Solinger Stadtdechant befürwortet Kontrollen auf Weihnachtsmarkt

"Psychologisch sinnvoll"

Viele Menschen kommen auf Weihnachtsmärkten zusammen. Deswegen soll es verstärkt Kontrollen zum Waffenverbot geben. Solingens Stadtdechant Mohr blickt nach dem Messer-Attentat im Sommer auf die Weihnachtsmarkt-Saison.

Autor/in:
Tobias Fricke
Schausteller wünschen sich mehr Sicherheit auf Weihnachtsmärkten / © Andreas Arnold (dpa)
Schausteller wünschen sich mehr Sicherheit auf Weihnachtsmärkten / © Andreas Arnold ( dpa )

DOMRADIO.DE: Im August gab es in Solingen beim Festival der Vielfalt einen Messeranschlag mit mutmaßlich islamistischem Hintergrund. Es hat drei Tote und acht lebensgefährlich Verletzte gegeben. Haben die Menschen jetzt wegen des Weihnachtsmarktes Bedenken um ihre Sicherheit?

Pfarrer Michael Mohr (Erzbistum Köln Presse)

Pfarrer Michael Mohr (Stadtdechant von Solingen): Auch wenn das ein bisschen seltsam klingen mag, ist eine gewisse Normalität zurückgekehrt. Die Zeit unmittelbar nach dem Anschlag war sehr belastend und bedrückend. 

Mittlerweile nehme ich eher wahr, dass die Menschen, die auf Weihnachtsmärkte gehen möchten, das auch tun. Vielleicht ist die Stimmung noch ein bisschen anders als im vergangenen Jahr, aber grundsätzlich ist die Stimmung so: 'Wir lassen uns das nicht verbieten und möchten unsere Normalität zurück haben.'

DOMRADIO.DE: Solingen hat nicht nur einen großen, zentralen Weihnachtsmarkt.

Mohr: Und das ist auch ganz gut so. Solingen ist, von der Topografie, her keine Stadt, die historisch gewachsen ist, sondern eine Ansammlung von Hofschaften, die man hier auch Kotten nennt, und von größeren Dorfschaften. Das spiegelt sich in den Weihnachtsmärkten wider. Es gibt verschiedene, ganz kleine, etwas größere und dann den auf dem historischen Anwesen Schloss Grünewald, der sicherlich die größte Anziehungskraft hat.

Michael Mohr

"Psychologisch ist das richtig und auch mehr Präsenz von Polizei und Ordnungskräften ist sinnvoll."

DOMRADIO.DE: Denken Sie, dass eine verstärkte Kontrolle des Messerverbots die Weihnachtsmarktbesucher beruhigen wird?

Mohr: Das ist eine psychologische Komponente und deswegen glaube ich schon, dass die Maßnahme die Menschen beruhigt. Rein inhaltlich stelle ich mir das schwer vor, das Messerverbot zu kontrollieren. Man kann nicht alle durchsuchen. Wen kontrolliert man also? Wie ist das an Ständen, an denen Lebensmittel verkauft und verarbeitet werden? Psychologisch ist das richtig und auch mehr Präsenz von Polizei und Ordnungskräften ist sinnvoll, die Fragezeichen kommen bei mir aber da, wo es in die praktische Umsetzung geht. 

Waffenverbotszone in Köln / ©  Rolf Vennenbernd (dpa)
Waffenverbotszone in Köln / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

DOMRADIO.DE: Was würden Sie von einem Seelsorge-Stand von der Kirche auf dem Weihnachtsmarkt halten, um den Menschen Gelegenheit zu geben, über die Angst zu reden?

Mohr: Es gibt ein großes Stadtfest in Solingen, den Zöppkesmarkt, der ist dieses Jahr leider abgesagt worden, weil er recht nah am Attentat lag. Da sind wir immer präsent. Auf dem Weihnachtsmarkt sind wir von der Kirche, um ehrlich zu sein, auch eher um Glühwein zu trinken. Aber da kommt man natürlich ins Gespräch. 

DOMRADIO.DE: Haben Sie ein Rezept gegen die diffuse Angst, einen Weihnachtsmarkt zu besuchen? 

Mohr: Auf sein Herz hören. Wenn man das Gefühl hat, dass man da nicht hingehen möchte, sollte man nicht hingehen. Wenn man Lust hat auf einen Glühwein, die Atmosphäre und den Duft, dann sollte man hingehen.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Nach dem Messerangriff in Solingen

Das Bundesinnenministerium (BMI) setzt ein neunköpfiges Team zur Bekämpfung von Islamismus ein. Die Taskforce Islamismusprävention habe ihre Arbeit aufgenommen, teilte das BMI mit. Die Gründung der Taskforce war Teil des Sicherheitspaktes, das die Ampel-Koalition nach dem tödlichen Anschlag in Solingen beschlossen hatte. 

Bei dem Anschlag hatte ein Angreifer am Abend des 23. August auf einem Stadtfest drei Menschen mit einem Messer getötet und acht weitere verletzt. Die Terrorgruppe Islamischer Staat hatte den Anschlag für sich reklamiert.

Blumen, Grabkerzen und eine Regenbogenflagge drücken die Trauer aus / © Elena Hong (DR)
Blumen, Grabkerzen und eine Regenbogenflagge drücken die Trauer aus / © Elena Hong ( DR )
Quelle:
DR