Im Bistum Erfurt sind bislang 64 Menschen bekannt, die des sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen beschuldigt werden, 25 davon sind Geistliche.
Das gab die Kommission zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt am Dienstag in Erfurt im Rahmen einer Zwischenbilanz bekannt. Demnach haben sich inzwischen 78 Betroffene gemeldet, insgesamt wurden 338.500 Euro Anerkennungsleistungen gezahlt. Bei einem Großteil der Fälle, für die alle relevanten Akten seit 1945 durchsucht wurden, sind die Täter bereits verstorben.
Die Kommissionsvorsitzende Ulrike Brune erklärte: "Den weitaus größten Anteil - wir gehen hier von 25 Fällen aus - haben sexuelle Übergriffe, und in sieben Fällen berichteten Betroffene, sie seien vergewaltigt worden." Fälle sogenannter Grenzverletzungen bewegten sich im niedrigen einstelligen Bereich.
Brune bilanzierte: "Wir müssen leider annehmen, dass die uns vorliegenden Akten nur einen Bruchteil der tatsächlichen Vorkommnisse widerspiegeln." Das Bistum habe der Kommission alle gewünschten Akten und Informationen zugänglich gemacht. Dabei habe sich aber gezeigt, dass es keine systematische Aktenführung gab und nicht gesagt werden könne, wie vollständig die Taten erfasst wurden.
Kommission gründete sich 2021
Die Aufarbeitungskommission hatte sich im Bistum Erfurt im Oktober 2021 konstituiert. Ihr gehören sieben Mitglieder an, zwei davon sind Betroffene. Aufgabe der Kommission ist es, unabhängig zu untersuchen, wie viele Fälle sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch kirchliche Mitarbeiter es im Bistum gab, wie die Verantwortlichen mit den Betroffenen und den Beschuldigten umgegangen sind und ob es Strukturen gibt, die sexualisierte Gewalt ermöglichen oder ihre Aufdeckung erschweren.
Einmal jährlich legt die Kommission dem Erfurter Bischof einen Bericht vor, den auch die Landes- und Bundesbeauftragten für Kinderschutz erhalten. Nach fünf Jahren, also bis Ende 2026, soll die Kommission einen Abschlussbericht erstellen.
Mit der Kommission kommt das Bistum Erfurt einer Vereinbarung nach, die die deutschen Bischöfe im Juni 2020 mit dem Bundesbeauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs getroffen hatten.