Liminski setzt im Kölner Dom Friedenszeichen für die Ukraine

"Religion muss Frieden stiften"

Der CDU-Politiker Nathanael Liminski wird an diesem Samstag gemeinsam mit anderen eine Kerze als Zeichen für den Frieden in den Kölner Dom tragen. Es sei wichtig, die Ukraine weiter zu unterstützen und an Freiheit zu glauben, sagt er.

Symbolbild Kerzen werden im Kölner Dom angezündet / © Julia Steinbrecht (KNA)
Symbolbild Kerzen werden im Kölner Dom angezündet / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie werden am Samstag zusammen mit anderen Politikerinnen und Politikern eine große Kerze mit der Aufschrift “Gegen Terror” in den Dom tragen. Ist es für Sie zu fassen, dass dieser Angriffskrieg Russlands schon zwei Jahre lang andauert? 

Nathanael Liminski / © Marius Becker (dpa)
Nathanael Liminski / © Marius Becker ( dpa )

Nathanael Liminski (Europaminister und Chef der Staatskanzlei NRW): Nein. Es ist tatsächlich für mich auch so, dass ich kaum glauben kann, dass wir nun ins dritte Kriegsjahr gehen. Damals, im Februar 2022, war für mich auch völlig unerklärlich, dass Wladimir Putin diesen Angriff wagt. Es haben viele gesagt, dass er das niemals tun würde, weil es so offenkundig wahnsinnig ist und Russland in die Isolation sowie die Ukraine in die Zerstörung führt. Aber trotzdem hat er es gemacht. 

Dieser Wahnsinn hält nun schon seit zwei Jahren an, für die Ukraine im Übrigen seit zehn Jahren. Durch die Besetzung der Krim hat der Terror aus Russland da schon begonnen. Das müssen wir uns immer wieder vor Augen führen, wenn wir Solidarität stiften, wenn wir Solidarität leben. Aber vor allen Dingen beginnt das erst mal damit, auch Empathie zu haben und sich in die Lage der Menschen in der Ukraine und auch der Menschen, die zu uns kommen, um hier eine sichere Zuflucht zu haben, hineinzuversetzen. 

Nathanael Liminski

"Es geht um unsere Freiheit. Nur wenn wir frei sind, können wir auch in Frieden leben."

DOMRADIO.DE: Als Europaminister sind Sie vergangenes Jahr in die Ukraine gereist. Sie haben zerstörte und auch schon wieder aufgebaute Orte gesehen. Sie haben Gespräche geführt. Seitdem hat sich gefühlt wenig getan. Wo steht dieser Konflikt gerade? 

Liminski: Wir sind in der Tat in die Situation gekommen, die viele vorhergesagt haben. Es gibt nämlich einen brutalen Abnutzungskrieg. Es ist ein Stellungskrieg, in dem sich auf dem Kriegsgebiet selbst wenig bewegt, aber jeden Tag hunderte Soldaten, wenn nicht Tausende, sterben, Dörfer zerstört werden, Städte zerstört werden und Infrastruktur zerstört wird. Das ist die Situation in der Ukraine. Die ist sehr bedrückend.

Als ich im April letzten Jahres da war, war das auch schon so. Ich habe damals die Bürgermeister, die Pfarrer, die Bürger und die Soldaten immer wieder gefragt, woher sie diese Kraft nehmen, jeden Morgen aufzustehen und diesen “David gegen Goliath”-Kampf durchzuhalten? Die Antwort war unabgestimmt an jedem dieser Orte, die ich besucht habe, gleich: "Es geht um unsere Freiheit. Nur wenn wir frei sind, können wir auch in Frieden leben."

Gottesdienstteilnehmer zünden Kerzen an im Kölner Dom zu Mariä Lichtmess / © Julia Steinbrecht (KNA)
Gottesdienstteilnehmer zünden Kerzen an im Kölner Dom zu Mariä Lichtmess / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Welchen Beitrag kann Nordrhein-Westfalen leisten? 

Liminski: Nordrhein-Westfalen kann eine ganze Menge tun. Mehr als wir wahrscheinlich oft denken. Wenn man mit den Menschen in unserer Partner-Region Dnipropetrowsk spricht, dann ist die Botschaft immer wieder gleich. Denn wenn man meint, dass die Beiträge aus Nordrhein-Westfalen angesichts dieser epochalen Katastrophe, dieses gigantischen Ausmaßes der Zerstörung vielleicht klein sein mögen, dann ist das ein Irrglaube. Denn mit jeder Lieferung, die dort ankommt, ist immer auch die Botschaft verbunden, dass man an die Menschen dort glaubt und denkt. Man glaubt daran, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt. Und man glaubt an eine gemeinsame Zukunft in Freiheit. 

