Thüringen stoppt Abschiebung von Jesiden in den Irak

Prekäre Lage in Siedlungsgebieten

Thüringen setzt alle Abschiebungen von Frauen und Minderjährigen jesidischer Volkszugehörigkeit in den Irak aus. Die Regelung gelte zunächst bis April dieses Jahres, teilte das Büro der Thüringer Migrationsbeauftragten mit.

Jesiden protestieren in Bielefeld (epd)
Jesiden protestieren in Bielefeld / ( epd )

Viele Jesidinnen und Jesiden in Deutschland lebten insbesondere seit dem Migrationsabkommen des Bundes mit dem Irak in der täglichen Angst, abgeschoben zu werden.

Asylanträge vieler jesidischer Geflüchteter werden negativ beschieden

Der Bundestag habe zwar Anfang 2023 einstimmig die systematische Verfolgung und Ermordung von Jesidinnen und Jesiden im Nordirak durch die Terrormiliz "Islamischer Staat" als Genozid anerkannt. Dennoch werde der Asylantrag vieler jesidischer Geflüchteter negativ beschieden, weil die individuelle Verfolgungssituation als nicht ausreichend gewertet werde, sagte die Beauftragte Mirjam Kruppa.

Seit dem massenhaften Morden und der Vertreibung jesidischer Familien seien nur knapp zehn Jahre vergangen. Auch wenn der "Islamische Staat" zurückgedrängt worden sei, zeige sich die Lage in den ursprünglichen jesidischen Siedlungsgebieten nach wie vor als prekär. Kruppa forderte die Bundesregierung auf, den jesidischen Geflüchteten aus dem Irak einen sicheren Aufenthaltsstatus zu gewähren.

Das Jesidentum ist eine monotheistische Religion ohne Prophet und ohne heiliges Buch. Jesiden glauben an einen allmächtigen Schöpfer, den sie Ezda oder Hoda nennen. In ihren Hauptsiedlungsgebieten Irak,
Syrien, der Türkei und dem Iran werden sie von der islamischen Bevölkerungsmehrheit zum Teil als Ketzer verfolgt.

Jesiden

Das Jesidentum ist eine monotheistische Religion, deren Wurzeln bis 2.000 Jahre vor Christus zurückreichen. Sie nahm Glaubenselemente, Riten und Gebräuche westiranischer und altmesopotamischer Religionen sowie von Juden, Christen und Muslimen auf. 

Jeside wird man ausschließlich durch Geburt, beide Elternteile müssen der Religionsgemeinschaft angehören. Niemand kann übertreten oder bekehrt werden. Bei Ehen mit Nicht-Jesiden verlieren Gläubige ihre Religionszugehörigkeit.

Irak, Lalish: Eine Frau entzündet ein Feuer im Shekadi-Schrein während der Feierlichkeiten des Sommer-Arbaeen-Eids / © Ismael Adnan (dpa)
Irak, Lalish: Eine Frau entzündet ein Feuer im Shekadi-Schrein während der Feierlichkeiten des Sommer-Arbaeen-Eids / © Ismael Adnan ( dpa )
Quelle:
epd