Zwei Entwürfe zur Neuregelung der Organspende

Doppelte Widerspruchslösung oder bewusste Entscheidung?

Bundesgesundheitsminister Spahn und Gesundheitsexperte Lauterbach sowie Abgeordnete um Heribert Hirte haben konkurrierende Entwürfe zur Neuregelung der Organspende vorgelegt. Elemente beider Gesetzesvorschläge im Überblick.

Autor/in:
Christoph Arens
Eine Organtransportbox  / © Jens Kalaene (dpa)
Eine Organtransportbox / © Jens Kalaene ( dpa )

Doppelte Widerspruchslösung: Der Entwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Karl Lauterbach (SPD), Georg Nüßlein (CSU) und Petra Sitte (Die Linke) und anderen Abgeordneten der genannten Parteien:

Der Mangel an Organspendern und die große Not der 9.400 Menschen, die derzeit auf der Warteliste für ein Spenderorgan stehen, macht es notwendig, für mehr lebensrettende Organspenden zu sorgen.

Jeder Bürger soll nach einem Hirntod ein potenzieller Organspender sein - außer, er hat zu Lebzeiten ausdrücklich widersprochen. Damit bleibe die Entscheidungsfreiheit der Bürger erhalten, betonen die Unterstützer.

Bürger, die keine Organe spenden wollen, müssten dies in einem Register dokumentieren. Meinungsänderungen sollen jederzeit möglich sein. Das Gesundheitsministerium soll eine Institution damit beauftragen, ein solches Register aufzubauen. Die für eine mögliche Entnahme verantwortlichen Ärzte werden verpflichtet, bei dem Register anzufragen.

Die Abgeordneten wollen eine doppelte Widerspruchslösung - das heißt, dass auch Angehörige oder dem potenziellen Spender besonders nahe stehende Personen die Organentnahme ablehnen können, wenn sie glaubhaft machen können, dass der Verstorbene kein Spender sein wollte, dies aber nicht dokumentiert habe.

Alle Bürger ab 16 Jahren sollen wiederholt und kontinuierlich durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und die Krankenkassen über die Organspende und ihre Entscheidungsmöglichkeiten aufgeklärt werden.

Bewusste Entscheidung: Der Entwurf von Heribert Hirte (CDU), Stephan Pilsinger (CSU), Ulla Schmidt (SPD), Otto Fricke (FDP), Kathrin Vogler (Die Linke), Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) und anderen Abgeordneten der genannten Parteien:

Die Organspende nach dem Tod soll eine bewusste und freiwillige Entscheidung bleiben, die nicht durch den Staat erzwungen werden darf.

Bürger sollen ihre Haltung zur Organspende bei der Abholung ihres Ausweises dokumentieren. Möglich sind Zustimmung, Ablehnung, Ausschluss beziehungsweise Auswahl bestimmter Organe und Gewebe sowie die Übertragung der Entscheidung auf eine dritte Person. Es besteht kein Zwang zur Entscheidung.

Ein bundesweites Online-Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende soll errichtet werden, damit Bürger ihre Entscheidung jederzeit ändern und dokumentieren können. Die Krankenhäuser sollen darauf Zugriff erhalten.

Den Ausweisstellen kommt eine zentrale Rolle zu: Sie werden verpflichtet, die Bürger mit Informationsmaterialien zu versorgen und bei Abholung der Ausweispapiere zur Eintragung in das Organspende-Register aufzufordern. Sie sollen jedoch keine Beratung vornehmen.

Hausärzte sollen ihre Patienten zur Organspende beraten und sie zur Eintragung in das Register ermuntern. Dafür soll es eine extrabudgetäre Vergütung geben.

Der Bereich Organspende soll innerhalb der medizinischen Aus- und Weiterbildung gestärkt werden, um die Sensibilität des ärztlichen Nachwuchses für dieses Thema zu verbessern.


Quelle:
KNA