Pariser Friedensgipfel fordert globalen Politikwandel

"Krieg im Namen Gottes ist Blasphemie"

Vertreter von Religionen und Kirchen haben zum Abschluss des dreitägigen internationalen Friedenstreffens der katholischen Laienorganisation Sant'Egidio in Paris eine tiefgreifende politische Wende für eine friedliche Welt gefordert.

Laurent Ulrich, Erzbischof von Paris, spricht bei der Abschlusszeremonie des Friedenstreffens der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio am 24. September 2024 vor der Kathedrale Notre-Dame in Paris. / © Corinne Simon (KNA)
Laurent Ulrich, Erzbischof von Paris, spricht bei der Abschlusszeremonie des Friedenstreffens der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio am 24. September 2024 vor der Kathedrale Notre-Dame in Paris. / © Corinne Simon ( KNA )

"Wir appellieren an die politischen Entscheidungsträger, an die Kriegstreiber, an alle Völker", heißt es in einem am Dienstagabend in der französischen Hauptstadt veröffentlichten Appell. Papst Franziskus warnte in einem Grußwort vor einer globalen Eskalation der Gewalt: "Die Gefahr, dass die vielen Konflikte nicht aufhören, sondern sich ausweiten, ist mehr als konkret", erklärte das Kirchenoberhaupt. "Ich mache mir euren Schrei und den der vielen vom Krieg Betroffenen zu eigen und richte ihn an die Verantwortlichen der Politik: 'Stoppt den Krieg! Stoppt die Kriege!'"

"Die Religionen wissen aus der Tiefe ihrer jeweiligen Traditionen und aus den Schätzen ihrer Weisheit sehr wohl, dass der Frieden das Leben der Welt ist", heißt es in der Erklärung von Frauen und Männer verschiedener Religionen, Humanisten und Intellektuellen: "Sie wissen auch, dass Krieg im Namen Gottes Blasphemie ist."

"Erinnerung an die Schrecken verloren gegangen"

Die Religionen würden ihre Überzeugung nicht aufgeben, dass Frieden die beste Voraussetzung für die Entwicklung der Völker ist, ja die einzige wirklich humane und würdige Voraussetzung. "Der notwendige Schritt zur Veränderung besteht darin, nach Wegen des Friedens zu suchen, die es bereits gibt, auch wenn sie von der Dunkelheit des Krieges verdeckt sind", hieß es in dem Appell. Wie die Basilika von Notre Dame, die durch einen Brand zerstört und wieder aufgebaut wurde, könne man "die Welt vom Feuer des Krieges befreien und sie friedlicher und gerechter wieder aufbauen!"

Leider gebe es eine weitverbreitete Stimmung der Resignation angesichts der andauernden Konflikte, die "zu einem größeren und überwältigenden Krieg eskalieren könnten", heißt es in der Abschlusserklärung: "In vielen Teilen der Welt und auch hier in Europa ist die Erinnerung an die Schrecken des Krieges, ein Erbe der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts, verloren gegangen - jenes Erbe, das zeigt, dass nur der Frieden die humane und gerechte Alternative ist!"

Tausende Menschen aus allen Kontinenten

"Wir laufen Gefahr, den jüngeren Generationen eine Welt des Krieges zu vermitteln, die von Terrorismus und Gewalt gezeichnet ist", heißt es weiter: "Wir laufen Gefahr, ihnen die Rehabilitierung des Krieges als Mittel zur Lösung von Konflikten oder zur Durchsetzung der eigenen Interessen zu vermitteln."

Zum internationalen Friedenstreffen "Imagine Peace" von der Gemeinschaft Sant'Egidio und der Erzdiözese Paris vom 22. bis 24. September waren nach Angaben der Veranstalter Tausende Menschen aus Europa und anderen Kontinenten in die französische Hauptstadt gekommen. Themen waren Frieden, Abrüstung, Umweltkrise, Migration, Demokratie und Solidarität.

Glaube ist "Quelle der Liebe, der Gerechtigkeit und der Versöhnung"

An der Friedenstagung nahm auch der Moderator des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) und frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, teil. Noch nie sei der Beitrag der Religionen wichtiger gewesen als jetzt, erklärte Bedford-Strohm laut Weltkirchenrat. "Wir müssen zeigen, warum der Glaube an Gott niemals eine Quelle der Gewalt sein kann, sondern immer eine Quelle der Liebe, der Gerechtigkeit und der Versöhnung sein muss!"

Der ÖRK mit Sitz in Genf, auch als Weltkirchenrat bekannt, umfasst 352 Kirchen verschiedener Konfessionen aus mehr als 120 Ländern, die weltweit mehr als 580 Millionen Christinnen und Christen vertreten.

Gemeinschaft Sant'Egidio

Die im Mai 1968 in Rom entstandene katholische Bewegung Sant'Egidio widmet sich der karitativen Arbeit, der Diplomatie in Bürgerkriegsgebieten sowie dem Dialog der Religionen. Sie hat nach eigenen Angaben rund 60.000 Mitglieder in 70 Ländern, davon 5.000 in Deutschland. Ihr Hauptsitz befindet sich im römischen Stadtteil Trastevere; ihr deutsches Zentrum ist seit 1983 Würzburg. Seit 1986 ist die ökumenisch stark engagierte Gemeinschaft von der katholischen Kirche als Laienvereinigung anerkannt.

Logo der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio / © Paolo Galosi/Romano Siciliani (KNA)
Logo der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio / © Paolo Galosi/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
epd