Essen feiert den Heiligen Altfrid

Bischof und Stadtgründer

Vor 1150 Jahren ist der Heilige Altfrid gestorben, auf den die Stadtgründung Essens zurückzuführen ist. Katharina Hülscher ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Essener Domschatz und weiß, wie Altfrid die Stadt bis heute prägt.

Autor/in:
Tim Helssen
Essener Dom / © Ilija Ascic (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Was weiß man denn biographisch über Altfrid?

Katharina Hülscher (Wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Essener Domschatz): Wir gehen davon aus, dass er um das Jahr 800 geboren wurde und wohl aus einer sächsischen Adelsfamilie stammte. Vielleicht gibt es da familiäre Verbindungen zum Heiligen Ludgerus aus Werden. 

Altfrid taucht ab 851 als Bischof von Hildesheim aktiv auf der Bühne der Geschichte auf. Damit geht einher, dass er auch politischer Berater von König Ludwig, dem Deutschen wird. Er ist für ihn sehr viel unterwegs, verhandelt politisch und reist auch viel auf verschiedene Synoden und kommt sogar nach Rom.

Katharina Hülscher

"Altfrid baut eine erste Kirche in Essen, die wir heute als Essener Dom kennen."

Er kommt also ordentlich rum. Er beginnt mit dem Bau eines oder des Hildesheimer Doms. Und er macht für Essen noch etwas sehr viel Wichtigeres. Er baut nämlich eine erste Kirche hier in Essen, die wir heute als Essener Dom kennen. Und er gründet eine christliche Frauengemeinschaft, aus der sich später das Essener Frauenstift herausbildet.

DOMRADIO.DE: Warum hat er denn überhaupt die Stadt Essen dann gegründet? 

Hülscher: Wir gehen davon aus, dass er an dieser Stelle ein Grundstück besessen hat. Dieses Grundstück lag für damalige Verhältnisse in einer Toplage, könnte man sagen. Es befand sich in der relativen Nähe zum Grundstück der Hellweg, einer wichtigen Handelsstraße. 

Spätestens seit der ausgehenden Bronzezeit kreuzt den Hellweg in der Nähe der Essener Innenstadt eine weitere Handelsstraße.

Eingang zur Essener Domschatzkammer (KNA)
Eingang zur Essener Domschatzkammer / ( KNA )

Logistisch war es also wirklich eine Toplage. Es war viel los, es kamen viele Leute vorbei. Wohl deswegen entscheidet sich Altfrid gemeinsam mit einer Gruppe sächsischer Adliger, hier eine Kirche zu errichten und eine Frauengemeinschaft zu gründen. 

DOMRADIO.DE: Weshalb gerade eine Frauengemeinschaft? 

Hülscher: Man kann davon ausgehen, dass da zwei verschiedene Motivationen dahintersteckten. Das hat einerseits etwas damit zu tun, dass wir uns in einer Zeit befinden, wo das Christentum noch relativ jung an Rhein und Ruhr ist.

Vielleicht ging es also um die Sicherung des Christentums in de Region. Aber noch viel wichtiger ist, dass diese Frauengemeinschaften auch dazu dienen, die sogenannte Memoria, also das Totengedenken oder Totengebet, durchzuführen. 

Katharina Hülscher

"Die Frauengemeinschaft dient dazu, Altfrids Totengebet durchzuführen."

Wohl deshalb lässt sich Altfrid auch in Essen begraben, wo er diese Frauengemeinschaft hat, die sich regelmäßig zum Gebet trifft, seiner gedenkt und dann auch für sein Seelenheil betet. 

DOMRADIO.DE: Und trotzdem ist der Heilige Altfrid später vergessen worden. Warum?

Hülscher: Er wird erst relativ spät vergessen, muss man sagen. Es gibt bis zur Säkularisierung, das heißt bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, als dann das Stift aufgelöst wird, eine relativ aktive Altfridverehrung. Für ihn werden sehr viele Messen gelesen, es wird kontinuierlich seiner gedacht.

Dass er dann vergessen wird, mag unterschiedliche Gründe haben. Zunächst einmal muss man sich vergegenwärtigen, dass Atlfrid erst spät kanonisiert wird und somit offiziell heiliggesprochen wird. 

Katharina Hülscher

"Altfrid wird erst spät kanonisiert."

Das passiert tatsächlich erst 1965. Vorher ist er so eine Art Lokalheiliger. In Essen wird er aber intensiv verehrt. Es wird auch früh davon gesprochen, dass Wunder an seinem Grab geschehen sein sollen. 

Essener Dom (KNA)
Essener Dom / ( KNA )

Aber im Gegensatz zum Heiligen Liborius in Paderborn oder den Heiligen Drei Königen in Köln, die ja nun auch noch mal in der Bibel stehen, wird er lange nicht kanonisiert.

Anders als in Köln gibt es auch keine Institution wie das Erzbistum, die die Verehrung fortführen kann. Das Stift geht stattdessen über in eine einfache Pfarrkirche.  

Im Zuge der Industrialisierung haben wir in Essen auch eine gigantische demografische Veränderung. Es gibt sehr viel Zuwanderung und es kommen viele Leute, die noch nie von Altfrid gehört haben. Auch das erklärt die Tatsache, dass er im 19. Jahrhundert in Vergessenheit geraten konnte. 

Das Interview führte Tim Helssen.

Bistum Essen

Das Bistum Essen ist eines der jüngsten und kleinsten unter den 27 römisch-katholischen Bistümern in Deutschland. Auch in Nordrhein-Westfalen ist es mit 1.877 Quadratkilometern und knapp 680.000 Mitgliedern das kleinste Bistum.

Es wurde am 1. Januar 1958 aus Teilen der (Erz-)Bistümer Köln, Münster und Paderborn errichtet; damals zählte die Diözese noch rund 1,5 Millionen Mitglieder.

Blick auf den Essener Dom / © frantic00 (shutterstock)
Quelle:
DR