Lasker-Schüler bat Papst Pius XII. um Rettung Mussolinis

Der "Duce" als "Indianerfreund"

Else-Lasker Schüler hatte in einem Brief an Papst Pius XII. um Hilfe für Benito Mussolini gebeten. Der Faschistenführer galt der Autorin als "Indianerfreund". Die vom NS-Staat verfolgte Deutsch-Jüdin stand in Kontakt mit dem "Duce".

Eine deutsche Briefmarke aus dem Jahr 1975 zeigt die Schriftstellerin Else Lasker-Schüler / © Boris15 (shutterstock)
Eine deutsche Briefmarke aus dem Jahr 1975 zeigt die Schriftstellerin Else Lasker-Schüler / © Boris15 ( shutterstock )

Else Lasker-Schüler, von den Nazis verfolgte deutsch-jüdische Schriftstellerin, hat sich im Sommer 1942 in einem Brief an Papst Pius XII. für die "Rettung" des italienischen Diktators Benito Mussolini eingesetzt. 

"Dieses Schreiben war bislang unbekannt und wurde kürzlich im Apostolischen Archiv des Vatikans entdeckt", schreibt der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf am Mittwoch in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Dichterin befürchtete Sturz Mussolinis

Eine Briefmarke aus dem faschistischen Italien zeigt Benito Mussolini neben Adolf Hitler / © withGod
Eine Briefmarke aus dem faschistischen Italien zeigt Benito Mussolini neben Adolf Hitler / © withGod

Konkret ersuchte Lasker-Schüler (1869-1945) den Papst in dem Schreiben, – auch wenn das politisch absolut inopportun sein sollte –, Italien und vor allem ihren "Indianerfreund", den Duce, zu retten. Indianerfreundschaft sei dabei eine Umschreibung für unverbrüchliche Treue, die Lasker-Schüler immer wieder verwendet habe, auch für andere Personen, schreibt Wolf. 

Die Dichterin befürchtete offenbar den Sturz Mussolinis und die Machtübernahme der Deutschen in Italien - Ereignisse, die bald eintreten sollten.

Keine Informationen über päpstliche Antwort

Der Brief, den die Dichterin am 23. Juni 1942 aus Jerusalem nach Rom geschickt hatte, sei dem Papst offenbar so wichtig gewesen, dass er ihn in seinem Privatarchiv abgelegt habe, so der Kirchenhistoriker, der seit Jahren in den Vatikanischen Archiven zu Pius XII. forscht. Ob es eine Antwort gegeben habe, sei unklar.

"Dieser Fund zeigt: Die Dokumente aus dem Pontifikat von Pius XII., Papst von 1939 bis 1958, die seit März 2020 der Forschung zugänglich sind, halten immer wieder Überraschungen bereit", betont Wolf.

Papst Pius XII. spricht mit weit ausgebreiteten Armen am 13. August 1943 zu der Menschenmenge im römischen Stadtviertel Tuscolano, nach Beendigung der alliierten Bombardements auf die Stadt / © Osservatore Romano/Romano Siciliani/KNA (KNA)
Papst Pius XII. spricht mit weit ausgebreiteten Armen am 13. August 1943 zu der Menschenmenge im römischen Stadtviertel Tuscolano, nach Beendigung der alliierten Bombardements auf die Stadt / © Osservatore Romano/Romano Siciliani/KNA ( KNA )

Nach seinen Angaben hielt die jüdische Schriftstellerin über Jahre Kontakt zu Mussolini, der allerdings seit 1938 mehrere antisemitische Rassegesetze in Italien erließ. 

Treue zu "Indianerfreund" trotz Rassegesetzen

Lasker-Schüler habe Mussolini mehrfach eigene Werke geschickt, die er offenbar wenigstens zum Teil gelesen habe. 

Der Duce habe sie mehrfach nach Rom eingeladen, ein persönliches Treffen sei aber nie zustande gekommen. 

Bei aller Kritik an der antisemitischen Wende Mussolinis habe Lasker-Schüler dem Duce die sprichwörtliche Indianertreue gehalten, weil sie ihn zu kennen glaubte, wie er eigentlich sei, schreibt Wolf.

Kongress zur Rolle von Pius XII. in der NS-Zeit

Neue Dokumente und Archivfunde zur Rolle von Papst Pius XII. während NS-Zeit und Zweitem Weltkrieg sind in dieser Woche Thema einer internationalen Fachtagung an der Päpstlichen Gregoriana-Universität in Rom. Experten und Institutionen diskutieren von Montag bis Mittwoch über Entdeckungen, die sie seit der Öffnung der Vatikan-Archive aus dem Pontifikat des Pacelli-Papstes (1939-1958) im März 2020 ausgewertet haben.

Die Päpstliche Universität Gregoriana in Rom / © Romano Siciliani (KNA)
Die Päpstliche Universität Gregoriana in Rom / © Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA