Die Benediktiner-Abtei Dormitio zählt neben der evangelischen Erlöserkirche und der Himmelfahrtskirche auf dem Ölberg zu den deutschen Symbolen in Jerusalem. Mit ihrem markanten Turm prägt die vor über 110 Jahren errichtete Kirche die Silhouette der Stadt mit. Unmittelbar neben dem Abendmahlssaal gelegen, zählt die Dormitio zu den wichtigsten Heiligtümern im Heiligen Land. In ihrer Krypta sieht die Tradition den Sterbeort der Gottesmutter Maria.
Die Stätte, die an das Letzte Abendmahl, die Herabkunft des Heiligen Geistes an Pfingsten und den Heimgang Mariens erinnert, wird jährlich von mehreren Hunderttausend Menschen besucht: Von Christen aller Konfessionen, aber auch von Muslimen. Im Rahmen seiner Israelreise kam Bundesaußenminister Sigmar Gabriel am Montagabend zu einem Besuch.
Auf konfessionelle Ausgewogenheit bedacht
Die Abtei ist Sitz der deutschen Auslandsseelsorge und des Jerusalemer Instituts der Görres-Gesellschaft. Angegliedert ist seit 1973 das Angebot eines ökumenisches Theologischen Studienjahres für Studierende aus dem deutschsprachigen Raum.
Seine Entstehung verdankt das Kloster einem Besuch von Kaiser Wilhelm II. in Jerusalem. Am Reformationstag 1898 nahm er an der Einweihung der evangelischen Erlöserkirche neben der Grabeskirche in der Altstadt teil. Auf konfessionelle Ausgewogenheit bedacht, übergab er am Nachmittag des gleichen Tages ein Grundstück an die Katholiken, das er dem Deutschen Verein vom Heiligen Land überließ.
1926 wurde das Kloster zur Abtei erhoben
Zwei Jahre später wurde der Grundstein für die Kirche gelegt, deren Grundriss an die Pfalzkapelle Kaiser Karls des Großen in Aachen erinnerte. 1906 trafen die ersten drei Mönche aus der süddeutschen Benediktiner-Abtei Beuron ein und begannen mit dem Bau eines Klosters. 1910 wurde die Kirche geweiht und dem "Mariä Heimgang" (lateinisch: "Dormitio Mariae") gewidmet, 1926 wurde das Kloster zur Abtei erhoben.
Ende des Ersten Weltkriegs wurden die deutschen Benediktiner vertrieben, belgische Mönche hielten die Stellung. Während des Zweiten Weltkriegs wurden im britischen Mandatsgebiet lebende Deutsche interniert. Die Leitung der Abtei wurde einem Tschechen übertragen.
Kriegsschäden
Im arabischen-israelischen Krieg 1948 lag das Kloster an der Frontlinie. Die Mönche mussten das Kloster verlassen und konnten erst 1950 zurückkehren. Bei diesen Kämpfen sowie im Sechstagekrieg 1967 wurden die damals im Niemandsland zwischen Israel und Jordanien liegende Kirchengebäude und insbesondere der Turm schwer beschädigt. Errichtet wurden Kirche und Kloster auf dem Gelände am traditionellen Abendmahlssaal. Nach der Zerstörung Jerusalems durch Titus im Jahre 70 wurde hier zunächst eine judenchristliche Synagoge errichtet, die später als "Kirche der Apostel" bezeichnet wurde.
Zu Beginn des fünften Jahrhunderts entstand hier eine große Basilika "Hagia Maria Sion", die in der Kreuzfahrerzeit noch größer wiedererrichtet wurde. Sie war dem Letzten Abendmahl, der Herabkunft des Heiligen Geistes an Pfingsten und dem Tod der Gottesmutter gewidmet. Die Kirche wurde jedoch nach der Rückeroberung Jerusalems 1187 bald geschleift. Reste der Marienkirche finden sich nur noch im Bereich des Abendmahlsaales und unter dem Kloster und der Kirche.