Gut sieben Monate nach dem Rücktritt der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, lässt die westfälische Landeskirche die Hintergründe extern untersuchen.
Sie hat das Beratungsunternehmen Deloitte damit beauftragt, wie die Kirche am Donnerstag in Bielefeld mitteilte. Es soll die Umstände rund um einen Verdachtsfall auf sexualisierte Gewalt in Siegen aufklären, der zum Rücktritt von Kurschus geführt hatte. Mit einem Ergebnis sei voraussichtlich im Herbst zu rechnen.
Kurschus wies Darstellung zurück
Kurschus war am 20. November als EKD-Ratsvorsitzende und als Präses der westfälischen Landeskirche zurückgetreten. Ihr wird vorgeworfen, als Gemeindepfarrerin in Siegen schon Ende der 1990er Jahre über Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens gegen einen Kirchenmitarbeiter informiert gewesen zu sein, diese aber nicht gemeldet zu haben.
Kurschus wies die Darstellung zurück, legte aber mit Hinweis auf die öffentliche Debatte ihre Ämter nieder. Zu Beginn dieses Jahres hatte die Leitung der Landeskirche beschlossen, den Siegener Fall näher untersuchen zu lassen. Die Siegener Staatsanwaltschaft hatte kürzlich ihre Ermittlungen dazu eingestellt.
Verstöße gegen kirchliche Gesetze?
"Wir sind davon überzeugt, dass die bei Deloitte langjährig vorhandene Expertise für forensische Untersuchungen eine gute Grundlage für eine Durchdringung und Darstellung dieses vielschichtigen Interventionsfalls bietet", erklärte Ulf Schlüter, der als Theologischer Vizepräsident derzeit an der Spitze der Landeskirche steht. Nach Einstellung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen bleibe zu prüfen, ob Verstöße gegen kirchliche Gesetze vorliegen.
Zudem gehe es darum, Betroffenen widerfahrenes Unrecht auch jenseits einer strafrechtlichen Bewertung sichtbar zu machen und daraus für die Prävention notwendige Schlüsse zu ziehen. Insbesondere im Blick auf Krisenmanagement und Kommunikation bei Verdachtsfällen sexualisierter müsse der Siegener Fall gründlich ausgewertet werden.