Mit über 100 Metern Höhe und einer Außenlänge von knapp 190 Metern ist sie die größte Kathedrale Englands und gehört zu den acht größten Kathedralen weltweit: die Christus-Kathedrale am River Mersey von Giles Gilbert Scott, der – gebürtig aus einer Architektendynastie – im Alter von nur 22 Jahren als Sieger aus einem Wettbewerb mit über hundert Mitbewerbern hervorging.
Doch bis dieses Gotteshaus – zwar noch unfertig bis auf den Chor, den Chorumgang, die Marienkapelle, den Kapitelsaal und die Sakristei – im Juli 1924 in Anwesenheit von König George V. und anglikanischen Bischöfen aus aller Welt endlich eingeweiht werden konnte, hatte der Architekt selbst mehrfach seine Originalentwürfe überarbeitet.
Aus der ursprünglich vorgesehenen Doppelturmfassade wurde ein monumentaler Zentralturm, und auch der Innenraum weist mit 2.300 Sitz- bzw. weit über 3000 Stehplätzen ein gewaltigeres Volumen aus als zunächst geplant. Erst 1978 – Scott war inzwischen in "seiner" Kathedrale 79-jährig bestattet worden – war der neugotische Bau endlich fertig.
Die Dommusiker Eberhard Metternich und Oliver Sperling kennen die anglikanische Kathedrale von Konzertreisen in der Vergangenheit. Schließlich besteht seit 1952 zwischen Köln und Liverpool eine Städtepartnerschaft, die sich längst auch in einem engen ökumenischen Austausch zwischen den Kathedralen niederschlägt – sehr bewusst ist neben der römisch-katholischen Metropolitankirche Christkönig in der Hope Street eben auch die anglikanische Kathedrale Bestandteil dieser Initiative.
Von daher gibt es regelmäßig Begegnungsprogramme, die der Verständigung dienen und die von beiden Seiten mit großem Engagement gepflegt werden. So reist beispielsweise alle zwei Jahre eine Messdienergruppe des Kölner Domes als Sternsinger nach Liverpool, um dort das Epiphaniefest mitzufeiern.
Gegenseitige Besuche der Kathedralchöre
Darüber hinaus sind von beiden ökumenischen Städtepartnerausschüssen in den letzten Jahren viele weitere Ideen ausgegangen, die im Kontext dieser über Jahrzehnte gewachsenen Freundschaft stehen. So ist wichtiger Bestandteil dieser Tradition von jeher auch der gegenseitige Besuch der verschiedenen Chöre, besonders der Kathedralchöre, gewesen. 2006 sang der Mädchenchor der anglikanischen Kathedrale zum ersten Mal mit dem Mädchenchor am Kölner Dom gemeinsam ein Konzert in Köln. Der Metropolitan Cathedral Choir mit Knaben- und Herrenstimmen kam einen Monat später in die Rheinmetropole.
2008, als Liverpool Kulturhauptstadt war, trat der Kölner Domchor dann das erste Mal in der mit 430.000 Einwohnern drittgrößten City Englands auf. Höhepunkt dieser Reise damals war zweifelsohne das gemeinsam realisierte Projekt "War Requiem" von Benjamin Britten in der Liverpool Cathedral, das vorher sowohl im Altenberger als auch im Kölner Dom zur Aufführung gekommen war.
Chorreise nach Geburtstagsfeierlichkeiten in Liverpool
Beide Chorleiter, Metternich und Sperling, freuen sich nun auf eine Neuauflage dieses gemeinschaftlichen Musizierens. Denn an diesem Wochenende fahren sie mit jeweils 50 Mitgliedern ihres Chores nach England und nutzen gleichzeitig die Einladung aus Liverpool, zu den Geburtstagsfeierlichkeiten einen musikalischen Beitrag zu leisten, für eine einwöchige Chorreise – wenn auch in jeweils unterschiedliche Richtungen.
Während Metternich mit den Knaben weiter den Süden Englands mit Stationen in Lincoln, Peterborough, Ely und London bereist – hier macht der Domchor unter anderem einen Gegenbesuch beim berühmten Westminster Cathedral Choir, der im Mai diesen Jahres im Kölner Dom zu Gast gewesen war – schließt Sperling mit seinen Sängerinnen den Tagen in Liverpool eine Schottlandreise mit Auftritten in Stonyhurst College und in den Kathedralen von Durham, Newcastle und Edinburgh an.
"Wir freuen uns sehr auf diese Reise, die unseren Chören die Gelegenheit bietet, in einigen der schönsten Kathedralen Englands und Schottlands zu singen", betont Domkapellmeister Metternich. "Es ist eine große Ehre, anlässlich dieses besonderen Jubiläums in Liverpool aufzutreten und dabei gemeinsam mit den Chören beider Kathedralen zu musizieren."
Ein solches Erlebnis biete den jungen Sängerinnen und Sängern zwischen 11 und 27 Jahren eine besondere Gelegenheit zur musikalischen und persönlichen Entwicklung. "Auch wenn wir in vielen tollen Kathedralen unseren Auftritt haben, liegt der Schwerpunkt diesmal aber vor allem darin, bestehende Chorpartnerschaften neu zu beleben und andere vielleicht zu begründen."
Denn der Kontakt zu dem jeweiligen Gastgeberchor sei ihm ein besonderes Anliegen. "Schließlich trägt neben dem Auftritt in Gottesdiensten und Konzerten in besonderem Maße der persönliche Austausch mit anderen Chören zur Bereicherung der Sänger bei", ist Metternich überzeugt, der dazu Motetten von Bach, Händel, Bruckner und Mendelssohn ebenso im Gepäck hat wie Chorliteratur von Christian Matthias Heiß, George Rathbone oder Eric Whitacre.
Auch Domkantor Oliver Sperling zeigt sich begeistert: "Es ist faszinierend, wie vielfältig die Musiktradition in Großbritannien ist. Das wird für uns eine einmalige Erfahrung, in die englische Chorkultur, die außergewöhnlich ist, hineinzuschnuppern und in diesen beeindruckenden Kirchen singen zu dürfen." Klar, dass auch er seine "Best of" mitbringe: einen Querschnitt durch fünf Jahrhunderte Vokalmusik mit Schwerpunkt auf Komponisten des 20. und 21. Jahrhunderts.
Übrigens kommt es auch in Köln bald schon wieder zu einem musikalischen "Gipfeltreffen" zwischen Liverpool und der Rheinmetropole. Über den 1. November, den 161. Geburtstag des Kölner Domchores, machen die Chöre beider Liverpooler Kathedralen am Rhein einen Gegenbesuch und singen am Fest Allerheiligen zusammen mit dem Domchor und dem Mädchenchor im Hochamt um 10 Uhr die "Messe solennelle" für gemischten Chor und zwei Orgeln von Louis Vierne. Insgesamt werden dann über 300 Sängerinnen und Sänger in Kölns Kathedrale auftreten. Ein Fest für jeden Liebhaber monumentaler Kirchenmusik.