Kardinal Reinhard Marx hat für den "synodalen Weg" zur Erneuerung der Kirche geworben. "Es ist der synodale Weg, der die Kirche neu in ein Pfingsten hineinführt", sagte der Erzbischof von München und Freising am Pfingstsonntag im Münchner Liebfrauendom über den von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) im März beschlossenen Prozess. "Nur dann kann die Kirche Beispiel für die Welt sein, wie respektvoll in der Kraft des Geistes ein einmütiges Miteinander geht." Der DBK-Vorsitzende ergänzte: "Wie schön wäre es, wenn Kirche in diesen Zeiten ein solches Zeugnis gäbe."
Miteinander reden und einander verstehen zu können, seien zwei große menschliche Gaben, so Marx. In diesem Sinne sei das Pfingstfest ein "Fest der gelungenen Kommunikation". Oft aber gelinge Kommunikation nicht, auch nicht in der Kirche. "Ich bin nicht immer glücklich über die Kommunikation der Kirche, auch über mich selber nicht", sagte der Kardinal. Umso wichtiger sei der "synodale Weg", bei dem es darum gehe, das Volk Gottes zu hören. "Wir wollen aufeinander hören mit Respekt und die Sorgen des anderen hören." Schon der Heilige Paulus habe gesagt, dass allen der Geist Gottes gegeben sei. In dieser Tradition gelte es für die Kirche voranzugehen.
Frsicher Wind an Pfingsten
Nach den Worten des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, weht an Pfingsten ein frischer Wind: "Pfingsten mischt unsere kirchlichen Milieus auf und bläst uns den Geist der Freiheit ins Herz", erklärte der bayerische Landesbischof zum Wochenende. "Pfingsten nimmt unsere Klischees und Vorurteile aufs Korn, und je mehr der Geist weht und uns in der Seele erreicht, verwandelt er sie in Liebe."
Sehr verschiedene Menschen würden zu einer Gemeinschaft verbunden: Diese Gemeinschaft sei "so groß und bunt und weit wie das Herz Gottes", so Bedford-Strohm. Dazu gehörten dann auch zum Beispiel Zweifler, "untypische" Gottesdienstbesucher wie Motorradfahrer und junge Menschen, die auch manchmal kritische Worte fänden.
Erlöser von Ungeistern
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick blickte auf die vielen "Un"-Wörter in der Sprache, die ein Zeichen der gesellschaftlichen Befindlichkeit seien. Wörter wie Unzufriedenheit, Ungleichheit, Unfreiheit oder Ungereimtheit drückten eine Sehnsucht nach Umkehr und Veränderung aus. Erlösen von diesen Ungeistern könne die Menschen der Geist Gottes. "Der Heilige Geist ist der Reminder, der uns an alles erinnert, was Jesus uns gesagt und aufgetragen hat", sagte Schick zu Pfingsten, das auch als Geburtsfest der Kirche gilt.
Der Würzburger Bischof Franz Jung mahnte für den synodalen Prozess in der katholischen Kirche ein "Klima der inneren Ruhe" an. "Aufgewühlt und innerlich unruhig lässt man sich nicht selten zu Dingen hinreißen, die bei nüchterner Betrachtung keinen Bestand haben", so Jung. "In emotional geführten Debatten wünscht man sich oft schnelle Lösungen." Dies helfe aber etwa bei den Themen um die priesterliche Lebensform, die Weihe von Frauen sowie die Neubewertung von Familie und Sexualität nicht weiter. Auch wenn das wichtige Fragen seien, die sich seit längerer Zeit stellten.
Für Verständigung und Frieden
Der badische evangelische Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh kritisierte eine wachsende Ungleichheit zwischen Reich und Arm. Das Pfingstfest ermutige Christen zu solidarischem Handeln. Der an Pfingsten gefeierte Geist Gottes wolle Mut machen, die "großen Herausforderungen von Klimawandel, weltweiter Gerechtigkeit und der friedlichen, möglichst gewaltarmen Lösung von Konflikten" anzugehen.
Der Fuldaer Bischof Michael Gerber verwies auf die Wirkung des Geistes am Pfingstfest, der Menschen unterschiedlicher Sprache einander verständlich machte. "Genau diesen Geist brauchen wir heute, in der gegenwärtigen Situation von Kirche und Gesellschaft", so der katholische Bischof. Er erinnerte daran, dass die Welt vor sehr großen Herausforderungen stehe. Die Lösungswege, die dabei entwickelt würden, seien sehr verschieden und würden äußerst kontrovers diskutiert. Gerade auch in "spannungsvollen Momenten" solle ein neuer Weg des Dialogs entwickelt werden.
Mehr Verständnis füreinander
Der Aachener Bischof Helmut Dieser fordert die Bürger zu mehr Respekt und Verständnis füreinander auf. In Gesellschaft und Politik in Deutschland und anderen westlichen Staaten könne man derzeit beobachten, dass es niemandem gut tue, wenn man aneinander vorbeirede, sagte Dieser laut Predigttext am Pfingstsonntag im Aachener Dom. Auch in der Kirche gebe es mittlerweile Wut und Angriffe gegen den vermeintlichen Gegner.
