Dortmunder Seelsorger zieht positives EM-Fazit

"Momente, die sich tief in mein Herz einprägen"

Euphorische Fans, ein verdienter Europameister und nun? Karsten Haug ist Gemeindereferent in Dortmund und hat die Europameisterschaft mit allen Höhen und Tiefen hautnah erlebt. Er hofft, dass sie als Friedensfest in Erinnerung bleibt.

Autor/in:
Carsten Döpp
UEFA Euro 2024, Olympiastadion Berlin: spanische Fans sorgen vor dem Finale für Stimmung.  / © Federico Gambarini (dpa)
UEFA Euro 2024, Olympiastadion Berlin: spanische Fans sorgen vor dem Finale für Stimmung. / © Federico Gambarini ( dpa )

DOMRADIO.DE: Können Sie mit einem Europameister Spanien gut leben? 

Gemeindereferent Karsten Haug (privat)
Gemeindereferent Karsten Haug / ( privat )

Karsten Haug (Gemeindereferent im Dortmunder Norden und pastoraler Leiter der Gründerkirche von Borussia Dortmund): Auf jeden Fall. Sie haben einen attraktiven Fußball gespielt,  mit tollen Pässen, fantastischen Tore. Der jetzt 17-jährige Lamine Yamal hat mich einfach begeistert. Die Spanier haben diese Europameisterschaft dominiert, hätten aber auch im Viertelfinale gegen Deutschland durchaus ausscheiden können. 

Spaniens Lamine Yamal jubelt mit der Trophäe und der Auszeichnung als bester Jungspieler nach dem Sieg im Finale der Fußballeuropameisterschaft.  / © Tom Weller (DR)
Spaniens Lamine Yamal jubelt mit der Trophäe und der Auszeichnung als bester Jungspieler nach dem Sieg im Finale der Fußballeuropameisterschaft. / © Tom Weller ( DR )

DOMRADIO.DE: Sie haben vor der EM gesagt, grundsätzlich sei für Sie die Europameisterschaft im eigenen Land ein internationales Fest, ein europäisches Fest. Wie zufrieden sind Sie denn jetzt mit diesem Fest? 

Haug: Die Europameisterschaft war schon sehr bemerkenswert, hier in Dortmund und auch in anderen Städten, gar keine Frage. Ich erinnere mich an das Spiel Albanien gegen Italien. Ich war in der Stadt und 30.000 Albaner zogen mit ihrer traditionellen Kopfbedeckung Richtung Stadion. Das war schon eine besondere Atmosphäre und auch gerade das Spiel Niederlande gegen England war einfach Wahnsinn. 

Niederländische Fußballfans / © Tom Weller (dpa)
Niederländische Fußballfans / © Tom Weller ( dpa )

Über 100.000 Holländer waren in der Stadt. Das war sehr beeindruckend. Oder auch diese Szene von zwei schottischen Fans, die mitten im Kölner Regen einen Senioren mit seinem Rollator begleitet haben und ihn mit den Regenschirmen geschützt haben. Das sind so Momente der Europameisterschaft, die prägen sich tief in mein Herz ein. 

DOMRADIO.DE: Was hat die EM, wenn wir noch mal in Dortmund bleiben, für Sie ausgezeichnet?

Karsten Haug

"An sich war die EM das Friedensfest, was ich erwartet oder was ich mir erhofft hatte." 

Haug: Es war bunt. Diese Massen an Fans haben fasziniert. Es war ein Fest, es war relativ friedlich, es gab schon mal ein Scharmützel zwischen Holländern und Engländern. Aber an sich war die EM das Friedensfest, was ich erwartet oder was ich mir erhofft hatte. Und ich hoffe, das transportieren wir jetzt auch in irgendeiner Art und Weise in das nächste sportliche Großereignis. 

DOMRADIO.DE: Jetzt hoffen alle, dass das nachhaltig ist. Sind diese Hoffnungen berechtigt? 

Haug: Das kann auch eine Eintagsfliege sein. Aber dass Menschen zusammenkommen, dass sie spüren, dass es dort Werte gibt, hat schon durch diese EM getragen. Jetzt gilt es, das auch im Alltag umzusetzen. 

DOMRADIO.DE: Das hat auch Bundestrainer Nagelsmann noch mal in seiner Abschlusspressekonferenz betont. Er hat diese Symbiose von Fans und Mannschaft hervorgehoben. Haben Sie das auch so festgestellt? 

Deutsche Fans / © Tom Weller (dpa)
Deutsche Fans / © Tom Weller ( dpa )

Haug: Tatsächlich bin ich mit null Erwartung in dieses Turnier gegangen, was die deutsche Nationalmannschaft angeht. Die letzten Turniere waren einfach viel zu schlecht. Aber sie haben mich dann doch irgendwie angesteckt.

Auch das Rudelgucken bei den Spielen war toll und bei der Mannschaft hat man auf einmal eine Spielfreude wiedergesehen, die lange Zeit verschüttet war. Von daher war ich schon begeistert und dann auch ein wenig traurig, dass wir im Viertelfinale sehr unglücklich ausgeschieden sind. 

DOMRADIO.DE: Aber die fußballlose Zeit ist ja gar nicht so lang. Im August ist ja schon wieder Bundesliga. Wie schauen Sie denn jetzt schon auf die neue Bundesligasaison für Borussia Dortmund? Auch mit diesem Rückblick auf die EM und dieses friedliche Fest in der Stadt? 

Haug: Das erhoffe ich mir natürlich in der Bundesliga auch immer wieder. Manchmal geht mir das schon sehr weit, dass Gegner bei uns im Fußball immer niedergemacht werden. Ich finde das im englischen Fußball viel beachtlicher, dass vor allem die eigene Mannschaft unterstützt wird. Darum sollte es eigentlich viel mehr gehen. 

Ansonsten erhoffe ich mir durch den neuen Trainer bei Borussia Dortmund neue Akzente und auch wieder Spielfreude, Spielwitz. Da kann auch die eine oder andere Niederlage dabei sein. Es muss auch nicht unbedingt ein Titel am Ende der Saison gewonnen sein. Aber ich erwarte Kampf und Spielwitz von der Mannschaft.

DOMRADIO.DE: Kampf, Spielwitz und auch wieder Freude bei den Fans? 

Haug: Genau.

Das Interview führte Carsten Döpp.

Quelle:
DR