"Wenn es diese Partnerschaft nicht gäbe, wären wir heute nicht hier." Schwester Theresia aus Düsseldorf lebt gefühlt eine halbe Ewigkeit im Erzbistum Köln, genau genommen seit 45 Jahren, wie sie erklärt. Denn als 1954 die damaligen Erzbischöfe Josef Frings und Peter Tatsuo Doi zwischen ihren beiden Bistümern eine Gebets- und Hilfspartnerschaft, die von gegenseitigem Geben und Nehmen geprägt sein sollte, aus der Taufe hoben, kamen auf Einladung des Kölner Kardinals japanische Ordensschwestern in die Diözese, um in Köln und Düsseldorf im Bereich der Kinder- und Seniorenbetreuung mitzuarbeiten.
1980 lösten diese erste japanische Kongregation dann die Miyazaki-Caritas-Schwestern von der Liebe Jesu ab, die vom Nachfolger Dois, Erzbischof Peter Shirayanagi, gefragt worden waren, ob sie sich nicht vorstellen könnten, dieses weltkirchliche Band weiter zu pflegen. Konkret bedeutete das, die bestehenden Einrichtungen, ein Studentinnenwohnheim in Köln und einen Kindergarten, einschließlich Sprachenschule, in der Düsseldorf-Mörsenbroicher Gemeinde St. Franziskus Xaverius weiterzuführen. Wobei es den Schwestern dabei immer auch darum ging, ihre Landsleute fernab der Heimat zu betreuen.
Eine "Gemeinschaft des Betens und gegenseitigen Sich-Helfens", so umriss der Kölner Kardinal Josef Frings damals wörtlich das Ziel dieser Partnerschaft. Ganz bewusst wollte er in den Zeiten des deutschen "Wirtschaftswunders" keine Einweg-Patenschaft, sondern eine partnerschaftliche Gemeinschaft zwischen den Erzbistümern Köln und Tokio. Heute würde man sagen: auf Augenhöhe. In einem ersten Brief hatte er damals an Mitbruder Doi geschrieben: "Hoffen wir doch, dass die überraschende Fülle der Priester- und Ordensberufe in Japan auf unsere Jugend wie ein hinreißendes Beispiel wirkt. Wir bitten auch um die Gebetshilfe des Erzbistums Tokyo in diesem unserem Anliegen um Priester- und Ordensnachwuchs."
Dankbar für 70-jährige Gebets- und Hilfsgemeinschaft
Aus Anlass des aktuellen Besuchs von Erzbischof Tarcisio Isao Kikuchi und seines ehemaligen Generalvikars Yasuaki Inagawa aus dem Erzbistum Tokio hat Rainer Maria Kardinal Woelki am dritten Ostersonntag im Kölner Dom mit den Gästen aus der japanischen Hauptstadt ein Pontifikalamt im Kölner Dom gefeiert. Dabei erinnerte er noch einmal an die Anfänge dieser 70-jährigen "Gebets- und Hilfsgemeinschaft" und erklärte, dass es nach sieben Jahrzehnten allen Grund gebe, voller Dankbarkeit auf diese Initiative zurückzuschauen und diese weltkirchliche Verbindung eher noch zu intensivieren. Von daher sei dies ein besonderer Tag mit besonderen Gästen, so Woelki wörtlich.
Eigens begrüßte er den Düsseldorfer Schwesternkonvent, aber auch den jungen Priester Naoki Kumasaka aus der japanischen Delegation, der in einer vom Erzbistum Köln in Tokio gebauten Kirche getauft und gefirmt worden war und später hier auch seine Berufung zum Priestertum entdeckt hat. Und der Kardinal begrüßte Pater Adalbert Dabrowski, gebürtig aus Polen und Pfarrvikar in St. Franziskus Xaverius, der inzwischen Japanisch gelernt habe und die Arbeit der Schwestern am Ort tatkräftig unterstütze, wie der Erzbischof berichtete. Sie alle bildeten den Brückenkopf in das ferne Japan, stellte Woelki dankbar fest.
Kollekte des "Tokyo-Sonntags" unterstützt Partner-Bistum
Nach außen sichtbar wird die Idee dieser Partnerschaft in jedem Jahr am sogenannten "Tokyo-Sonntag", der in Köln zuletzt am 28. Januar gefeiert wurde und sich damit zum 70. Mal jährte. Lange Zeit floss dessen Kollekte in Unterstützungsprojekte der Kirche in Tokio, da die katholische Kirche in Japan nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst auf solche Zuwendungen angewiesen war. Außerdem stellen die Katholiken in diesem asiatischen Land bis heute nur eine kleine Minderheit dar.
