Berliner Bode-Museum zeigt rekonstruierte Kreuzigungsgruppe

Zurückgewonnene Mitte

Im 17. Jahrhundert schuf der als "deutscher Michelangelo" geltende Georg Petel eine vergoldete Kreuzigungsgruppe. Das Figuren-Terzett war lange zertrennt. Ein Zufallsfund vor drei Jahren in München machte nun eine Vereinigung möglich.

Autor/in:
Inge Pett
Georg Petel, Christus und die beiden Schächer, 1624/1626. / © Staatliche Museen zu Berlin (DR)
Georg Petel, Christus und die beiden Schächer, 1624/1626. / © Staatliche Museen zu Berlin ( DR )

Bereits seit 1927 befinden sich der "reuige Schächer" und der "unbußfertige Schächer" - ein alter Begriff für Räuber oder Mörder - im Berliner Bode-Museum. Die vom Augsburger Barock-Bildhauer Georg Petel (1601/02-1634) gefertigten Bronzefiguren stellen Dismas und Gestas dar, die gemeinsam mit Jesus zum Tode verurteilt und neben ihm am Kreuz gehangen haben sollen. 

Doch vom Christus in der ursprünglichen Gruppe fehlte lange Zeit jede Spur. Doch vor drei Jahren tauchte die Skulptur in einem Münchner Museumsdepot wieder auf.

In der Ausstellung "Goldene Passion", die das Bode-Museum nach einer ersten Station in München ab Freitag zeigt, ist die 400 Jahre alte, feuervergoldete Kreuzigungsgruppe nun wieder vereint. 

Das Bode-Museum wird von der untergehenden Sonne angestrahlt. / © Paul Zinken (dpa)
Das Bode-Museum wird von der untergehenden Sonne angestrahlt. / © Paul Zinken ( dpa )

"Es grenzt an ein Wunder, dass über Jahrzehnte voneinander getrennte und als unwiederbringlich verschollen geglaubte Kunstwerke wiederentdeckt und zusammengeführt werden können", betont der Kommissarische Leiter der Skulpturensammlung und des Museums für Byzantinische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin.

Es war Jens Burk vom Bayerischen Nationalmuseum, der dem Rätsel um den verschollenen Gekreuzigten auf die Spur gekommen war. Von dessen Existenz wusste der Kunsthistoriker aus einem historischen Augsburger Dokument. Burk begab sich auf die Suche - und entdeckte vor drei Jahren die Skulptur im Depot des eigenen Hauses, wo sie seit 1949 eingelagert war.

Jahrelange Forschung

Die stilistische und materielle Ähnlichkeit war auf den ersten Blick frappierend. Um die These der Zusammengehörigkeit der Figuren auch naturwissenschaftlich zu erhärten, forschten das Bayerische Nationalmuseum und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz über mehrere Jahre gemeinsam. 

Mithilfe von Computertomografie, Elektronenmikroskop und chemischer Analyse untersuchten die Experten die Übereinstimmung von Maßstab, Erhaltungszustand, Vergoldung, Wandstärke und Material der drei Figuren der Kreuzigungsgruppe.

Tatsächlich konnten die wesentlichen stilistischen Argumente materialtechnisch gut untermauert werden, wie Kurator Hans-Ulrich Kessler erklärt. Beispielsweise wurde deutlich, dass Petel die Arme aller Figuren auf dieselbe Art an den Körper angebracht hatte. Auch die geradezu flammenden Haare des wiedergefundenen Heilands ließen sich kunst- und werkgeschichtlich schnell Petel zuordnen.

Gefesselte und gefolterte Körper

Darüber hinaus wirft die kleine, nur wenige Exponate umfassende Ausstellung, die bis zum 20. Oktober zu sehen ist, ein Schlaglicht auf das vielseitige Können von Georg Petel, der auch mit Holz oder Elfenbein arbeitete. Besonders kunstvoll ist eine Geißelungsgruppe aus dem Besitz des Kirchenrektorats Sankt Michael in München: 

Georg Petel, Geißelung Christi, um 1624. / © Staatliche Museen zu Berlin (DR)
Georg Petel, Geißelung Christi, um 1624. / © Staatliche Museen zu Berlin ( DR )

Sie zeigt einen Christus aus Elfenbein zwischen Schergen aus Birnbaumholz. Für Kessler ist sie geradezu prototypisch, um Petels Fertigkeit bei der dramatischen Darstellung von gefesselten und gefolterten Körpern zu veranschaulichen. Durch den Materialunterschied mache der Künstler schnell klar, wer gut und wer böse sei.

Petel war für einen Künstler des frühen 17. Jahrhunderts weit herumgekommen. So führten ihn seine Reisen von Augsburg nach Antwerpen, wo er Peter Paul Rubens besuchte, nach Paris, Genua und Rom. 

Tatsächlich weist das Werk des "deutschen Michelangelo", wie der Volksmund ihn taufte, sowohl süddeutsche als auch italienische und flämische Elemente auf, die er zu einem eigenen Stil verband. Der Künstler gilt als erster Barockbildhauer Deutschlands.

Unbekannter Künstler, Kreuzigungsgruppe, Augsburg, Ende des 17. Jahrhunderts. / © Staatliche Museen zu Berlin (DR)
Unbekannter Künstler, Kreuzigungsgruppe, Augsburg, Ende des 17. Jahrhunderts. / © Staatliche Museen zu Berlin ( DR )

Auch nach seinem frühen Tod, der durch eine Pestinfektion verursacht worden sein könnte, wie Kessler erläuterte, übte Petel auf nachfolgende Künstlergenerationen einen großen Einfluss aus: 

Zwei Kreuzigungsgruppen unbekannter Künstler aus dem 18. Jahrhundert sollen dies in der Ausstellung belegen. Wo Petels wiedervereinte Gruppe nach der Ausstellung einen festen Platz bekommt, ist Kessler zufolge noch offen.

 

Quelle:
KNA