DOMRADIO.DE: Wie haben Sie das Eröffnungsspiel miterlebt?
Schwester Katharina Hartleib OSF (fußballbegeisterte Olper Franziskanerin): Wir haben das zusammen mit unseren Mitschwestern geguckt. Ich gebe zu, dass ich bei Deutschland-Spielen furchtbar aufgeregt bin. Ehrlich gesagt gucke ich lieber die anderen Spiele. Ich kann nichts dafür, aber es packt mich dann so sehr.
Aber dadurch, dass das Eröffnungsspiel so erfolgreich war und für die deutsche Nationalmannschaft relativ früh die Führung kam, hat es mich dann auch ein bisschen beruhigt. Es war schon berauschend.
DOMRADIO.DE: Wie gefällt Ihnen die aktuelle deutsche Nationalmannschaft?
Hartleib: Ich bin erstaunt. Als wir diese Spiele im Frühjahr gesehen haben, erst die beiden erfolgreichen und dann aber die beiden letzten, da war ich nicht so begeistert. Wenn solche Testspiele schief gehen, weiß man ja, dass dann die schiefgegangene Generalprobe immer ein gutes Omen für ein gutes neues Spiel ist.
Die Mannschaft gefällt mir gut. Dieser Mix aus den Erfahrenen und aus den Jungen, ich glaube, das könnte gut werden.
DOMRADIO.DE: Wie erleben Sie die zwei sehr jungen Spieler? Florian Wirtz und Jamal Musiala sind beide gerade mal 21 Jahre alt. Beide haben beim Eröffnungsspiel Gas gegeben und je ein Tor geschossen.
Hartleib: Wir wussten ja, was sie können. In ihren Vereinen funktioniert das ja auch gut. Aber in der Nationalmannschaft ist das noch einmal was anderes. Da konnten sie es bis jetzt nicht so zeigen. Aber in diesem Schottland-Spiel ist das richtig aufgeblitzt.
Mir hat diese Beschreibung der Zauberfüßler gefallen. Das ist ein schönes Wort. Sie sind wirklich energischer geworden und sie trauen sich mehr. Ich glaube, das ist diese Zuversicht, die sie von den älteren Spielern kriegen, die ihnen auch den Rücken freihalten.
DOMRADIO.DE: Wie erleben Sie Trainer Julian Nagelsmann bislang?
Hartleib: Was man so von der Seitenlinie mitkriegt, wirkt er begeistert. Das merkt man ja sonst nicht so. Er lässt sich nicht so schnell ins Bockshorn jagen. Er wird die Begeisterung nicht dämpfen, aber er weiß auch, dass es nur das erste Spiel war.
DOMRADIO.DE: Die Ungarn haben ihre erste Partie gegen die Schweiz verloren und stehen sicherlich unter Zugzwang. Wie viel Druck ist da beim Spiel gegen Deutschland zu erwarten?
Hartleib: Man sagt ja nicht umsonst: Gegen Ungarn spielt man ungern. Sie sind eigentlich ein sehr gut sortierter und sehr energischer Spielpartner. Aber dadurch, dass sie verloren haben, haben mich die Ungarn total enttäuscht. Als ich die erste Halbzeit sah, dachte ich, was mit denen los ist. Jetzt stehen sie mit dem Rücken zur Wand. Jetzt müssen sie. Jetzt haben sie ihre eigenen Fehler gemerkt und sie wissen jetzt, wie die Deutschen spielen.
Ich glaube, wir werden eine andere ungarische Mannschaft sehen. Nicht von den Personen her, sondern eher von der Einstellung, jetzt gewinnen oder zumindest einen Punkt holen zu müssen. Auf ihnen liegt der Druck, nicht auf der deutschen Mannschaft.
DOMRADIO.DE: Wie schätzen Sie dann die deutschen Chancen im Spiel gegen Ungarn ein?
Hartleib: Die schätze ich schon gut ein. Sie wissen genau, dass Ungarn der nächstschwerere Gegner ist. Es war vorher klar, dass die Schotten zwar robust sind, aber spielerisch nicht die Möglichkeiten haben. Ungarn hat die eigentlich. Aber ich denke, dass die deutsche Mannschaft mehr spielerische Möglichkeiten hat. Und die werden Sie nutzen.
DOMRADIO.DE: Ihr Tipp für die Partie Deutschland gegen Ungarn?
Hartleib: Hmmm. Ich glaube, es wird enger. Ich würde mal sagen 3:2 für Deutschland.
DOMRADIO.DE: Jetzt noch eine persönliche Frage: Wir haben am Anfang schon gesagt, dass Sie bei den deutschen Spielen nervös sind. Beim Fußballgucken kann es ja auch schon mal ganz emotional und auch laut werden. Da sitzen dann lauter Trainer im Wohnzimmer vor dem Fernseher. Gehen Ihnen beim Fußballgucken auch manchmal die Pferde durch und Sie werden zur Trainerin?
Hartleib: Nein, das wirklich nicht. Man denkt manchmal bei einigen Spielzügen, dass die Spieler besser woanders hingespielt hätten. Es gibt zum Beispiel eine Mitschwester, die immer mit der Faust auf den Tisch haut Dann erschrecke ich mich immer. Das mache ich eher nicht.
Wir haben ja im Fernsehen immer die bessere Sicht. Ich habe hier eine sehr alte Schwester, die immer gesagt hat, wir wüssten es ja besser, aber auf uns hört ja keiner. Das finde ich traumhaft schön.
Das Interview führte Dagmar Peters.