Wie ein langer roter Faden zieht sich das 100-jährige Jubiläum der Kölner Petersglocke durch die Kalenderjahre: Von der Auftragsvergabe am 13. März 1922 bis zum ersten Läuten am 25. Oktober 1925 vergingen über dreieinhalb Jahre, in denen die damals noch junge Weimarer Republik ihre erste große Bewährungsprobe bestehen musste.
Als Nachfolgerin der im Ersten Weltkrieg mitsamt dem alten Reich untergegangenen Kaiserglocke sollte die Petersglocke – wie die bekanntesten Verse ihrer Inschrift lauten – aus deutschem Leid geboren zur Einigkeit rufen. Diese säkulare Bedeutung spiegelte sich auch in ihrer Bezeichnung als "Deutsche Glocke am Rhein" wider. Neben Oberbürgermeister Konrad Adenauer waren es Konsul Johann Heinrich von Stein vom gleichnamigen Bankhaus und Erzbischof Karl Joseph Kardinal Schulte, die sich maßgeblich für den Guss der neuen Glocke einsetzten.
Verzögerung aus politischen und wirtschaftlichen Gründen
Doch die Hyperinflation ab Mitte 1922 ließ den Guss durch Heinrich Ulrich im thüringischen Apolda immer wieder verschieben. Dieser geschah schließlich in einer Nacht- und Nebelaktion Ulrichs am Abend des 5. Mai 1923, ohne dass zuvor das Domkapitel darüber informiert worden war, was im Anschluss zu Verstimmungen zwischen Dompropst Middendorf und dem Gießer führte. Doch auch nach dem Guss verliefen die Vorgänge nicht reibungslos: Der Transport der Glocke von Apolda nach Köln verzögerte sich aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Situation, die von der Ruhrkrise, der Hyperinflation und der deshalb Not leidenden Bevölkerung geprägt wurden.
Über ein Jahr stand die Petersglocke auf dem Gelände der Gießerei Ulrich in Apolda und überlebte so auch ihren Meister, der am 12. Februar 1924 an den Folgen einer schweren Grippeerkrankung starb. Noch an Silvester 1923 wurde in Köln über einen baldigen Transport der Glocke von Apolda nach Köln gesprochen. Aber Kardinal Schulte teilte Dompropst Middendorf Anfang 1924 in einem Brief mit, dass er einen Transport aufgrund des Leids in der Bevölkerung ablehnt. Erst nachdem sich das öffentliche Leben 1924 mehr und mehr normalisiert hatte, konnte der Transport der Petersglocke am 10. November in Apolda beginnen.
Mit Hilfe von drei Lokomobilen wurde die Glocke von der Gießerei zum Bahnhof Apolda transportiert und benötigte für diese Strecke von 1,2 Kilometern – mit Steigungen und Gefälle – etwas mehr als einen Tag, so dass sie in den Mittagsstunden des 11.11. zum Abtransport bereitstand, der schließlich am Folgetag gegen 13:30 Uhr stattfand.
20.000 Anwesende bei der Glockenweihe
Nach zweitägigem Bahntransport traf die Petersglocke am 14. November im Kölner Rheinauhafen ein, wo sie mit Hilfe eines Schwimmkrans vom Waggon auf einen Tieflader gehoben wurde. Nachdem die Glocke geschmückt worden war, erfolgte ihr Transport zum Dom durch die Kölner Innenstadt am 24. November und schließlich die Weihe durch Kardinal Schulte am 30. November des Jahres 1924. Sowohl der Transport als auch die Glockenweihe geschahen unter großer Beteiligung der Bevölkerung. Allein bei der Weihe sollen etwa 20.0000 Menschen anwesend gewesen sein.
Nach der Weihe wurde die Petersglocke am Nikolaustag von 8 bis 13 Uhr in den Südturm gebracht. Zum Transport in den Dom musste aufgrund des Durchmessers der Glocke der Pfeiler im Mittelportal ausgebaut werden. Auf Rollen wurde die Glocke bis in die Mitte des Südturms geschoben und durch die Schlusssteinöffnung des Erdgeschosses gehievt. Als Hilfsmittel dienten eine stählerne Traverse und zwei Flaschenzüge. Das offizielle Erstläuten an Heiligabend 1924 war ein Flop: Nach wenigen Schlägen riss das Läuteseil und die Glocke verstummte. Erst am 28. Oktober 1925, also zehn Monate später, ertönte die Stimme der "Deutschen Glocke am Rhein" wieder über der Domstadt.
Gedenken in Apolda zum 100. Jahrestag
Zum 100. Jahrestag des Transports der Petersglocke nach Köln wurde in Apolda ein Sonderpostamt eingerichtet und dort ein Sonderstempel zum Ereignis sowie extra angefertigte Postkarten mit Motiven zum Transport und Briefmarken ausgegeben. Auch wurde mit einer Ausstellung, Filmaufnahmen und einem Vortrag in der Glockenstadt an den historischen Transport gedacht.
Der Faden des 100-jährigen Gedenkens der Entstehung der Kölner Petersglocke zieht sich also noch weiter durch die Kalenderblätter und wird erst am 28. Oktober 2025 einen vorläufigen Schlusspunkt erreichen.