Bischöfe müssen nach Magdeburg Weihnachtspredigten umschreiben

Trotz alledem und gerade jetzt

Die Weihnachtsstimmung ist ziemlich verhagelt. Nach dem Attentat in Magdeburg sieht die Welt anders aus - obwohl das ablaufende Jahr ja schon genügend Krisen mit sich gebracht hat. Warum das Fest trotzdem wichtig ist. 

Autor/in:
Christoph Arens
Blumen, Kerzen, Kränze und Stofftiere liegen vor der Johanniskirche in Magdeburg nach dem Attentat vom 20. Dezember 2024 / © Klaus-Dietmar Gabbert (dpa)
Blumen, Kerzen, Kränze und Stofftiere liegen vor der Johanniskirche in Magdeburg nach dem Attentat vom 20. Dezember 2024 / © Klaus-Dietmar Gabbert ( dpa )

So manche Predigt katholischer und evangelischer Bischöfe und Kirchenleiter dürfte schon geschrieben gewesen sein. Kraft schöpfen, Zeichen der Hoffnung nach einem Jahr voller Krisen suchen, für Zusammenhalt sorgen - die ersten Fassungen weihnachtlicher Ansprachen dürften sich geähnelt haben. 

Einsatzkräfte der Feuerwehr sitzen in der Gedenkveranstaltung im Magdeburger Dom / © Jan Woitas (dpa)
Einsatzkräfte der Feuerwehr sitzen in der Gedenkveranstaltung im Magdeburger Dom / © Jan Woitas ( dpa )

Zumal am Christfesttraditionell eher die weichen gesellschaftlichen Themen im Mittelpunkt stehen, während die Neujahrspredigten durchaus politische Klänge enthalten.  Doch dann kam Magdeburg. Der Anschlag auf den dortigenWeihnachtsmarkt lässt die Welt mit einem Mal anders aussehen. 

Frohe Weihnachten - geht das überhaupt noch? Viele Ansprachen müssen umgeschrieben oder ganz neu formuliert werden.  

Welt voller Gewalt und Zerrissenheit

Die biblischen Texte geben das her: Denn schließlich ist Jesus laut Evangelien in eine Welt voller Gewalt und Zerrissenheit geboren worden: der Kindermord von Bethlehem, die Flucht nach Ägypten, die Geburt in der Krippe - alles andere als Glanz und Gloria.  

Da immer mehr Bischöfinnen und Bischöfe dazu übergehen, sich vorab mit Weihnachtsbotschaften an die wachsende Zahl von Bundesbürgern zu wenden, die nicht mehr zur Kirche gehen und in den Genuss ihrer Predigten kommen, lassen sich ein paar Trends schon erkennen.  

Trotz alledem und gerade jetzt: Auf die Frage, ob man nach so einer erschütternden Gewalttat noch Weihnachten feiern darf, kommen am Montag eindeutige Antworten.  

Mit gutem Gewissen feiern 

Trotz aller Krisen mit gutem Gewissen Weihnachten feiern: Dazu will die Hamburger evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs ermutigen. 

Bischöfin Kirsten Fehrs / © Katharina Gebauer (KNA)
Bischöfin Kirsten Fehrs / © Katharina Gebauer ( KNA )

Weihnachten könne eine Auszeit sein und dazu einladen, "all den Irrsinn und die bedrückende Gewalt, um politischen Streit, um Krisen und schlechte Nachrichten einmal hintenan zu stellen", betont Fehrs, die auch Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist, in ihrer in Hamburg veröffentlichten Weihnachtsbotschaft.  

"Eine solche Auszeit bedeutet keine Gleichgültigkeit", versichert die Bischöfin. "Sie ist vielmehr eine Einladung, Kraft zu schöpfen und neu auf die Herausforderungen unserer Welt zu blicken." Die Weihnachtstage seien auch eine Chance für die Menschen in Deutschland, neu zueinander zu finden.  

Heilsamer Gegenpol

Für Gerhard Feige, als katholischer Magdeburger Bischof in den vergangenen Tagen besonders stark mit den entsetzlichen Ereignissen konfrontiert, ist Weihnachten ein "heilsamer" Gegenpol zu dem brutalen Anschlag.

Bischof Gerhard Feige / © Dominik Wolf (KNA)
Bischof Gerhard Feige / © Dominik Wolf ( KNA )

"Trotzdem oder gerade deshalb feiern wir Weihnachten, das Fest, das viele mit einer großen Sehnsucht nachLiebe, Heimat und Geborgenheit verbinden."  

Die Menschwerdung Gottes an Weihnachten vor 2.000 Jahren habe auch nicht in einer heilen und unversehrten Welt stattgefunden, "sondern in der Welt, wie sie ist, zerrissen und widersprüchlich und manchmal kaum auszuhalten". 

Die christliche Weihnachtsbotschaft lasse aber neuen Mut schöpfen: "Gott will uns nahe sein und uns in allen Nöten und Schwierigkeiten beistehen."  

Weiter sagte Feige: "In unserer Stadt wird die Zeit um Weihnachten in den kommenden Jahren immer auch eine Zeit der Erinnerung an das Geschehen vom vergangenen Freitag bleiben - eine Erinnerung daran, was Hass und sinnlose Gewalt anrichten können." 

Erzbischof Heiner Koch / © Nicolas Ottersbach (DR)
Erzbischof Heiner Koch / © Nicolas Ottersbach ( DR )

Dem gegenüber stehe aber die Erinnerung an die christliche Hoffnungsbotschaft: "Wenn wir uns daran jedes Jahr erinnern, dann nicht aus Nostalgie und als Vertröstung. Wir feiern die Heilstaten Gottes und erinnern an die Hoffnungsgeschichte Gottes mit seinem Volk, damit wir neuen Mut schöpfen können."  

"Weihnachten ist gleichzeitig das Fest der Ohnmacht und der Hoffnung", erklärte der Berliner katholische Erzbischof Heiner Koch in seiner Weihnachtsbotschaft. "Und in diesem Jahr besonders das Fest der Trauer und des Mit-Leidens mit den Opfern von Magdeburg."  

Zeichen des Zusammenhalts

Und sein Münchner Amtsbruder, Kardinal Reinhard Marx, erklärte im "Münchner Merkur", gerade jetzt sei es wichtig, Zeichen der Hoffnung und des Zusammenhalts zu setzen. Familien und Freunde bräuchten einander, um Trost und Zuversicht zu finden. 

Zugleich sei es gut und wichtig, in Gedanken bei denen zu sein, die leiden: "Auch an Weihnachten. Aber es ist sicher ein schweres Weihnachtsfest für viele Menschen."

Todesfahrt von Magdeburg - Was bekannt ist

Fünf Menschen sind tot, 200 verletzt: Nach der folgenschweren Fahrt mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg muss der Tatverdächtige in U-Haft. Die Suche nach seinem Motiv steht im Fokus.

Die Staatsanwaltschaft Magdeburg beantragte einen Haftbefehl gegen den 50-Jährigen. Er müsse wegen des Vorwurfs fünffachen Mordes, mehrfachen versuchten Mordes und mehrfacher gefährlicher Körperverletzung in Untersuchungshaft, teilte die Polizei am frühen Sonntagmorgen mit.

Nach Todesfahrt auf Weihnachtsmarkt in Magdeburg: Menschen legen Blumen und Kerzen an der Johanniskirche nieder / © Jan Woitas (dpa)
Nach Todesfahrt auf Weihnachtsmarkt in Magdeburg: Menschen legen Blumen und Kerzen an der Johanniskirche nieder / © Jan Woitas ( dpa )
Quelle:
KNA