Im Bamberger Dom wird in einer kleiner Seitenkapelle ein besonderes Relikt verehrt: Gehalten von zwei Engeln können Gläubige dort einen Nagel vom Kreuz Christi verehren. Mindestens seit dem Jahr 1390 ist der Bamberger Domschatz im Besitz dieses heiligen Nagels; das belegt eine Rechnung aus diesem Jahr.
Die Reliquie, die vor allem im Mittelalter hoch verehrt wurde, soll in Bamberg mehrere Wunder bewirkt haben: So wird erzählt, dass ein Bauernsohn, der blind zur Welt gekommen war, nach einer Berührung mit dem heiligen Nagel sehen konnte. In einem sogenannten Mirakelbuch, das vom Domkapitel seit dem Jahr 1652 geführt wird, sind zahlreiche solcher Wundertaten aufgeführt.
Splitter, Lanze und Schild
Der heilige Nagel ist eine besondere Christusreliquie, da er in außerordentlicher Weise mit Christus in Berührung gekommen ist. Dazu zählen noch einige andere Gegenstände aus der Passion Jesu: Neben Splittern des Kreuzes sind das etwa die heilige Lanze oder das Schild, das über dem Haupt Jesu angebracht war. Es trug die Inschrift INRI – Jesus von Nazareth, der König der Juden. Eine ganze Reihe solcher Reliquien aus der Passion Jesu kursiert weltweit.
Die heiligen Nägel sollen einst – so will es die Legende – zusammen mit dem Kreuz in Jerusalem vergraben worden sein. Erst Helena, die Mutter des Kaisers Konstantin, entdeckte es im Jahr 325: Ein heller Lichtkegel soll Helena zum Kreuz Christi hingeführt haben. Daneben fand die Kaisermutter schließlich auch die Nägel und andere Gegenstände, die bei der Kreuzigung verwendet worden waren. Die Nägel sowie den größten Teil des Kreuzes sandte sie nach Rom, zu ihrem Sohn, dem Kaiser Konstantin.
Zusammenhang nicht sicher
Was die heiligen Nägel angeht, sind heute mindestens zwischen 30 und 35 Nägel im Umlauf. Verehrt werden sie zum Beispiel im Dom von Monza, wo eine Eisenkrone ausgestellt ist, in die ein Kreuzesnagel eingearbeitet worden sein soll. Auch im Mailänder Dom, in der Kirche Santa Croce in Gerusalemme in Rom sowie im Trierer Dom und in der Schatzkammer in Wien werden heilige Nägel verehrt.
Ob sie wirklich echt sind, also ob sie wirklich im Zusammenhang mit dem Kreuz Christi stehen, ist freilich nicht sicher. Eisen, so heißtes, sei in der Antike ein ziemlich teurer und seltener Werkstoff gewesen. Bei Kreuzigungen – einer damals üblichen Hinrichtungsmethode – habe man daher wahrscheinlich eher auf Nägel aus Holz zurückgegriffen. Diese These kann man heutzutage allerdings nur schwer beweisen, da Holz der Verrottung anheimfällt.
Die heilige Lanze in Nürnberg
Zusammen mit heiligen Nägeln wird häufig ein weit kostbarerer Gegenstand verehrt: die heilige Lanze. Mit ihr soll der Hauptmann jener Soldaten, von denen die Bibel berichtet, in die Seite Jesu gestochen haben, um sicherzugehen, dass er tot sei. Erst fast 1.000 Jahre nach der Kreuzigung Jesu wurde bekannt, dass König Heinrich I. die Lanze im Jahr 926 von einem burgundischen König erworben habe. Schon damals hieß es: Wer die heilige Lanze in einem Kriegszug mitführt, ist für die Feinde unbesiegbar. Später erzählte man sich die Geschichte, Kaiser Konstantin habe die Lanze einem römischen Legionär geschenkt, dem heiligen Mauritius.
Im 13. Jahrhundert kam der Lanze besondere Bedeutung zu: Durch den Papst ließ man bestätigen, dass es die Lanze jenes römischen Hauptmannes aus der Passion Jesu sei, in die zusätzlich ein Nagel vom Kreuz Christi eingearbeitet wurde. Im Jahr 1424 kam die heilige Lanze durch Kaiser Sigismund nach Nürnberg, wo sie fortan aufbewahrt wurde. Dort zog sie zahlreiche Pilger an.
Kurzes Intermezzo
Erst 1800 ließ Kaiser Franz II. die Reichsinsignien – darunter die heilige Lanze – in die Wiener Hofburg bringen. Er fürchtete, Napoleon könne den Anspruch des Kaisers erheben, wenn er in Besitz der Reichsinsignien käme.
Ein kurzes Intermezzo in Nürnberg erfuhr die heilige Lanze während der NS-Zeit: Adolf Hitler ließ die Reichskleinodien 1938 aus Wien wieder zurückbringen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die Reichsinsignien 1946 als Beutegut wieder an die Wiener Schatzkammer zurückgegeben. Dort ist die heilige Lanze bis heute zu sehen.