, immer wieder mit denselben Zerrbildern, denselben Vorurteilen und denselben Vorwürfen konfrontiert zu werden und noch immer Angst um ihr Wohlergehen haben zu müssen."
Aufruf zu mehr Zivilcourage
Bätzing forderte eine größere Sensibilität "für alles, was Antisemitismus fördert". Zugleich rief er die Menschen in Deutschland auf, Zivilcourage zu zeigen. "Antisemitismus ist ein Angriff auf die universalen Werte unseres Zusammenlebens, ein Angriff auf die Würde des Menschen. Diese Werte im Alltag zu schützen, heißt, nicht wegzusehen, wenn Jüdinnen und Juden angegriffen werden, und nicht zu schweigen, wenn über sie gelästert wird."
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz bat Gemeinden, katholische Verbände und Bildungseinrichtungen, die kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Religionslehrkräfte, sich gegen Antisemitismus zu engagieren und - wo immer möglich - das Gespräch mit jüdischen Gemeinden zu suchen. "Für die katholische Kirche in
Deutschland sage ich: Wir werden uns mit allen Mitteln als Kirche gegen jede Form des Antisemitismus stemmen. Nie wieder sollen Juden in Deutschland angefeindet und bedroht werden. Nie wieder! Das muss uns bleibende Verpflichtung und mahnender Auftrag sein."