DOMRADIO.DE: Die beiden sind wichtige Personen der Kölner Stadtgeschichte. Was hat es mit den Heiligen Sankt Ursula und Sankt Gereon auf sich?
Dominik Meiering (Kölner Innenstadtpfarrer und Domkapitular): Ursula ist eine legendäre Figur, mit einem historischen Kern. Der findet sich auf der Clematiusinschrift, vom Anfang des 4. Jahrhundert. Es wird erzählt dass an der Stelle, an der Sankt Ursula steht, Jungfrauen wegen ihres Glaubens ein Martyrium erlitten haben. Was da genau dahintersteckt, wissen wir nicht. Aber die Legende ist groß. Es heißt, 11.000 Jungfrauen seien von den Hunnen ermordet worden.
DOMRADIO.DE: Gereon war Soldat. Ist auch er für seinen Glauben gestorben?
Meiering: Er gehörte zur sogenannten Thebäischen Legion, kam aus Nordafrika und war hierher an den Rhein geschickt worden, um die Kolonie, daher auch Colonia, vor den rechtsrheinischen Barbaren zu verteidigen und er war nicht bereit, Christen umzubringen und den Kaiser als Gottheit zu verehren. Deshalb soll bei dieser Legion die Kollektivstrafe der "Dezimation" angewandt worden sein, bei der jeder zehnte ausgelost und enthauptet wurde.
DOMRADIO.DE: In Sankt Georg gibt es eine heilige Messe für die Teilnehmer des Gereon Walks. Wer sind die Teilnehmer?
Meiering: Wir haben ja Soldaten hier in Köln. Sankt Gereon ist deren Garnisonskirche. Die alte Mudra-Kaserne in Porz hat sich umbenannt in Gereon-Kaserne. Diese Soldaten kommen von der Kaserne auf einer Fußwallfahrt nach Sankt Gereon, um diesen Märtyrer-Soldaten zu verehren.
DOMRADIO.DE: Sie bieten am Freitagabend eine Spezialführung durch Sankt Gereon an. Was ist denn das Spezielle?
Meiering: Da schauen wir uns die Schatzkammer an. Wir haben sie in den vergangenen Jahren renoviert, oder, besser gesagt, ganz neu auf die Beine gestellt. Ein wunderschöner Raum, der früher als Kapitelsaal verwendet wurde und der jetzt wirklich ein Schatzkästchen ist. Um das gebührend darzustellen, machen wir einen eigenen Abend dafür.
DOMRADIO.DE: Sonntag dann eine Vesper im Beisein der Reliquien des heiligen Gereon und der heiligen Ursula. Ex-Bundesministerin Annegret Kramp-Karrenbauer wird auch da sein. Welche Beziehungen gibt es zu ihr?
Meiering: Das ist der Höhepunkt am Sonntagnachmittag. Sie ist ja ehemalige Verteidigungsministerin und wir haben sie gefragt, ob sie sich die vorstellen kann, bei uns in Sankt Gereon über den Märtyrersoldaten zu predigen. Sie hat gerne zugesagt, so wie letztes Jahr schon Annette Schavan. Ganz bewusst wollten wir Frauen predigen lassen. Ich glaube, das letzte Jahr hat uns Recht gegeben. Wir freuen uns jedenfalls sehr auf die Ideen und Impulse von ihr.
DOMRADIO.DE: Inwiefern haben denn Ursula oder auch Gereon auch heute noch Bedeutung für uns?
Meiering: Sie sind Patrone der Stadt, das heißt, sie sind im Bewusstsein, sie sind im Stadtwappen, sie hängen im Dom auf dem Bild der Stadtpatrone von Stephan Lochner. Patrone sind Orientierungspunkte, die wir als Fürsprecher anrufen können. Ich finde es immer spannend zu sehen, wie kraftvoll diese Menschen in ihrer Zeit gelebt haben. Dazu gehörte, dass sie ein eigenes Bewusstsein und eigenes Gewissen hatten, dass sie sich für Gerechtigkeit und Frieden stark gemacht haben und hinsichtlich der Gewissensentscheidung dem Beispiel Jesu gefolgt sind. Darum wird es jetzt anderthalb Wochen gehen. Ich glaube, das lohnt sich; wir haben in unserer Zeit auch genügend Gewissensentscheidung zu treffen.
Das Interview führte Tobias Fricke.