Auf dem Gebiet des Erzbistums Tokio leben etwa 19 Millionen Menschen, doch nur etwa 96.000 davon – gerade mal 0,5 Prozent der Einwohner – sind katholisch. Geographisch erstreckt sich das Erzbistum auf die japanischen Präfekturen Tokio und Chiba. Auch wenn das Christentum in Japan nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst einen bemerkenswerten Aufschwung erlebte – denn zum ersten Mal waren die Christen hier wirklich frei, im vorangegangenen Jahrhundert hatte es sogar ein Verbot ihrer Religion gegeben – ist es bei dieser Diaspora-Situation bis heute geblieben. Weniger als ein Prozent der 125 Millionen Japaner bekennen sich zum katholischen Glauben.
Tokio-Partnerschaft diente als Vorbild weltweit
Mit ihren alljährlichen Sammlungen trugen die Kölner Katholiken unter anderem maßgeblich in den zurückliegenden Jahrzehnten zum Ausbau der katholischen Sophia-Universität in Tokio bei, aber auch zur Errichtung der Marien-Kathedrale des Erzbistums und anderer kirchlicher Einrichtungen.
Und immer wurden diese Zuwendungen von gegenseitigen persönlichen Besuchen begleitet, eben um zu betonen, dass vor allem auch der Austausch zwei so unterschiedlicher Herkunftskulturen vom direkten Dialog lebt – und dem Wissen des einen um den anderen, während die Klammer die gemeinsame Glaubensüberzeugung bildet.
Bei der ersten Tokyo-Kollekte Weihnachten 1954 hatten die Katholiken im Erzbistum Köln allein rund 300.000 Mark gespendet – außerdem fünf Eisenbahnwaggons voller Hilfsgüter. Die einst ins Leben gerufene Partnerschaft diente später als Vorbild für zahlreiche Bistumspartnerschaften auf der ganzen Welt.
Erzbistümer Köln und Tokio helfen in Myamar
Verstärkt engagieren sich mittlerweile beide Erzbistümer für die Ortskirche in Myanmar, wo die Christen verfolgt werden und seit dem Militärputsch die ehemals burmesische Bevölkerung auf materielle Hilfen aller Art dringend angewiesen ist. Denn Myanmar – auch dort leben nur etwa ein Prozent Katholiken – ist eines der ärmsten Länder der Welt.
Aufgrund dieser Solidarität haben sich inzwischen regelmäßige Besuche und Gegenbesuche in diesen drei Ländern etabliert, um auch so diese neu ausgerichtete Partnerschaft zu beleben. Aktuell helfen beide Erzbistümer mit beim Aufbau eines nationalen Priesterseminars in Yangon. Gemeinsam führen sie außerdem seit vielen Jahren eine Kollekte zugunsten der Priesterausbildung in Myanmar durch.
Die Partnerschaft zwischen Köln und Tokio – das war auch beim jüngsten Besuch wieder deutlich zu sehen – liegt nach wie vor beiden Bistümern am Herzen. 2019 besuchte Erzbischof Kikuchi, zu dessen Einführung Weihbischof Schwaderlapp nach Asien gereist war, zum ersten Mal das Erzbistum Köln. Damals informierte er sich unter anderem über den Pastoralen Zukunftsweg.
Diesmal steht auf der Agenda des Gastes vor allem die Jugendseelsorge. Dazu hatte es am Samstag einen Besuch und Gespräche in der Jugendbildungsstätte Haus Altenberg gegeben, und am Montag soll zwischen dem Brühler Ursulinen-Gymnasium und einer katholischen Schule in Tokio eine Schulpartnerschaft begründet werden. Außerdem werden Ende April zur Teilnahme am "Altenberger Licht" katholische Pfadfinder aus ganz Japan an der Dhünn erwartet.
Segen an den Gräbern der Kölner Erzbischöfe
Für das Geschenk dieser Partnerschaft dankte in einem Gebet am Ende des Gottesdienstes auch Markus Perger, im Generalvikariat Bereichsleiter für Mission, Entwicklung, Frieden. Wörtlich formulierte er: "Die Verschiedenheit unserer Kulturen hat uns alle bereichert. Der gemeinsame Glaube an dich, den Herrn über alle Welt, verbindet uns… Dein Heiliger Geist hat uns begleitet und wir bitten dich darum, dass er uns auch weiterhin die Augen öffne, um die Schönheit, aber auch das Leiden des anderen zu sehen und zu erspüren. Öffne unser Herz und rühre es an, dass Leid und Ungerechtigkeit uns nicht kalt lassen… Schenke uns die Kraft, zum Heil des andere beizutragen. Mache uns zu einem Zeichen der Hoffnung."
Nach dem Gottesdienst lud Kardinal Woelki seine japanischen Mitbrüder dazu ein, mit ihm unter dem Dreikönigenschrein herzuziehen und in der Gruft unter dem Vierungsaltar die Gräber der Erzbischöfe Frings, Höffner und Meisner zu segnen, für die diese Partnerschaft zeitlebens so wichtig gewesen war, dass sie sie sieben Jahrzehnte lang über die Kontinente hinweg mit Leben gefüllt hatten.