DOMRADIO.DE: Es ist das erste Liborifest mit dem neuen Erzbischof Udo Bentz. Der kommt aus Mainz, also ist Libori für ihn Neuland. Wird er diese Bewährungsprobe meistern?
Monsignore Gregor Tuszynski (Domvikar Paderborn): Ich bin fest davon überzeugt, dass er das sehr gut meistern wird. Er erzählt immer davon, dass ihm nach seiner Berufung als neuem Erzbischof als erstes gesagt worden sei, dass er sich auf das Liborifest freuen könne. Aber er war noch nie da, wie er selbst sagt. Von daher gibt es bei ihm wohl eine gespannte Erwartung auf dieses Fest. Aber er wird das bravurös meistern, davon bin ich fest überzeugt.
DOMRADIO.DE: Libori ist eins der ältesten und größten Volksfeste Deutschlands. Welche Rolle spielt da noch der Heilige Liborius?
Tuszynski: Es kommen ungefähr anderthalb Millionen Menschen nach Paderborn. Und es wäre tatsächlich vermessen zu glauben, dass anderthalb Millionen Menschen auch dann in den Dom hineinkommen. Aber es kommen immer noch sehr, sehr viele in den Dom hinein.
Von daher spielt Liborius schon eine Rolle, gerade im Verständnis der Paderbornerinnen und Paderborner, die es sich nicht nehmen lassen, zu einem Großteil in den neun Tagen des Liborifestes mal in den Dom hineinzukommen. Sei es zum Pontifikalamt, sei es aber auch zwischendurch, wenn mal nichts im Dom ist, wenn einfach nur Stille im Dom ist, um eine Kerze anzuzünden, um sich zum Gebet zurückzuziehen.
Liborius als Person, als Heiliger spielt insofern dann schon eine große Rolle beim Volksfest. Es ist nicht nur der Namensgeber der Kirmes, sondern er steht im Mittelpunkt. Auch wenn das manchen von außerhalb vielleicht gar nicht so bewusst ist, woher das eigentlich kommt, wer Liborius war und was für eine Rolle er für die Stadt in der Vergangenheit gespielt hat und auch heute noch spielt.
DOMRADIO.DE: Die Gottesdienste an Libori sind immer sehr gut besucht, ganz gegen den Trend. Haben Sie eine Erklärung, warum das so ist?
Tuszynski: Es ist, glaube ich, eine gute Mischung von Gottesdiensten, die wir haben. Da ist einerseits ein ganz traditioneller Auftakt, das Eröffnungsfest am Labori-Samstag um 15 Uhr. Das ist eine Vesper nach dem alten Ritus, aber insgesamt von den Melodien her, vom Chorgesang her und von den Instrumenten her ein Gesamtkunstwerk. Die Leute stimmen da in diese alten Gesänge mit ein.
Das spricht einen Teil der Leute an. Andere Leute werden vielleicht eher von einem Jugendgottesdienst oder von der eucharistischen Anbetung oder von einem speziellen Gottesdienst für Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder für einen Segnungsgottesdienst für Ehejubilare angesprochen. Wir haben eine so große Vielfalt an Gottesdiensten, die unterschiedliche Zielgruppen anspricht und die auch von diesen Zielgruppen selbst vorbereitet werden.
Es ist authentisch, was in diesen Gottesdiensten vermittelt wird. Das ist mit ein Grund, warum so viele Menschen von den ganz unterschiedlichen Liturgien angesprochen werden und der Dom in aller Regel voll ist und bei manchen Gottesdiensten sogar so voll ist, dass man nicht einmal mehr umfallen kann, wie unser alter Erzbischof immer sagte.
DOMRADIO.DE: Warum sind solche heiligen Feste heute so wichtig?
Tuszynski: Das liegt an den Heiligen selber. Der Theologe Hans Urs von Balthasar hat mal gesagt, dass die Heiligen der wichtigste Kommentar zum Evangelium seien. Sprich, wie kann das Evangelium, was ja nun rund 2000 Jahre alt ist, in die heutige Zeit übersetzt werden? Da können uns Heilige ein Vorbild sein, wie sie es verstanden haben und es dann auch in ihrem Leben gelebt und übersetzt haben.
Insofern ist der Heilige Liborius, genauso wie andere Heilige auch, für seine jeweilige Zeit, aber auch darüber hinaus so wichtig.
Sie haben den seligen Carlo Acutis im Kölner Dom zu Gast gehabt. Das ist ein ganz anderer künftiger Heiliger als Liborius. Aber jeder Heilige spricht unterschiedliche Menschen in seiner unterschiedlichen Persönlichkeit an.
So wird die Buntheit, die Farbenprächtigkeit des Evangeliums durch unterschiedliche Charaktere, die wir in der Kirchengeschichte erlebt haben, noch mal deutlich. Und einer davon ist der Heilige Liborius.
DOMRADIO.DE: Am Samstag geht es los. Aber wie, glauben Sie, wird sich das Liborifest entwickeln? Und gibt es vielleicht auch etwas, was Sie ändern wollen würden?
Tuszynski: Libori hat sich im Laufe der Jahre immer weiter entwickelt. Es ist immer etwas Neues dazugekommen, manches ist weggefallen. Es gibt neue Zielgruppen, die angesprochen worden sind. Wir haben dieses Jahr zum Beispiel das erste Mal einen Gottesdienst für Menschen mit kognitiven Einschränkungen, also einen Gottesdienst in einfacher Sprache und wollen sehen, wie das angenommen wird.
Oder vor einigen Jahren gab es das erste Mal eine "Blaulichtmesse", mit der all die Gruppen in unserer Gesellschaft, die mit Blaulicht fahren dürfen, wie Polizei, Feuerwehr und Technisches Hilfswerk, speziell angesprochen werden. Es kann natürlich sein, dass wir in Zukunft noch mal wieder andere Zielgruppen entdecken. Zum Beispiel Menschen, die ehrenamtlich in der Kirche engagiert sind, die kirchlichen Schulen oder einen Tag für kirchliche Berufe vielleicht.
Das sind nur so Ideen, die ich habe. Aber das wird letztlich das Domkapitel entscheiden. Es wird auch darauf Rücksicht genommen, was von den Menschen selber kommt, was da für Bedürfnisse sind.
Das Interview führte Hilde Regeniter.