Die katholischen Bischöfe Bayerns sehen nach der Bundestagswahl die Gefahr einer weiteren Radikalisierung. "Einmal mehr" seien die politischen Ränder gestärkt aus der Wahl hervorgegangen, erklärten die Bischöfe zum Abschluss ihrer Frühjahrsvollversammlung am Donnerstag in Passau. Besorgniserregend sei auch die "zunehmende Polarisierung" im Wahlkampf gewesen. Zentrale Herausforderung der demokratischen Parteien sei es nun deshalb, bei allen politischen Unterschieden den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.

Auch der Außenpolitischen Situation widmeten sich die Bischöfe und riefen dazu auf, die Ukraine nicht im Stich zu lassen. Dies wäre drei Jahre nach Kriegsbeginn angesichts der vom russischen Aggressor ausgehenden Existenzbedrohung des Landes "unerträglich", erklärten die Bischöfe bei ihrer Frühjahrsvollversammlung am Donnerstag in Passau. "Wir stehen an der Seite der Ukrainer, die weiter um ihre Freiheit kämpfen", versicherte der Vorsitzende der Freisinger Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx.
"Weltpolitische Gesamtlage beunruhigend"
Mit Skepsis schauen die Bischöfe auf die von den USA unter ihrem neuen Präsidenten Donald Trump mit Russland angestoßenen Sondierungen zur Beendigung des Krieges: "Ein Friede, der nicht mit einer gerechten Lösung und der Einbindung der Betroffenen verbunden ist, führt nur zu weiteren Gefährdungen in der Zukunft."
Die "weltpolitische Gesamtlage" ist nach Einschätzung der Bischöfe "so beunruhigend wie lange nicht". Die Menschen sorgten sich um die Zukunft Europas und den transatlantischen Zusammenhalt. Viele Menschen hätten Sorgen und Ängste hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung und der Zukunft ihrer Arbeitsplätze, so die Bischöfe. Auch die außenpolitischen Auseinandersetzungen und globalen Konflikte machten ihnen zu schaffen. An die künftige Bundesregierung richteten die Bischöfe die Erwartung, diese Sorgen ernst zu nehmen, die Probleme anzugehen und sie zu lösen.
Marx will "kein Pingpong mit dem Ministerpräsidenten"
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx will die jüngste Kritik von Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder an den Kirchen nicht überbewerten. Man sollte das nach einer Stellungnahme kirchlicher Spitzendiplomaten in Berlin zur Migrationspolitik der Union entstandene "Geplänkel nicht zu ernst nehmen", sagte er am Donnerstag in Passau.

Seine Zurückhaltung nach Söders Äußerungen rechtfertigte Marx mit der Bemerkung, er finde ein öffentliches "Pingpong mit dem Ministerpräsidenten unangemessen". Demnächst gebe es wieder eine reguläre Gesprächsrunde der bayerischen Bischöfe mit Söder und dem Kabinett.
"Kein Zerwürfnis"
Der Kardinal fügte hinzu, er sehe "kein größeres Zerwürfnis mit der Staatsregierung". Das Verhältnis der katholischen Kirche zur Staatsregierung sei "grundsätzlich positiv". Er habe "bis jetzt" keinen Anlass, daran zu zweifeln. Zugleich stellte Marx klar: "Wozu wir uns äußern, bestimmen wir." Maßgeblich dafür seien nicht Erwartungshaltungen aus der Politik, sondern die katholische Soziallehre.
Mit Blick auf die Migrationspolitik sprach sich der Kardinal gegen vermeintlich "einfache Lösungen" aus. Die gebe es nicht. Er hoffe auf eine Einigung in den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD. "Auf die Perspektive Humanität und Ordnung kann ich mich einlassen." Zu versuchen, der AfD das Wasser abzugraben, indem man deren Positionen übernehme, davor könne er aber nur warnen. Das werde nicht funktionieren.
Marx würdigt Seehofer
Ein weiteres Thema der katholischen Bischöfe in Bayern war Deutschlands einzige Katholische Universität. Die Bischöfe haben dazu Horst Seehofer, den früheren Ministerpräsidenten des Freistaats, bei ihrer Frühjahrsvollversammlung zum Report empfangen. Seehofer unterrichtete sie erstmals in seiner neuen Rolle als Stiftungsratsvorsitzender der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) über Entwicklungen an der Hochschule. Die KU sei "zwar klein, aber exzellent", sagte Seehofer laut der am Donnerstag veröffentlichten Abschlusserklärung zum Bischofstreffen.

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx würdigte Seehofers Engagement: "Man spürt, dass er mit Begeisterung dabei ist und auch langfristig etwas tun will." Zugleich verwies Marx auf "Riesenfortschritte" in den Gesprächen um die künftige Finanzierung der KU. Er sei zuversichtlich, dass bis 2028 ein neues Gesamtkonzept stehe. Die KU wird von den sieben katholischen Bistümern Bayerns getragen. Aus Kirchensteuermitteln erhält sie jährlich mehr als 21 Millionen Euro. Das sind etwa 15 Prozent ihres Gesamtetats. Vor zwei Jahren kündigten die Bischöfe an, sie wollten wegen sinkender Kirchensteuereinnahmen ihr finanzielles Engagement für die Uni zurückfahren. Seither laufen Gespräche unter anderem mit der bayerischen Staatsregierung, wie die entstehende Lücke gefüllt werden soll.
"Positives Signal"
Seehofer verwies demnach auf die anhaltende Beliebtheit der einzigen katholischen Universität im deutschen Sprachraum bei den Studierenden. 18 Prozent von ihnen kämen inzwischen aus dem Ausland. Die Hochschulrektorenkonferenz habe der KU 2024 "eine überzeugende und hochschulweit getragene Gesamtstrategie" bescheinigt, "der auch das Potenzial internationaler Strahlkraft innewohnt". Ihre Präsidentin Gabriele Gien sei als Hochschulmanagerin des Jahres ausgezeichnet worden.
Als ein weiteres "positives Signal" wertete der neue Stiftungsratsvorsitzende außerdem die Einrichtung eines neuen Beratungsgremiums durch den Träger der KU. Darin sollen sich Abgeordnete in Landtag und Bundestag sowie die Oberbürgermeister der Region in die Weiterentwicklung der Uni einbringen.