Zerstörte Kirche in der südlichen Ukraine / © Drop of Light (shutterstock)
Zerstörte Kirche in der südlichen Ukraine / © Drop of Light ( shutterstock )

Das ist das, was uns jeden Tag in einer Landesregierung motiviert, in der alle Fachministerien mitarbeiten. Wir haben in Nordrhein-Westfalen viele zivilgesellschaftliche Gruppierungen, Institutionen und Einrichtungen, die auch im dritten Kriegsjahr nicht nachlassen, der Solidarität ein Gesicht, eine Stimme, aber auch Hände zu geben und tatkräftig mit anzupacken. Zum einen dadurch, dass wir die Geflüchteten in Nordrhein-Westfalen aufnehmen. Wir haben über 230.000 Ukrainerinnen und Ukrainer in Nordrhein Westfalen aufgenommen. Das ist sehr viel mehr als manches europäisches Mitgliedsland. 

Nathanael Liminski

"Wir glauben daran, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt. Und wir glauben an eine gemeinsame Zukunft in Freiheit."

Das andere ist die Hilfe vor Ort in der Ukraine. Ich habe es gerade eben erwähnt, wir sind eine Partnerschaft eingegangen, um unsere Hilfe zu bündeln, damit diese effektiver ist. Diese Partnerregion ist Dnipropetrowsk, die nah an der Front liegt. Sie ähnelt Nordrhein-Westfalen dahingehend, dass sie eine starke Industrie hat.

Aber diese Region braucht vor allen Dingen Hilfe. Dort sind alleine über 400.000 Binnenflüchtlinge. Die Versorgung von Verwundeten muss dort geleistet werden. Das ist der Grund, warum wir unsere Hilfe, wie Krankenhausbetten, medizinische Güter, Laptops für die Kinder für den Fernunterricht oder Stromgeneratoren dort konzentrieren.

Nathanael Liminski

"Ich kenne viele Helferinnen und Helfer, die das auch aus einer christlichen Motivation heraus machen."

DOMRADIO.DE: Ist das für Sie auch eine christliche Verantwortung?

Liminski: Religion ist zum Besten für den Menschen da. Religion muss vor allem Frieden stiften. Religion zeigt erst einmal auch den Blick auf den Menschen. Das gilt auch fernab der Religion des Anderen, des Gegenübers. Insofern spielt Religion sicherlich in dieser Hilfe unbedingt eine Rolle.

Ich kenne viele Helferinnen und Helfer, die das auch aus einer christlichen Motivation heraus machen. Auch für mich ist es Teil meiner Motivation, diese Welt zum Besseren zu verändern. Das ist ja die Botschaft des Christentums, nicht aufs Jenseits zu vertrösten, sondern seinen Beitrag selber zu leisten, dass diese Welt menschlicher wird.

Das muss jeder an seiner Stelle, jeder an seinem Ort, jeder mit seinen Möglichkeiten und vor allen Dingen dann tun, wenn es darauf ankommt. Nicht nur dann, wenn das Wetter schön ist, sondern dann, wenn die Situation, so wie jetzt in der Ukraine, sehr bedrückend ist. 

Das Interview führte Verena Tröster.

Deutschland beherbergt die meisten Ukraine-Flüchtlinge in der EU

Die Zahl der Kriegsvertriebenen aus der Ukraine mit temporärem Schutzstatus in der EU hat wieder die Marke von vier Millionen überschritten. Fast drei von zehn fanden Aufnahme in Deutschland, wie das europäische Statistikamt Eurostat (Mittwoch) in Luxemburg mitteilte. Demnach beherbergte die Bundesrepublik zum Stichtag 30. Juni über 1,1 Millionen Ukrainer und andere Drittstaatsangehörige, die vor dem Krieg geflohen sind, mehr als jedes andere EU-Land.

Anastasiia Kramarenko, Geflüchtete aus der Ukraine, mit ihrem Baby auf dem Schoß und ihrem Sohn daneben in ihrer Unterkunft im Aloisiuskolleg in Bonn am 6. Dezember 2022. / © Julia Steinbrecht (KNA)
Anastasiia Kramarenko, Geflüchtete aus der Ukraine, mit ihrem Baby auf dem Schoß und ihrem Sohn daneben in ihrer Unterkunft im Aloisiuskolleg in Bonn am 6. Dezember 2022. / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
DR