DOMRADIO.DE: Warum gibt es denn zum CSD in Köln einen eigenen Gottesdienst?
Bernd Mönkebüscher (Katholischer Pfarrer und Mitbegründer der Initiative #OutinChurch): Den Gottesdienst gibt es schon jahrelang. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wie lange. Und ich finde es wichtig, dass die evangelische Kirche dort die Initiative ergreift und Jahr für Jahr zu einem gemeinsamen Gottesdienst einlädt, um deutlich zu machen, dass viele Menschen in den Kirchen ein anderes Menschenbild haben und leben, als es teilweise zumindest die Amtskirche in ihrer katholischen Lehre vorgibt.
Von daher finde ich es gut, sich zu solidarisieren und zu sagen, wo Menschen sich als Liebende finden, wo sie sich annehmen, so wie sie sind, da ist auch Gott am Werk.
DOMRADIO.DE: Wie wurde der Gottesdienst in all den Jahren angenommen?
Mönkebüscher: Dort sind viele Menschen. Die beiden vergangenen Jahren ist er wegen der Corona-Pandemie ausgefallen. Aber ich habe ihn davor einige Male mitgefeiert und die Kirche war brechend voll. Es war eine richtig schöne Stimmung, eine gelöste Atmosphäre und es ist auch eine Gebetsgemeinschaft, was mich anfänglich nicht überrascht, aber doch total angerührt hat; dass sich eben 300, 400 Leute versammeln und zusammen beten.
Da entsteht ein ganz buntes Bild von Menschen, die so, wie sie sind und so, wie sie gekleidet sind, in die Kirche kommen.
DOMRADIO.DE: Nun ist der CSD eher laut und bunt und auch mit viel Party verbunden. Ein Gottesdienst ist eher still und meditativ. Geht das denn gut zusammen?
Mönkebüscher: Das geht sehr gut zusammen. Zum einen sorgt die Musik-Kapelle, ein bisschen salopp gesagt, für etwas Stimmung. Aber es gibt auch die ruhigen Teile des Betens, des Nachdenkens, der Bibelworte. Das geht wunderbar zusammen, dass alle Komponenten, die unser Leben ausmachen, auch in diesem Gottesdienst zusammenkommen.
DOMRADIO.DE: Praktizierte Homosexualität, so steht es auch im Katechismus, ist laut Kirchenlehre eine Sünde. Ändert sich da gerade was?
Mönkebüscher: Es ändert sich allerdings tatsächlich etwas für mein Empfinden. Denn ganz viele Menschen sagen: "Bis hierher und nicht weiter." Sie stehen auf, haben Mut und sagen wie sie fühlen und empfinden und drücken damit zugleich aus, dass es eigentlich überhaupt keine Rolle spielt.
Wichtig ist, dass ein Mensch sich wohl fühlt, wahrnimmt und dann mit seinen Fähigkeiten, auch mit seiner Liebesfähigkeit, die er von Gott in die Wiege gelegt bekommen hat, mit seinen Veranlagungen, gut arbeitet. Das ist doch entscheidend.
DOMRADIO.DE: Sie selbst engagieren sich ja auch bei der Initiative #OutinChurch. Wie erleben Sie die Resonanz und Reaktionen ganz persönlich?
Mönkebüscher: Die Resonanz lässt nicht nach. Viele Teilnehmende der Initiative werden weiter eingeladen, die Initiative vorzustellen, ins Gespräch zu kommen. Das Interesse lässt nicht nach und das ist gut. Und es lässt auch die Begründung der Initiative nicht nach. Es ist von den sieben Kernforderungen eigentlich noch keine erfüllt, die wir gestellt haben. Man ist jetzt am Arbeitsrecht dran, aber all die anderen Forderungen, die wir haben, sind noch unerfüllt. Von daher müssen wir weiterarbeiten und werden weiterarbeiten.
DOMRADIO.DE: Was wünschen Sie sich denn von der katholischen Kirche konkret, wenn es um die Gleichberechtigung queerer Menschen geht? Was gibt es da noch zu tun?
Mönkebüscher: Ein großes Ziel ist die Änderung der kirchlichen Sexualmoral. Dass es wirklich eine Gleichberechtigung ist, dass das vorherrschende binäre Menschenbild, was in der katholischen Kirche ist, sich stärker noch mal auch an dem biblischen Menschenbild orientiert, das zwar eine Polarität von männlich und weiblich vorgibt, aber eben als die beiden äußeren Pole.
Dazwischen bewegt sich ganz viel. Im Schöpfungsbericht gibt es Tag und Nacht, Licht und Dunkel, aber dazwischen auch ganz viel. Es gibt das Wattenmeer, es gibt die blaue Stunde. Die Schöpfung ist so vielfältig. Es ist so viel hineingelegt, und ich kann nicht nur die beiden Pole als allein gültig hinstellen. Da wünsche ich mir einfach, dass die Kirche dort ihrer eigenen Theologie traut.
Es gibt ganz viele Ansätze, das binäre Menschenbild aufzubrechen und auch queeren Menschen endlich ein Zuhause zu geben, was mindestens auch mit Segensfeiern Ausdruck finden muss, wenn zwei Liebende zumindest standesamtlich heiraten.
Das Interview führte Julia Reck.