Schulleiter erklärt die Grenzen von Abi-Scherzen

Wo hört der Spaß auf?

Was passiert, wenn Scherze der Abiturienten aus dem Ruder laufen? Schulleiter Johannes Gillrath vom Norbert-Gymnasium in Knechtsteden ordnet ein, welche Konsequenzen Grenzüberschreitungen haben und wie er versucht, sie zu vermeiden.

Fröhliche Abiturientin (Symbolbild) / © Pheelings media (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Wir haben damals zu meinem Abitur nachts alle Klassenzimmer leer geräumt. Können Sie mit einer solchen Aktion leben oder ist das schon zu viel?

Diakon Johannes Gillrath / © privat (privat)
Diakon Johannes Gillrath / © privat ( privat )

Diakon Johannes Gillrath (Schulleiter Norbert-Gymnasium Knechtsteden): Mit so einer Aktion kann ich gut leben, es kann natürlich auch mal daneben gehen. Man muss zuerst das Positive sehen, das in so einer Woche möglich ist und das den Schülern vermitteln. Es hat damit zu tun, dass sie ihr Gemeinschaftsgefühl stärken. Die anderen Schülerinnen und Schüler erleben in diesen Tagen auch etwas ganz Besonderes, wenn es schön gemacht wird. Die Schüler haben zum Beispiel ein besonderes Motto, unter dem sie sich zusammenfinden, wenn das Motto gut ist.

DOMRADIO.DE: An einem Gymnasium in Köln ist ein Abi-Gag aus dem Ruder gelaufen, es geht um Rivalitäten zwischen zwei Nachbarschulen, das ist durchaus üblich. Wo sind die Grenzen eines Abi-Scherzes? Wo hört für Sie der Spaß auf?

Gillrath: Solche gegenseitigen Besuche stellen ein ganz besonderes Problem dar, weil sie nicht zu kontrollieren sind. Sie passieren nachts und in Bereichen, wo man nicht intervenieren kann. Wenn dort Dinge zerstört werden oder politisch und sozial diskriminiert werden, dann hören Späße auf. Aber man kann eine ganze Menge machen, um das zu verhindern. So ist es mir eigentlich in den ganzen Jahren immer gegangen, dass es meistens schön gewesen ist.

Johannes Gillrath

"Man muss (...) gemeinsam ein paar Regeln festlegen, darauf achten, dass das Motto vernünftig ist und nicht diskriminiert."

DOMRADIO.DE: Was tun Sie? Können Sie eindämmen oder lenken, was Ihre Schüler planen?

Gillrath: Man muss zeitig anfangen, miteinander ins Gespräch zu kommen. Miteinander planen, frühzeitig reden, was man machen will und wie man es machen will. Gemeinsam ein paar Regeln festlegen, darauf achten, dass das Motto vernünftig ist und nicht diskriminiert. Ich finde es wichtig, dass man sagt: Okay, ihr macht etwas für die Schule, und das muss schön sein. Das wertschätze ich. Ich versuche, diese Dinge mit den Schülerinnen und Schülern aufzubauen und kreativ zu gestalten. Wenn ich dabei bin, passiert auch weniger.

DOMRADIO.DE: Die Kommunikation zwischen Schulleitung und Schülerinnen und Schülern muss also gut funktionieren.

Gillrath: Es muss zuerst das Gefühl von Anerkennung und Solidarität vermittelt werden. Wenn ich danach als Schulleiter immer noch Pech habe, dann ist es so. Aber wenn ich das vermittele, dann habe ich mit Sicherheit mindestens 90 Prozent der Stufe hinter mir. 

Dann kann ich Spielräume zulassen, zum Beispiel Musik, die die Schülerinnen und Schüler sich aussuchen. Mit diesen Vereinbarungen können wir gewisse Sicherheitsstandards einhalten. Das ist meiner Meinung nach die Grundlage, dass es gut läuft. Meistens ist es gut gelaufen.

DOMRADIO.DE: Beobachten Sie, dass solche Aktionen insgesamt zunehmend politischer werden?

Gillrath: In meinem Kontext kann ich das nicht sagen. Bis dato ist es immer auf einen falsch verstandenen eigenen Stolz der Schule bezogen.

Johannes Gillrath

"Es muss zuerst das Gefühl von Anerkennung und Solidarität vermittelt werden."

DOMRADIO.DE: Warum gibt es diese Rivalitäten zwischen den Schulen, die sich in Momenten wie der Abi-Woche zeigen?

Gillrath: Warum gibt es Rivalitäten zwischen kleinen Orten auf dem Land, die es schon seit Jahrhunderten gibt ? Weil man sich selber besonders stark darstellen möchte und die anderen schwächer. Weil man glaubt, dass die eigene Institution besser ist als die andere. Ich glaube, das ist Eigenstolz.

DOMRADIO.DE: Was wünschen Sie sich für zukünftige Abiturjahrgänge oder welchen Rat haben Sie?

Gillrath: Mein Rat wäre, miteinander zu planen und miteinander zu sagen: Wir machen etwas Schönes für die Schule und die anderen Schüler. Im besten Fall auch für die Kolleginnen und Kollegen, für die es oft eine anstrengende Geschichte ist. Wenn wir das wertschätzend übermitteln, merken alle, dass es etwas Schönes ist. Das kann ich von unseren Schülern meistens sagen. Es gibt in jedem Jahr eine große Abiturveranstaltung, die kulturell von den Schülerinnen und Schülern gestaltet wird.

DOMRADIO.DE: Sie starten am Norbert-Gymnasium in Knechtsteden am Montag, 7. April, in die Motto-Woche. Was wird passieren?

Gillrath: Es gibt jeden Tag eine Verkleidung, zum Beispiel finde ich das Motto "Kinderhelden" immer sehr interessant. Dann wird es in jeder Pause Veranstaltungen kleinerer Art geben. Am Mittwoch ist der Höhepunkt, da wird die Schule erstmal nicht begehbar sein. Ich bin sehr gespannt, wie es wird, sie möchten ein 10 mal 15 Meter großes Plakat gestalten und damit einen Teil der Schule einhüllen. 

Es wird Spiele für Schülerinnen und Schüler geben und ein Musikfestival in den ersten zwei Stunden. Ab der dritten Stunde versuchen wir, wieder ein bisschen Ordnung zu bekommen und Unterricht zu machen. Am Donnerstag und Freitag läuft es wieder im kleineren Rahmen.

Quelle:
DR

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