DOMRADIO.DE: Ihr Bistum ist von der Fläche her ein Drittel größer als das Erzbistum Köln. Es gibt 111.000 Katholiken und immerhin 95 Priester, die zur Verfügung stehen. Wie wird denn der Glaube bei Ihnen und im Rest des Landes gelebt?
Philippe Alain Mbarga (Bischof von Ebolowa): Unsere Kirche ist noch jung. Wir sind weniger als 150 Jahre alt. Deswegen haben wir auch noch ein paar Kinderkrankheiten. Wir müssen etwas schneller werden und einige Herausforderungen überwinden. Aber die Kirche ist sehr lebendig und der Glaube auch.
DOMRADIO.DE: Sie sagen, dass Sie 73 Seminaristen haben. Wie kommt es dazu, dass sich so viele zum Priesteramt berufen fühlen, obwohl die Kirche noch so jung ist?
Mbarga: Wir brauchen viele Priester. Aber bei uns ist es leider so, dass jeder Bischof die Ausbildung im Priesterseminar selber bezahlen muss. Das ist regional organisiert. Es melden sich bei uns mehr Menschen, die Priester werden wollen, als wir ausbilden können. Weil wir nicht so viele bezahlen können und weil wir sparen müssen, müssen wir sogar Kandidaten ablehnen.
Ich danke Gott, dass er uns die Kraft gibt, unsere 73 Kandidaten auszubilden, und an dieser Stelle möchte ich auch Erzbischof Kardinal Woelki danken. Er hilft mir. Hier im Erzbistum Köln darf ich zwei Priester ausbilden und ich möchte nicht nur Herrn Kardinal Woelki danken, sondern auch allen Christen, die unsere Priester hier empfangen und für die Zukunft unserer Kirche ausbilden.
DOMRADIO.DE: Wie ist denn die Situation in Ihrem Bistum?
Mbarga: Das Bistum ist sehr groß und so auch die Entfernung zwischen den Pfarreien. Die Leute müssen viele Kilometer zu Fuß laufen, um die Kirche zu erreichen. Deswegen müssen wir noch mehr Priester ausbilden. Wir brauchen sie für unsere Gläubigen, denn im Moment haben wir für über 100.000 Christen nur etwa 95 Priester.
DOMRADIO.DE: Sie haben an der Weltsynode in Rom teilgenommen und dort gehört, was für Themen deutschsprachigen Teilnehmern wichtig sind. Beispielsweise: Rechte von Frauen, Mitwirkung von Laien, Umgang mit gelebter Homosexualität, was von der Kirche auch als Sünde bezeichnet wird. Welche Themen brennen der Kirche in Kamerun unter den Nägeln?
Mbarga: Ich komme gerade von Rom, von der Weltsynode, wo ich meine Heimat Kamerun vertreten habe. Ich bin begeistert von der Arbeit, die wir dort geleistet haben. Es war nicht nur Arbeit. Wir haben miteinander gebetet, mit dem Papst, mit den Mitbrüdern, den Kardinälen, Priestern und Laien, die dabei waren. Wir haben mit dem Gebet begonnen, dann miteinander gesprochen, zugehört.
Dadurch konnten wir erfahren, was heute eigentlich wichtig für die Kirche ist. Es wurden alle Probleme auf den Tisch gebracht und wir haben den Heiligen Geist gefragt, was wir machen sollen. Ich denke, dass der Heilige Vater uns in den nächsten Tagen die Beschlüsse mitteilen wird, welche Richtung wir einschlagen sollen, damit wir authentische Christen sein können.
DOMRADIO.DE: Papst Franziskus hat gesagt, dass es kein postsynodales Schreiben geben wird, sondern dass das Abschlussdokument der Synode von ihm abgesegnet ist. Was bedeutet dieses synodale Abschlussdokument für die Kirche in Kamerun?
Mbarga: Ich freue mich, dass wir als Berater des Papstes so viel schaffen konnten, dass er unsere Papiere zur Orientierung der Kirche nimmt. Es gehört auch zur Durchführung der synodalen Idee, dass wir diese Dokumente gemeinsam erarbeitet haben und dass wir gemeinsam an die Zukunft der Kirche denken. Wir Afrikaner sind dankbar, aber vieles von dem, was aufgeschrieben ist, muss erst noch umgesetzt werden.
Ich denke, es geht darum, dass uns bewusst wird, dass wir alle Getaufte sind und dass wir alle auf dem Weg zum Himmelreich sind. Dafür arbeiten wir gemeinsam. Dafür sind wir gemeinsam stark. In Afrika sind die Gemeinschaften groß und dort haben wir Katecheten, die den Glauben in den Dörfern und Gemeinschaften gegenwärtig machen. Aber wir dürfen als Priester oder als Bischof den Menschen nichts diktieren. Wir sind alle Kirche. Wir müssen, wie bei der Synode, allen zuhören und mit allen arbeiten und auch auf ihre Bedürfnisse eingehen.
DOMRADIO.DE: Bei Ihnen ist die Kirche sehr jung und lebendig. Hier in Mitteleuropa ist die Kirche sehr alt und manche sagen auch, dass wir es hier mit einer sterbenden Kirche zu tun haben. Was würden Sie uns mitgeben, damit unsere Kirche hier lebendiger und dynamischer wird?
Mbarga: Ich bin damit nicht einverstanden, dass die Kirche in Europa sterbend sein soll. Ich will das nicht glauben. Ich würde sagen, dass die Kirche in Europa ein bisschen älter ist. Wenn man alt ist, geht man langsam, auch unsicher. Deswegen denke ich, dass die Kirche nicht uns gehört. Es ist Gottes Kirche.
Als junge Kirche können wir etwas schneller laufen, haben noch ein bisschen mehr Kraft, deswegen freuen wir uns auch über den Austausch auf der Synode, das sind Gaben. Was kann die junge Kirche der älteren Kirche anbieten und die ältere Kirche der jungen Kirche? Ich kann da keinen Ratschlag geben. Keiner soll sich ausgegrenzt fühlen. Ich glaube, wir müssen im Austausch bleiben, und eintreten, wie Alte und Junge das immer sein sollten. Die Hilfe, die Afrika so lange bekommen hat, soll ja keine Einbahnstraße bleiben.
Das Interview führte Jan Hendrik Stens.