Der Vatikan steht für eine Wiederaufnahme seiner Vermittlungstätigkeiten in der innenpolitischen Krise in Venezuela offenbar nur dann bereit, wenn die Regierung vier gegebene Zusagen aus der ersten Gesprächsrunde erfüllt. Das berichtet die Zeitung "El Universal" am Freitag (Ortszeit) unter Berufung auf die Venezolanische Bischofskonferenz.
Der Heilige Stuhl nehme nur an einer neuen Dialog-Initiative teil, wenn die Regierung die Bedingungen erfülle, die Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin in einem Brief Anfang Dezember genannt habe, zitierte die Zeitung die Bischöfe. So müsse die Regierung etwa die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten sicherstellen. Darüber hinaus müssten Maßnahmen ergriffen werden, um Differenzen zwischen Regierung und Opposition auf friedlichem, demokratischem und verfassungsgemäßem Weg zu lösen und die Rechte des Parlaments wiederherzustellen. Zudem solle die Freilassung von Verhafteten beschleunigt werden.
"Nie haben wir in Venezuela mehr gebetet"
Die venezolanischen Bischöfe hatten zuvor bei einem Treffen mit Papst Franziskus im Vatikan ein dramatisches Bild ihres Landes gezeichnet. Das für Juli geplante Verfassungsreferendum ziele auf die Errichtung einer marxistisch-kommunistischen Militärdiktatur und eine Entmachtung des Parlaments ab.
Auf Proteste der Bevölkerung antworte die Regierung von Nicolas Maduro mit "brutaler Unterdrückung". Immer mehr Kinder seien unterernährt, Patienten stürben wegen des Mangels an Medikamenten. "Nie haben wir in Venezuela mehr gebetet als jetzt", heißt es in dem Statement des Präsidiums der Bischofskonferenz für die Unterredung mit Franziskus.
Vom Papst erwarteten die Bischöfe "ein orientierendes Wort, auch auf die Gefahr, dass es einmal falsch interpretiert wird". In Venezuela sei kein "ideologischer Konflikt zwischen Rechten und Linken" im Gang, sondern "ein Kampf zwischen einer Regierung, die zur Diktatur geworden ist", und "dem gesamten Volk, das nach Freiheit ruft und mühsam, unter Gefahr für das Leben der Jüngsten, Brot sucht, Medikamente, Sicherheit, Arbeit und gerechte Wahlen, volle Freiheiten und autonome staatliche Einrichtungen".
Absage der Regierung
Die Venezolanische Bischofskonferenz lehne die von Maduro angestrebte verfassunggebende Versammlung kategorisch ab, heißt es weiter. Dass der Präsident die Verfassungsreform durchsetzen wolle, bewerteten die Bischöfe als Absage der Regierung an einen Dialog. Ein solcher setze voraus, den Willen des souveränen Volks zu erfragen und das Ergebnis zu respektieren.
Eine Folge von Maduros Referendum werde hingegen eine "wachsende Verfolgung und Verbannung von Oppositionellen sein. Weiter gehe es der aktuellen Regierung darum, Gelegenheiten zur Korruption für sich und ihre Helfer auszuweiten. Die Bischöfe warnten auch vor einer stärkeren Kontrolle der Meinungsfreiheit einschließlich der Religionsfreiheit.
Juristische Schritte gefordert
Am Donnerstag hatte Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Diaz beim Obersten Gerichtshof in Venezuela juristische Schritte gegen die von Maduro angeordnete verfassunggebende Versammlung eingefordert - und die Venezolaner offen zu Widerstand aufgerufen. Das Dekret des Präsidenten erfülle nicht die gesetzlichen Vorgaben, sagte Ortega Diaz Medienberichten zufolge. Die Vorbereitungen zur verfassunggebenden Versammlung seien verfassungswidrig.
Das Volk müsse an einer solchen Versammlung teilnehmen können, der staatliche Wahlrat die Verfassung schützen. Als Reaktion darauf teilte Vizepräsident Tareck El Aissami am Freitag mit, das Amt werde in Kürze in die Hände einer Patriotin übergeben, die für Gerechtigkeit sorgen werde.
Am Donnerstag war das Präsidium der Venezolanischen Bischofskonferenz auf eigenes Ersuchen mit Papst Franziskus zusammengetroffen, um ihm die Lage in ihrem Land darzulegen. Neben dem Konferenzvorsitzenden, Erzbischof Diego Padron, seinen beiden Stellvertretern und dem Generalsekretär nahmen auch die beiden venezolanischen Kardinäle daran teil, Jorge Urosa Savino und Baltazar Porras.
Unter anderem übergaben sie dem Papst eine Dokumentation über die rund 70 Demonstranten, die bei Kundgebungen seit Anfang April ums Leben kamen.