Stephan Weil will mehr interreligiöse Zusammenarbeit

"Wichtiger denn je"

Die Reformation durch Luther sei auch ein politischer Einschnitt gewesen, so der SPD-Politiker Stephan Weil. Der Reformationstag sei Anlass, für ein friedliches Miteinander zu werben. Drei Fragen an Niedersachsens Ministerpräsidenten.

Autor/in:
Karen Miether
Auf dem Sockel einer Stele sind die Symbole der Weltreligionen angebracht(v.l.n.r.): Davidstern, Mondsichel mit Stern, Kreuz, das Rad der Lehre und das indische Wort Om. / © Harald Oppitz (KNA)
Auf dem Sockel einer Stele sind die Symbole der Weltreligionen angebracht(v.l.n.r.): Davidstern, Mondsichel mit Stern, Kreuz, das Rad der Lehre und das indische Wort Om. / © Harald Oppitz ( KNA )

epd: Herr Weil, unmittelbar nach Einführung des neuen Feiertages hatten Sie betont, der Reformationstag könne ein Zentrum der interreligiösen Zusammenarbeit sein. Wie dringend ist das aus heutiger Sicht, auch mit Blick auf den wachsenden Antisemitismus?

Stephan Weil / © Michael Matthey (dpa)
Stephan Weil / © Michael Matthey ( dpa )

Stephan Weil (Ministerpräsident des Landes Niedersachsen, SPD): Interreligiöse Zusammenarbeit ist heute wichtiger denn je. Es gibt leider immer wieder Vorbehalte und Aggressivität gegenüber Andersgläubigen und nicht zuletzt auch allzu oft antisemitische und auch anti-muslimische Angriffe. Damit dürfen wir uns nicht abfinden. Interreligiöse Zusammenarbeit brauchen wir das ganze Jahr über und nicht nur am Reformationstag. Dennoch ist gerade dieser Tag eine gute Gelegenheit, um für ein friedliches Miteinander und eine wechselseitige Akzeptanz unterschiedlicher Glaubensrichtungen zu werben.

epd: Inwieweit kann angesichts der schwindenden Bedeutung der Kirche und damit auch des Reformationstages in seiner ursprünglichen Bedeutung von so einem Datum gesellschaftlich etwas ausgehen?

Weil: Zunächst einmal ist die Reformation im 16. Jahrhundert nicht nur ein religiös-geistliches Ereignis gewesen, sondern auch ein eminent wichtiger politischer Einschnitt, der unser Zusammenleben noch heute prägt. Und der Reformationstag ist sicher ein geeigneter Tag, um sich mit der gesellschaftlichen Bedeutung der Kirchen in Vergangenheit und Gegenwart auseinanderzusetzen. Unabhängig von den schwindenden Mitgliederzahlen, mit denen sich die Kirchen konfrontiert sehen, ist ihre Bedeutung für das Gemeinwohl weiterhin sehr hoch. Staat und Kirche pflegen in Niedersachsen eine gute und verlässliche Partnerschaft.

epd: Welche anderen Themen sind für Sie leitend für den Reformationstag?

Weil: Der Reformationstag gibt als gesetzlicher Feiertag einen Raum für die Auseinandersetzung mit Glaubensfragen, aber auch mit dem Zustand unserer Demokratie und mit der Verantwortung jedes Einzelnen für die Gemeinschaft, für Toleranz und Gerechtigkeit, für ein besseres Klima und eine gesunde Umwelt. Ich hoffe sehr, dass der Reformationstag an vielen Orten in Niedersachsen in genau diesem Sinne begangen wird. Insofern freue ich mich, wenn beispielsweise Kirchengemeinden ökumenische Gottesdienste feiern oder zu Dialogveranstaltungen einladen.

Das Interview führte Karen Miether, epd.

Reformation

Am 31. Oktober gedenken Protestanten der Reformation. Die Reformation (lateinisch: Umgestaltung oder Erneuerung) gehört zu den wichtigsten politischen und geistesgeschichtlichen Umwälzungen in Europa. Am Übergang zwischen Mittelalter und der frühen Neuzeit beendete sie im 16. Jahrhundert die Vorherrschaft des Papstes. Katholische Kirche und Teile des Adels verloren an Macht, neue protestantische Kirchen entstanden. Gestärkt wurden damit auch das städtische Bürgertum und die Landesherren.

Reformationstag (dpa)
Reformationstag / ( dpa )
Quelle:
epd