DOMRADIO.DE: Was ist eine Kinoorgel?
Gregor Schwarz (Kirchenmusiker im Pastoralverbund Lippe-Detmold): Eine Kinoorgel ist eine ganz normale Pfeifenorgel, aber darüber hinaus gibt es jede Menge Spezialeffekte wie unterschiedlichste Glocken, Spiele, Marimbaphon, aber auch Instrumente, die man sonst in der Orgel nicht erwartet, wie zum Beispiel eine Autohupe, ein Pferdegetrappel, ein Schellenklirren, aber auch so Percussioninstrumente wie Kastagnetten oder Trommeln.
DOMRADIO.DE: Diese Orgel stand offenbar früher in einem Kino?
Schwarz: Diese Orgeln sind normalerweise für Kinos gebaut worden. In der Zeit der Stummfilme wollte man Musik haben, und dafür sind sie eigentlich gebaut. Mit der Entwicklung des Tonfilms war der Bedarf nicht mehr gegeben und sie waren ein bisschen verwaist, sind teilweise in Privatbesitz übergegangen und teilweise auch abgebaut und einfach verschollen. Deswegen sind sie heutzutage eine Rarität, die man normalerweise höchstens in irgendwelchen Museen findet.
DOMRADIO.DE: Wie hat es diese Kinoorgel in die katholische Kirche in Lemgo geschafft?
Schwarz: Sie war im Besitz eines Orgelbauers, der sie mehr als Hobby und als Leidenschaft in seine eigene Werkstatt eingebaut hatte. Er hatte das Instrument aus Amerika gerettet, wenn man so möchte. Nach seiner Pensionierung sind wir darauf aufmerksam geworden und haben Mittel und Wege gesucht, sie als besonderes Instrument in die Heilig-Geist-Kirche in Lemgo zu holen.
DOMRADIO.DE: Gab es auch andere Interessenten für diese Orgel?
Schwarz: Tatsächlich gab es für diese Orgel keine weiteren Interessenten, weil es schon auch ein ungewöhnliches, ein herausforderndes Projekt war, was ein bisschen Innovation und einen kleinen Kick der Überwindung gebraucht hat. Ein solches Instrument, was ja im ersten Augenblick mit Kirche nicht so viel zu tun hat, dann in so einen Raum zu holen. Und zu planen, damit Gottesdienst zu feiern, aber auch originelle andere Projekte im Bereich Kultur umzusetzen oder Veranstaltungen für Kinder.
DOMRADIO.DE: Seit 2023 erklingt diese Kinoorgel jetzt in der Heilig-Geist-Kirche in Lemgo. Was macht Ihren Klang aus?
Schwarz: Man kann traditionell bleiben, man kann in diesem Sound der Pfeifen bleiben. Da hat sie so einen Touch mit englischer Romantik. Aber es gibt eben diese Instrumente, die darüber hinausgehen. Man kann Geschichten illustrieren, in denen Glockenklänge oder Trommeln dabei sind, die man einfach in diesem Instrument nicht erwartet. Das geht gerade bei thematischen Geschichten ganz gut. Ich bekomme durch die Bank nur positive Rückmeldungen bisher.
DOMRADIO.DE: Gibt es Menschen, die extra nach Lemgo kommen, um diese Orgel zu hören?
Schwarz: Die gibt es immer, wenn man das entsprechende Projekt hat. Man trifft dann Menschen in der Kirche, die auf jeden Fall nicht im normalen Sonntagsgottesdienst sind und auch immer wieder interessierte Gäste oder Gruppen, denen ich dir Orgel zeige. Das Instrument hat eine entsprechende Aufmerksamkeit erreicht.
DOMRADIO.DE: Sie selbst sind Kirchenmusiker und großer Kinofan. Was haben Sie in der Zukunft noch vorgesehen in Lemgo?
Schwarz: Ein Baustein bleibt natürlich, dass wir im Bereich der Stummfilme passende Werke auswählen, die in die Kirche passen. Das müssen nicht nur die biblischen Themen sein, von denen es übrigens natürlich auch in der Stummfilmzeit sehr viele gibt. Es kann auch ein Projekt dabei sein, wo Kinder selber einen Stop-Motion Film gedreht haben, den wir mit der Orgel vertonen wollen, da wir eine große Leinwand in der Kirche haben,
Auch unterschiedliche andere Dinge, die Musik und bildliche Darstellungen miteinander verbinden, können dabei sein. Es gibt im Bereich Krippenspiel Möglichkeiten, mit dieser Orgel biblische Geschichten zu verklanglichen. Das Ziel ist es, ein buntes Programm, abwechslungsreiches Programm quer durch die Generationen anzubieten.
Das Interview führte Carsten Döpp.