Dieser erinnerte in diesem Zusammenhang an die Pfingstbotschaft als Vorbild für eine Form der Verständigung. "Was da erzählt wird, ist kein Bericht über zähe Verhandlungen mit einem kompromisshaften, mehr oder weniger tragfähigen Ergebnis am Ende. Hier wird ein Wunder erzählt: Über alles Menschenmögliche hinaus führt der Heilige Geist eine Einigungsbewegung herbei." Das Pfingstfest verkünde die unfassbare und unauslöschliche Verheißung: "Gott schafft Verständigung. In unser Reden will Gottes Geist hineinbrausen. Er bewirkt, dass wir einander verstehen." Das Wunder des Redens und Verstehens sei "das größte Geschenk Gottes" auch für die heutige Zeit.
Kritik an Reformvorschlägen
Der Augsburger Bischof Konrad Zdarsa hat bestimmten Rufen nach Kirchenreformen eine Absage erteilt. Zdarsa fragte am Pfingstsonntag im Augsburger Dom, ob sich die, die "den unterschiedslosen Zugang zu allen Ämtern der Kirche fordern, darüber im Klaren sind, dass solcher Zugang auch den Zugang zu einer hohen Verantwortung bedeutet, die niemand aus eigenem Anspruch und eigener Kraft zu übernehmen und zu tragen vermag". Man dürfe schon fragen, wie Weltchristen, denen doch die besondere welthafte Gestalt eigen sei, ihren Weltauftrag zur geistlichen Durchdringung ihres Umfelds einfach so vernachlässigen und übergehen könnten.
Weiter sagte der Bischof: "Der mögliche Missbrauch von vermeintlicher Macht wird doch nicht dadurch verhindert, dass man möglichst viele unterschiedslos daran zu beteiligen versucht, anstatt sich auf die Macht der Kinder Gottes zu besinnen und alle geistliche Vollmacht auf ihre geistlichen Wurzeln zurückzuführen." Er habe doch sein Priestertum und sein Bischofsamt nie als verdient, erkämpft und erworben angesehen, so Zdarsa.
Haltung zeigen gegen Demokratiefeindlichkeit
Der Berliner evangelische Bischof Markus Dröge hat an Pfingsten zu einer klaren Haltung gegen Demokratiefeindlichkeit aufgerufen. Derzeit werde die Demokratie als Grundlage des Gemeinwesens infrage gestellt und untergraben, sagte Dröge am Sonntag im Pfingstgottesdienst in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Tatsachen würden zum eigenen politischen und ideologischen Vorteil verdreht. In Zeiten, in denen die Lüge in das öffentliche Leben eindringe, sei es besonders wichtig, Haltung zu zeigen, so der Bischof vor dem Hintergrund rechtspopulistischer und radikaler Strömungen.
Es gebe politische Funktionäre, "die scheinen die Lüge zum Prinzip zu machen", sagte Dröge. Es sei "ungeheuer mühsam", sich diesen Lügen entgegenzustellen und die Instrumente der Verfassung zu nutzen, "um Lügen zu entlarven und ihre Verbreitung zu unterbinden". Doch Menschen müssten für das, was sie sagen, auch Verantwortung übernehmen. Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit müssten das gesellschaftliche Miteinander prägen, forderte der Bischof und hob die Bedeutung verbindlicher Regeln des Zusammenlebens hervor.
Pfingsten gibt Halt im Leben
"Pfingsten ist eine Frage der Haltung", betonte Dröge. Die innere Haltung motiviere auch das eigene Handeln. Deshalb sollten sich Menschen klarmachen, welcher Geist sie leite und aus welchem Geist heraus sie leben. Das "spektakuläre Ereignis der Geistgabe", das in der biblischen Apostelgeschichte über Pfingsten erzählt werde, ziele auf das, "was uns hält und unsere Haltung formt", sagte der Bischof. In der christlichen Pfingstgeschichte werde dies mit "Sturm und Feuerflammen" beschrieben. In der jüdischen Tradition seien es "Steintafeln mit Lebensanweisungen", die "vom Berg herunter zu den Menschen" kommen.
Das jüdische Schavuot-Fest, das eng mit dem christlichen Pfingstfest verbunden sei, erinnere an die Gabe der biblischen Zehn Gebote für ein gutes Zusammenleben der Menschen, die auch Vorbild für die deutsche Verfassung seien, sagte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz: "Sie geben uns Halt im Leben." Die Pfingstgeschichte fällt in der Bibel auf das Schavuot-Fest, das 50 Tage nach dem jüdischen Pessach-Fest gefeiert wird. Das christliche Pfingstfest wird 50 Tage noch Ostern gefeiert. In diesem Jahr werden das jüdische und das christliche Fest am gleichen Tag gefeiert.
Erzbischof Becker ruft zu Pfingsten zu Glaubensbekenntnissen auf
Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker hat dazu ermutigt, den Glauben durch Mitmenschlichkeit und solidarisches Handeln offen zu leben. Menschen würden sich oftmals mit dem Gegebenen einrichten und es sich bequem machen, beklagte Becker laut Predigttext am Pfingstsonntag im Paderborner Dom. Auch in der Kirche gebe es "Zeiten der Flaute, schlaffe Segel, Stillstand, Langeweile". Doch "Christen dürfen nicht lasch und lau werden", mahnte er. "Wir müssen selber brennen für die Botschaft! Sonst glaubt uns am Ende niemand mehr."
Gerade dort, wo Menschen selber nicht mehr weiter wüssten und nichts mehr zu hoffen wagten, da sei der Raum, den nur Christus füllen könnte, sagte der Erzbischof laut Predigttext. "Unerwartet tritt er dann bei uns ein, bringt den Frieden und schenkt den Geist des Lebens und der Lebendigkeit". Der Geist Gottes halte neugierig, dankbar und offen gegenüber anderen.