DOMRADIO.DE: Wo erreiche ich Sie gerade?
Elisabeth Keilmann (Sport- und Olympiaseelsorgerin der Deutschen Bischofskonferenz und DJK-Bundesbeirätin des katholischen Sportverbands): Wir sind in den Räumlichkeiten der Deutschen Evangelischen Christuskirche untergebracht. Und sind dort total herzlich aufgenommen worden. Wir hatten schon im Vorfeld sehr gute Kontakte zur deutschen evangelischen und katholischen Gemeinde in Paris geknüpft und werden auch dort an den Sonntagen Gottesdienst feiern und zu Gesprächsrunden einladen. Vergangenen Sonntag haben wir unseren ersten Gottesdienst in der evangelischen Gemeinde gefeiert und fühlten uns dort auch sehr willkommen.
DOMRADIO.DE: Wie ist denn Ihr Eindruck so bisher? Wie ist die Stimmung bei den Franzosen so kurz bevor es losgeht?
Keilmann: Als wir am Samstag am Nordbahnhof angekommen waren, haben wir zunächst so wenig Werbung für die Olympischen Spiele wahrgenommen. Nur ein paar Hinweise waren zu sehen und auch auf den Straßen war noch nicht so viel von der Vorfreude zu spüren.
Am Sonntag, im Anschluss an unseren Gottesdienst, gab es eine Gesprächsrunde mit den Gemeindemitgliedern, und dort haben wir unterschiedliche Stimmungen wahrgenommen. Da gibt es die einen, die sagen, es ist alles teurer geworden, die Straßen sind gesperrt und viele Pariser sind in den Urlaub gefahren.
Dann gibt es da noch die anderen, die sich sehr auf die Olympischen Spiele freuen und auch Eintrittskarten erworben haben. Wir haben auch von der guten Infrastruktur und der Nachhaltigkeit der Spiele gehört und dass an so vieles gedacht wurde. Dass zum Beispiel Ruheräume für Autisten eingerichtet wurden, Räume für Blindenhunde, neue Fahrrad- und Fußgängerwege entstanden sind. Es ist so eine zwiespältige Stimmung.
DOMRADIO.DE: Wo findet denn bei den Olympischen Spielen "Kirche" statt?
Keilmann: Zum einen gibt es Gottesdienste und Gesprächsrunden in der deutschen evangelischen und in der katholischen Gemeinde. Wir sind im Deutschen Haus und im Athletendorf und natürlich bei der Olympiaseelsorge, also der seelsorgerischen Begleitung der deutschen Mannschaft. Die Begegnung mit uns Seelsorgern regt oft zu Neugier an und zu tiefgehenden Fragen. Und wir geben der Kirche auch ein Gesicht. Wir leben sozusagen in einer Gemeinde auf Zeit. Wir laden zu vier Sonntagsgottesdiensten mit olympischen Themen ein.
Am Sonntag der Gottesdienst stand unter dem Motto "Sein Bestes geben", nächsten Sonntag "Schneller, höher, weiter oder dabei sein ist alles". Daneben werden wir auch im Deutschen Olympischen Jugendlager zu Gast sein und einen Workshop zum Thema "Werte im Sport" für die jungen Menschen anbieten.
DOMRADIO.DE: Was genau werden denn noch darüber hinaus Ihre Aufgaben als Seelsorgerin während der Spiele sein?
Keilmann: Bei den Olympischen Spielen bin ich gemeinsam mit meinem evangelischen Kollegen Thomas Weber Ansprechpartnerin für das deutsche Team, aber darüber hinaus auch für die Betreuer, für die Trainer, für Familienangehörige und auch für Freunde.
Wir haben für die Menschen in den unterschiedlichen Lebenssituationen immer ein offenes Ohr.
Mir ist es wichtig, für die Menschen da zu sein und ihnen Mut zuzusprechen, um zu trösten, aber auch, um Freude zu teilen. Und da zeigt die Erfahrung, dass es da um Aufgreifen von Fragen geht, die Menschen in den vielfältigen Lebenskontexten betreffen. Es geht um eine Seelsorge als Sorge um den ganzen Menschen. Wir schauen nicht auf die Leistung der Athletinnen und Athleten, sondern nehmen sie als Person in den Blick. Wir sind rund um die Uhr für die gesamte deutsche Mannschaft erreichbar und stehen auch in Krisenfällen als Notfallseelsorger zur Verfügung. Aber auch abseits von Notfällen haben wir viel Zeit für vertrauensvolle Gespräche und laden die Menschen ein, einmal zur Ruhe zu kommen: Wir bieten Gottesdienste oder Auszeiten am Abend an.
Das Interview führte Tim Helssen.