Kritik an Anti-Israel-Protesten bei Eurovision Song Contest

"Erschreckende Ereignisse"

Vom Eurovision Song Contest gingen nicht nur harmonische Töne aus. Antiisraelische Proteste, an denen auch die Klimaaktivistin Greta Thunberg teilnahm, haben in Deutschland zu Missstimmung und Kritik geführt.

Pro-palästinensische Demonstranten versammeln sich zu einem Protest gegen die Teilnahme der israelischen Teilnehmerin Eden Golan vor dem Finale des Eurovision Song Contest / © Martin Meissner (dpa)
Pro-palästinensische Demonstranten versammeln sich zu einem Protest gegen die Teilnahme der israelischen Teilnehmerin Eden Golan vor dem Finale des Eurovision Song Contest / © Martin Meissner ( dpa )

Die antiisraelischen Proteste beim Eurovision Song Contest (ESC) in Malmö sind in Deutschland auf massive Kritik gestoßen. 

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte dem Berliner "Tagesspiegel" (Sonntag online): "Dass eine israelische Künstlerin sich mitten in Europa nicht frei bewegen kann, in ihrem Hotel bleiben muss und nur unter Polizeischutz zum Auftritt kann, ist bezeichnend." Es sei erschreckend, dass sie dort auch noch ausgepfiffen worden sei.

Josef Schuster / © Harald Oppitz (KNA)
Josef Schuster / © Harald Oppitz ( KNA )

"An dem ESC wurde leider deutlich, wie weit wir in Europa schon gekommen sind", sagte Schuster. "Aber Eden Golan, die israelische Starterin, hat das unter diesen schwierigen Umständen sehr gut gemeistert." Ein großartiges Signal sei gewesen, dass sie nach Kroatien die zweitmeisten Publikumsstimmen bekommen habe.

"Unheilvolle Allianz"

Schuster nannte es einen Fehler, dass die Organisatoren Malmö als Ort für die Veranstaltung am Samstagbabend wählten. "Denn wenn es eine Stadt in Europa gibt, wo der Antisemitismus besonders ausgeprägt ist, dann ist das Malmö - und zwar völlig unabhängig von Israel." Hinzu komme ein hoher Anteil von Palästinensern; "das war eine eher unheilvolle Allianz".

Eden Golan aus Israel betritt die Bühne beim Finale des Eurovision Song Contest (ESC) 2024 in der Malmö Arena / © Jens Büttner (dpa)
Eden Golan aus Israel betritt die Bühne beim Finale des Eurovision Song Contest (ESC) 2024 in der Malmö Arena / © Jens Büttner ( dpa )

Auch die Klimaaktivistin Greta Thunberg, die bei den Protesten dabei war, kritisierte Schuster: "Sie diskreditiert ihr ursprüngliches Anliegen massiv und wird zum Aushängeschild einer Bewegung, die von Israel-Hass getrieben und in vielen Teilen auch antisemitisch ist."

Dem ARD-Moderator der Live-Übertragung hielt Schuster vor, Israel auf eine Stufe mit Russland und dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestellt zu haben. "Ich sage nicht, dass Israel alles richtig macht", so der Präsident. Aber bei der Bewertung dessen, was gerade in Gaza geschieht, könne man den 7. Oktober nicht ausklammern.

Protest gegen die israelische Kulturszene?

Auch der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, verurteilte "auf das Schärfste" die antiisraelischen Proteste beim ESC und die Boykottaufrufe gegen die israelische Sängerin Golan.

Die Klimaaktivistin Greta Thunberg wird von der Polizei während einer Protestkundgebung im Rahmen des Eurovision Song Contest abgeführt. / © Johan Nilsson/TT News Agency/AP (dpa)
Die Klimaaktivistin Greta Thunberg wird von der Polizei während einer Protestkundgebung im Rahmen des Eurovision Song Contest abgeführt. / © Johan Nilsson/TT News Agency/AP ( dpa )

"Es entspricht einem gängigen antisemitischen Muster, Israelis kollektiv in Haftung für Handlungen ihrer Regierung oder ihrer Armee zu nehmen, die sie oftmals selbst verurteilen", sagte Klein den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Hierunter leide gerade die progressive israelische Kulturszene erheblich.

"Dass die Klimaaktivistin Greta Thunberg an den fehlgeleiteten Demonstrationen teilgenommen hat, ist traurig, wenn auch nicht überraschend", so der Regierungsbeauftragte. "Sie sollte sich ebenso wie die Protestierer hierzulande klarmachen, dass sie an absolut falscher Stelle angreift." 

Israel

Kinder mit israelischer Flagge (shutterstock)

Israel ist Einwandererland, Schmelztiegel verschiedener Kulturen und Wiege zweier Weltreligionen. Ursprünglich agrarisch geprägt, hat sich das Land zu einer der führenden Hightech-Nationen der Welt entwickelt. Gleichzeitig ist die stark segmentierte Gesellschaft voller Gegensätze. Strengreligiöse treffen auf säkulare Israelis, europäischstämmige Juden auf jüdische Einwanderer aus arabischen Staaten, jüdische auf arabische Israelis.

Quelle:
KNA