DOMRADIO.DE: Die Aktion findet einmal im Monat für Menschen statt, die von Einsamkeit betroffen sind. Wie haben Sie diesen Ort erlebt?
Rainer Maria Kardinal Woelki (Erzbischof von Köln): Ich habe von dieser Initiative gehört und bin dann eingeladen worden, um mir das anzusehen. Eine Initiative, die seit zwei Jahren hilft, dass Menschen mehr als eine warme Mahlzeit bekommen. Für viele ist es heute natürlich finanziell schwierig, sich überhaupt eine warme Mahlzeit zu leisten. Das andere ist auch der Hunger der Seele, der Hunger des Herzens. Das ist natürlich auch gegeben. Viele sind einsam, leiden darunter. Hier ist das Essen verbunden mit Gespräch, mit Begegnung. Mit Wiedersehen und die Möglichkeit, dass Menschen aus ihrer Isolation herausgeholt werden. Das finde ich ein tolles Projekt.
DOMRADIO.DE: Wir sprechen aktuell viel von Krisen. Wir sprechen aber auch von einer neuen großen Volkskrankheit: der Einsamkeit. Ihnen scheint es am Herzen zu liegen, Menschen, die von Einsamkeit betroffen sind, Zuversicht zu geben.
Woelki: Wir leben als Mensch immer auf andere Menschen hin, von Person zu Person. Wir sind nicht dazu gemacht, alleine und einsam zu sein. Deshalb kann man nur appellieren, gerade an Weihnachten in unseren Familien zusammenzukommen und diejenigen wieder neu in den Blick zu nehmen, die vielleicht das Jahr über ein wenig aus dem Blick geraten sind, sodass keiner alleine ist. Denken wir an diejenigen, die alt und krank geworden sind, dass wir das Wichtigste tun und schenken, was wir verschenken können. Nämlich die Zeit, die wir haben. Sie ist ein Stück unserer Lebenszeit, um den anderen in den Blick zu nehmen und ihm zu zeigen, dass er nicht vergessen ist; dass er nicht alleine ist; und dass wir zusammen gehören. Ich glaube, dass das für viele Menschen eine der schönsten und wichtigsten Erfahrungen und Botschaften zu Weihnachten ist. Wichtig ist das nicht einfach nur mit den Worten zu sagen, sondern es auch zu tun.
DOMRADIO.DE: Praktisch anpacken sehen wir hier vor Ort in Monheim. Es sind viele Ehrenamtliche da. Wünschen Sie sich so was in den Gemeinden des Erzbistums? Dass genau dieser wache Blick für Menschen am Rand da ist?
Woelki: Ich habe den Eindruck, dass das in vielen unserer Gemeinden der Fall ist. Viele Gemeinden und Pfarrgemeinderäte sind da sehr sensibel und wachsam. Alleine wenn ich an unsere "Aktion Neue Nachbarn" denke. Wie viele Ehrenamtliche und Engagierte sich immer noch in der Flüchtlingsarbeit einsetzen und etwas bewegen. Das gilt ebenfalls für die Arbeit an Menschen, die Arme oder Obdachlos sind. Ich finde es wichtig, dass in unseren Gemeinden gerade die diakonische Dimension eine große Bedeutung spielt. Was ihr den geringsten meiner Schwestern und Brüder getan habt, das habt ihr mir getan. In den Armen, in den Schwachen, in den Einsamen begegnen wir Christus. Deshalb gehört in jede pastorale Einheit auch immer ein diakonisches Projekt, ein diakonischer Schwerpunkt. Ich bin froh und dankbar, dass das in den vielen Gemeinden unseres Bistums engagiert gelebt wird.
Das Interview führte Alexander Foxius.