Datteln IV: Aufenthaltsverbot für Theologen rechtswidrig

Institut für Theologie und Politik ruft zu Mahnwache auf

Der Polizeigewahrsam für zwei Theologen im Umfeld des Protests gegen Datteln IV hat ein gerichtliches Nachspiel. In einer ersten Entscheidung bewertete ein Gericht das polizeiliche Aufenthaltsverbot als rechtswidrig.

Demonstration gegen Inbetriebnahme von Datteln 4 / © Fabian Strauch (dpa)
Demonstration gegen Inbetriebnahme von Datteln 4 / © Fabian Strauch ( dpa )

Das polizeiliche Aufenthaltsverbot für zwei Theologen für die Umgebung des Kraftwerks Datteln IV ist rechtswidrig. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen setzte in Eilbeschlüssen am Freitag das dreimonatige Aufenthalts- und Betretungsverbot für die Mitarbeiter des Instituts für Theologie und Politik aus. (Az: 17 L 185/20 und 17 L 186/20) Damit können die beiden Theologen an einer Mahnwache am Sonntag in Datteln teilnehmen.

Das in Münster ansässige Institut für Theologie und Politik begrüßte die Gerichtsentscheidung. Die Institutsmitarbeiter waren Anfang des Monats in der Nähe des Kohlekraftwerks Datteln IV von der Polizei für eine Nacht in Gewahrsam genommen worden.

"Keine hinreichend tatsachengestützte Grundlage"

Das Polizeigesetz erlaube ein Betreten- und Aufenthaltsverbot, wenn damit gerechnet werde, dass die Betreffenden in einem bestimmten Bereich Straftaten begehen würden, erklärte das Gericht. Die Begründung der Polizei enthalte jedoch "keine hinreichend tatsachengestützte Grundlage für die Annahme der Begehung von Straftaten durch die Antragsteller". Eine Nähe zur Bewegung der Klimaaktivisten von "Ende Gelände" reiche dafür nicht aus.

Die Prognose der Polizei sei rein spekulativ gewesen, zumal keine Erkenntnisse über strafbares Verhalten der Antragsteller bei ähnlichen Anlässen vorgelegen hätten. Gegen die Entscheidung kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.

"Wir fühlen uns bestätigt"

"Wir fühlen uns durch das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen in unserer Einschätzung der Sachlage völlig bestätigt", erklärte Michael Ramminger vom Institut für Theologie und Politik. Die Gerichtsentscheidung sei ein erster Teilerfolg, aber noch nicht das Ende der juristischen Auseinandersetzung. Das neue Polizeigesetz NRW führe offenbar dazu, dass die Polizei Menschen aufgrund von Gesinnung und einer generellen Bereitschaft zu Protest und Kritik kriminalisieren wolle, kritisierte Ramminger.

Für Sonntag hatte das Institut aus Anlass dieser Ereignisse zu einer Mahnwache in Datteln aufgerufen. Damit solle gegen das umstrittene Kraftwerk sowie gegen polizeiliche Übergriffe protestiert werden. Sie steht unter dem Titel "Dem Rad in die Speichen fallen - Mahnwache für Grundrechte, gegen polizeiliche Übergriffe und für Protest gegen Datteln IV".

Scharfe Kritik von Umweltpfarrer

Scharfe Kritik an dem Vorgehen der Polizei hatte auch der Umweltpfarrer der westfälischen Kirche, Volker Rotthauwe, geübt. Es dürfe nicht sein, dass friedlicher Protest gegen die Kohleverstromung und für die Energiewende durch präventive Haft und Einschüchterung kriminalisiert werde, erklärte Rotthauwe am Freitag in Schwerte. Die Mitarbeiter seien offensichtlich ohne einen Tatvorwurf über Nacht in Gewahrsam genommen worden. «Eine schnelle und lückenlose Aufklärung der Vorfälle in dieser Nacht ist dringend erforderlich», forderte der Umweltpfarrer.

Unrechtmäßige Ingewahrsamnahme

Die beiden katholischen Theologen Julia Lis und Benedikt Kern waren am 1. Februar gemeinsam mit einem Begleiter einen Tag vor einer Protestaktion gegen das Kraftwerk in Datteln angehalten und über Nacht in polizeilichen Gewahrsam genommen worden. Anschließend untersagte ihnen das Polizeipräsidium Recklinghausen den Aufenthalt im Bereich des Kraftwerksgeländes, weil die Gefahr bestehe, dass sie dort Straftaten begehen würden. Die Polizei hatte die Maßnahme laut Gericht damit begründet, das zu befürchten gewesen sei, dass die Betroffenen auf das Gelände des Kraftwerkbetreibers eindringen und den Betrieb stören wollten. Dafür habe nach Ansicht der Polizei gesprochen, dass sie in der Nähe des Kraftwerks mit Stirnlampe, Schlafsäcken und Verpflegung angetroffen worden seien.


Quelle:
epd , KNA
Mehr zum Thema