DOMRADIO.DE: Der Elisabethpreis ging gestern Abend am Dienstag an die Gemeinde Sankt Elisabeth in Bonn. Das Projekt heißt "Begegnungscafé und Formularhilfe". Was passiert da genau? Und warum bekam diese Initiative den ersten Preis?
Thomas Hoyer (Vorstandsvorsitzender der Caritasstiftung): Ja, es ist eine ökumenische Initiative in Bonn, ein Begegnungscafé, das es schon seit vielen Jahren gibt. Es zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass unheimlich viele Angebote für hilfebedürftige Menschen angeboten werden.
Das beginnt bei der Begleitung und Unterstützung bei der Job- und Wohnungssuche und endet bei der Unterstützung beim Schreiben von Bewerbungen oder auch Formularen ausfüllen.
Das hört sich erst mal etwas sperrig an, aber gerade für Menschen, die aus anderen Ländern kommen oder die sich nicht so gut in unseren Systemen auskennen, ist das einfach eine tolle Hilfe, wenn dort Menschen sind, die sie beim Ausfüllen von Formularen unterstützen.
DOMRADIO.DE: Okay, aber es ist wahrscheinlich nicht so gedacht, dass ich mit meinem Schuhkarton und meinen Steuerunterlagen da hinkomme...?
Hoyer: Das wäre wahrscheinlich nicht ganz so gedacht. Aber es ist tatsächlich ein ganz offenes Angebot - also nicht nur für Menschen mit Fluchterfahrung, die bei uns sind, sondern es ist offen für Menschen aller Generationen, die dort entsprechend Hilfe bekommen.
Das Projekt ist total nachhaltig, weil es das schon seit vielen Jahren gibt, auch über die Pandemie hinaus. Es ist ein tolles ökumenisches Angebot in Bonn.
DOMRADIO.DE: Es gibt es eine Sonderkategorie "Jung und Engagiert" - den ersten Preis hier hat die katholische Junge Gemeinde im Erzbistum Köln für ihr Projekt "Kinderstadt" bekommen. Kinder simulieren hier Demokratien in ihrer eigenen Stadt - kann man sich das so vorstellen?
Hoyer: Ja. Stellen Sie sich einfach eine große Turnhalle mit ganz vielen Kindern vor. Die bauen dort eine Stadt - da gibt es ein Rathaus, Feuerwehr, eine Müllabfuhr, eine Pizzabäckerei - und eben auch Geld. Es werden dort Bürgermeister gewählt, die haben ihr eigenes Parlament.
Und so lernen die Kinder Demokratie und wie eine Stadt und wie das Leben miteinander funktioniert. Dass es Geld braucht, um bestimmte Dinge anzustoßen.
Bei diesem Projekt nehmen ganz, ganz viele Kinder, um die 200, im Alter von 8 bis 12 Jahren teil. Es helfen gut 100 Ehrenamtliche und stellen das alles auf die Beine. Es ist ein wirklich besonderes vorbildhaftes Projekt, das an unterschiedlichen Standorten durchgeführt werden kann.
DOMRADIO.DE: Jetzt gab es viele andere Nominierte und Bewerber, die alle auf ihre Weise kreative Lösungen für gesellschaftliche Probleme suchen. Wie wählen Sie da aus?
Hoyer: Es gibt eine siebenköpfige, unabhängige Jury, bei der alle Anträge eingehen. Wir hatten tatsächlich recht viele, um die 60, Bewerbungen in diesem Jahr. Da werden unterschiedlichste Kriterien angelegt.
Ist etwas besonders innovativ und vorbildhaft, so dass man sagen würde, es wäre schön, wenn es auch Nachahmer finden würde? Oder ist es besonders nachhaltig und wirksam, dass Hilfen teilweise seit zehn, 20 Jahren funktionieren und sich dort Ehrenamtliche engagieren?
DOMRADIO.DE: Wir leben in einer Zeit mit zahlreichen Krisen: Kriege, Inflation, ein zunehmend raues gesellschaftliches Klima. Führt es dazu, dass sich weniger Menschen sozial und ehrenamtlich engagieren, weil sie mit ihren eigenen Problemen beschäftigt sind?
Hoyer: Das beobachten wir tatsächlich nicht. Es gibt weiterhin unheimlich tolles Engagement und wir wollen mit dem Elisabethpreis gerade auch solches Engagement auszeichnen und damit auch zeigen, dass es das gibt.
Es ist notwendiger denn je, dass man sich engagiert. Und es finden sich weiterhin viele Menschen, die das tun. Aber das ist nicht selbstverständlich. Letztlich sagen alle Ehrenamtlichen, die sich engagieren: "Wir tun was; wir stecken viel Zeit rein, aber wir bekommen auch etwas zurück".
Der Dank der Menschen und zu sehen, dass man etwas Sinnvolles macht, hat früher getragen, das trägt auch heute noch. Wir sehen es gerade an den jungen Menschen. Es gibt viel Nachwuchs, viele engagierte Menschen. Also da mache ich mir eigentlich keine Sorgen.
Das Interview führte Tobias Fricke.